Finanzen

SWIFT-Atombombe gezündet: Globales Finanzsystem am Abgrund

Einem Edelmetall-Analysten zufolge wird das globale Finanzsystem bald im Chaos versinken. Wegen des Ukraine-Kriegs sei eine „finanzielle Atombombe“ gezündet worden. Somit wird klar: Sobald das globale Finanzsystem kollabiert, soll die Schuld nicht in etwa der Billiggeld-Politik der Zentralbanken, den Spekulations-Blasen und den pandemiebedingten faulen Krediten, sondern ausschließlich dem Krieg in der Ukraine zugeschrieben werden.
02.03.2022 20:59
Aktualisiert: 02.03.2022 20:59
Lesezeit: 2 min
SWIFT-Atombombe gezündet: Globales Finanzsystem am Abgrund
SWIFT ist die finanzielle Atomwaffe. (Foto: Pixabay)

Stefan Gleason von „Money Metals Exchange“ führt in einem Beitrag des Finanzportals „FXStreet“ aus:

„Das globale Finanzsystem steht kurz davor, im Chaos zu versinken. Die USA und Europa sind dazu übergegangen, die Reserven der russischen Zentralbank ins Visier zu nehmen und das Bankensystem des Landes vom globalen Finanznetzwerk SWIFT abzuschneiden. Es ist das finanzielle Äquivalent zur nuklearen Option (…) Moskau stuft diesen Vorstoß als eine Kriegshandlung ein. Ein zunehmend kriegerischer russischer Präsident Wladimir Putin könnte sich auf verschiedene Weise gegen die USA und ihre Verbündeten wehren - darunter die Unterbrechung der Energieversorgung, das Starten von Cyberangriffen auf Finanzinstitute und eine weitere Intensivierung der Partnerschaft mit China, um alternative Zahlungsplattformen zu schaffen, die die Hegemonie des US-Dollars herausfordern.“

Der US-amerikanische Finanzanalyst James Rickards hatte zuvor über Twitter mitgeteilt: „Wenn sie SWIFT-Zahlungen verbieten, wird Russland den Ölverkauf einstellen. Das sind etwa neun Prozent der weltweiten Produktion. Es gibt bereits heute eine Energieknappheit. Das Ergebnis wird eine globale Depression sein.“

„SWIFT ist die finanzielle Atomwaffe (…) Wenn Sie eine nukleare Finanzwaffe in Ihren Händen halten, denken Sie nach, bevor Sie sie einsetzen“, sagte der französische Finanzminister Bruno Le Maire laut „Bloomberg“ vor Verhängung der SWIFT-Sanktionen.

Im Vorfeld der Sanktionen erklärte CDU-Chef Friedrich Merz gegenüber der Nachrichtenagentur dpa: „SWIFT infrage zu stellen, das könnte die Atombombe für die Kapitalmärkte und auch für die Waren- und Dienstleistungsbeziehungen sein. Wir sollten SWIFT unangetastet lassen. Ich würde massive ökonomische Rückschläge auch für unsere Volkswirtschaften sehen, wenn so etwas geschieht. Es würde Russland treffen. Aber wir würden uns selbst erheblich schaden.“

Russland hat sich mit „Kriegskasse“ vorbereitet

Die russischen Behörden hatten sich schon lange auf ein finanzielles Weltuntergangsszenario vorbereitet, bevor sie beschlossen, eine Offensive in der Ukraine zu starten, meint Gleason. Sie haben ihre Zentralbank-Goldreserven stetig aufgestockt und alternative Systeme für Transaktionen mit Handelspartnern entwickelt – wobei abzuwarten bleibt, wie effektiv ihre bisherigen Vorbereitungen sein werden, so Gleason.

Daten der russischen Zentralbank zeigen, dass die Gold- und Devisenreserven des Landes seit einiger Zeit steigen. Während sich die Reserven Anfang 2018 auf fast 448 Milliarden Dollar beliefen, liegt diese „Kriegskasse“ derzeit bei rund 630 Milliarden Dollar – ein Wachstum von 41 Prozent. „Das würde reichen, um ein Jahr lang alle Importe zu bezahlen, ohne dass Russland etwas exportieren müsste“, sagt Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Doch Krämer müsste noch erwähnen, dass der stetig steigende Ölpreis sich ebenfalls zugunsten des russischen Staatshaushalts auswirkt.

Es ist durchaus denkbar, dass der mögliche (und absehbare) Zusammenbruch des globalen Finanzsystems nicht in etwa der jahrelangen Billiggeld-Politik der Zentralbanken, den riesigen Finanzblasen an den Börsen und den pandemiebedingten faulen Krediten (und Problemen bei den Lieferketten), sondern ausschließlich dem Krieg in der Ukraine zugeschrieben wird.

In solch einem Fall würde sich die Weltöffentlichkeit entweder auf Selenskij oder Putin als Sündenböcke für den seit der Finanzkrise 2007/08 kontinuierlich wuchernden „Finanz-Tumor“ einschießen.

Die wahren Urheber der globalen Finanz- und Wirtschaftsmisere könnten sich dann seelenruhig in Sicherheit wähnen.

Führt Russland Golddeckung des Rubels ein?

Aber vielleicht landet Russland einen Coup und beschließt eine Golddeckung des Rubels (vielleicht sogar eines digitalen Rubels), um sich aufgrund der Sanktionen vor einer Wirtschafts- und Finanzkatastrophe abzusichern. Das wäre deshalb möglich, weil Moskau aufgrund der westlichen Sanktionen von einem großen Teil der Kapitalwelt abgeschnitten wird und dazu verdammt ist, alternative Wege zu gehen.

Diesen möglichen Schritt Russlands, dem auch andere Länder folgen könnten, muss man sich in Verbindung mit dem kontinuierlich steigenden Goldpreis und einer künftigen Goldpreis-Explosion denken.

Dann wäre es auch sehr denkbar, dass die USA dem Vorbild Russlands Folge leisten. Schließlich verfügen die Amerikaner mit 8.133,5 Tonnen über die größten Goldreserven der Welt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

avtor1
Cüneyt Yilmaz

                                                                                ***

Cüneyt Yilmaz ist Absolvent der oberfränkischen Universität Bayreuth. Er lebt und arbeitet in Berlin.

DWN
Technologie
Technologie Schwedische Innovation soll Wasserkrise in der Ukraine lösen
21.06.2025

Während Europa über Hilfspakete debattiert, liefern schwedische Firmen sauberes Wasser in eine vom Krieg verwüstete Region. Ist Hightech...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Afrikas Migrationspotenzial: Die globale Ordnung steht vor einer tektonischen Verschiebung
21.06.2025

Afrikas Bevölkerung wächst, während der Westen altert. Millionen gut ausgebildeter Migranten verändern schon heute globale...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschlands stille Stärke: Wie Rechtsstaat und Verwaltung zum unterschätzten Standortvorteil werden
21.06.2025

Als Max Weber 1922 mit seiner Bürokratie-Theorie die Basis für die deutsche Verwaltung legte, galt sie weltweit als innovatives Vorbild....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trumps Rückschlag für Elektroautos – kommt das Ende wie vor 100 Jahren?
21.06.2025

Vor 100 Jahren verschwanden Elektroautos wegen politischer Entscheidungen von den Straßen. Heute wiederholt sich die Geschichte: Donald...

DWN
Politik
Politik Wie der Westen seine Werte in der Wüste verrät: Big Tech versteckt die Probleme unter glänzenden Fassaden
21.06.2025

Big Tech hofiert autoritäre Regime vom Golf – im Tausch gegen Milliarden, Macht und Rechenzentren. Doch hinter der glitzernden Fassade...

DWN
Politik
Politik Deutschland steht vor dem historischen Aufschwung – aber es gibt ein großes Problem
21.06.2025

Mit der faktischen Abschaffung der Schuldenbremse beginnt Deutschland eine neue Ära – mit enormen Investitionen in Militär,...

DWN
Panorama
Panorama KI-Musik auf dem Vormarsch: Gefahr oder Chance für die Musikbranche?
21.06.2025

KI-Musik verändert die Musikbranche – kreativ, disruptiv, kontrovers. Künstler verlieren Kontrolle und Einnahmen. Doch wie weit darf...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Disney gegen die KI: Wem gehört das Internet noch?
21.06.2025

Disney zieht gegen Midjourney vor Gericht – und kämpft nicht nur für Mickey Mouse, sondern für unser digitales Eigentum. Wenn selbst...