Politik

Ist Putins Macht gefährdet?

Die Kritik am russischen Präsidenten wächst.
08.03.2022 03:11
Lesezeit: 2 min
Ist Putins Macht gefährdet?
Der russische Präsident, Wladimir Putin (l), und der russische Verteidigungsminister, Sergei Schoigu. (Foto: dpa) Foto: Alexei Druzhinin

Die Kritik an Wladimir Putin seitens hochrangiger russischer Militärs, Politiker und einflussreicher Intellektueller nimmt zu. Ein Insider sagte den DWN, die Macht des russischen Präsidenten könnte ernsthaft gefährdet sein.

Von den westlichen Medien kaum aufgegriffen wurde ein im Januar veröffentlichtes Schreiben des pensionierten Generalleutnants Leonid Iwaschow, in dem dieser vor einem Krieg warnt und der Ukraine das Recht auf Selbstverteidigung zuspricht. Der 78-Jährige ist Vorsitzender der konservativen „Allrussischen Offiziersversammlung“ und gilt als Falke, der dem Westen kritisch bis feindlich gegenübersteht und der Sowjet-Union nachtrauert. Seinen Brief schließt er mit den Worten: „Wir appellieren an alle pensionierten Militärangehörigen und Bürger Russlands, wachsam zu sein, die Forderungen des Rates der Allrussischen Offiziersversammlung zu unterstützen, sich aktiv gegen Propaganda und die Entfesselung eines Krieges zu stellen und einen Bürgerkrieg zu verhindern.“ Mark Galeottin kommentierte dies in der „Moscow Times“ dahingehend, dass es zunehmend deutlich werde, dass nicht nur „liberale Intellektuelle“, sondern auch ausgesprochene Nationalisten, „für die Putin kein Patriot, sondern ein Opportunist“ sei, die Politik des Kreml zunehmend kritisch sehen.

Ende Januar wurde darüber hinaus ein offener Brief mit dem Titel „Wenn es doch nur keinen Krieg gibt“ veröffentlicht, der rund 150 Unterschriften trug, darunter von Intellektuellen und Aktivisten, aber auch von in Russland sehr bekannten und beliebten Künstlern.

Unklar ist, inwiefern Putin seine Entscheidungen noch mit Mitgliedern seines engsten Kreises abspricht, oder ob er sie mehr oder weniger alleine fällt (die Gründerin der Denkfabrik „R.Politik“, Tatjana Stanovaya, spricht von Putins Vertrauten als „Siloviki“ [auf Deutsch in etwa „starke Männer“], die vor allem den Geheimdiensten und dem Militär zugehörig seien). Laut der „Daily Mail“ soll Putin sein Kabinett mit seiner Entscheidung, die Ukraine anzugreifen, vollständig überrascht haben. Den Ministern sollen klar gewesen sein, dass Putin vorhabe, die beiden Donbass-Republiken Donezk und Luhansk anzuerkennen, nicht aber, dass er eine Invasion des gesamten Landes starten würde.

Auf der offiziellen Aufnahme, die zeigt, wie Putin verkündet, er werde das russische Nuklearwaffen-Arsenal in Alarmbereitschaft versetzen lassen, sieht man auch Generalstabschef Waleri Gerassimow und Verteidigungsminister Sergei Schoigu (der als einer von Putins engsten Vertrauten gilt) - die beiden wirken vollkommen überrascht, schon fast überrumpelt.

Die DWN sprachen mit einem seriösen Kenner der Verhältnisse, der über Insider-Informationen verfügt, und der seinen Namen nicht öffentlich machen will. Dieser Insider sagte, er halte Putins Macht für alles andere als gesichert. Die am gestrigen Tag bekannte Enthüllung sei nur ein weiteres Indiz dafür. Tatsache sei, dass es - durchaus nicht von der Hand zu weisende - Gerüchte gäbe, dass die Unzufriedenheit mit Putin, auch innerhalb seines Machtzirkels, zunehme, und zwar so stark, dass selbst ein Putsch nicht mehr ausgeschlossen werden könne.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Benelux-Einigung: Wie ein radikaler Zusammenschluss Europa herausfordern würde
06.12.2025

Mitten in einer Phase wachsender geopolitischer Spannungen nehmen belgische Politiker eine Vision wieder auf, die lange undenkbar schien...

DWN
Politik
Politik Trumps US-Sicherheitsstrategie und die Folgen für Europa
05.12.2025

Donald Trumps neue US-Sicherheitsstrategie rückt Europa ins Zentrum – allerdings als Risiko. Das 33-seitige Papier attackiert...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Kurs schließt über 24.000 Punkten: Erholung geht am Freitag weiter
05.12.2025

Der deutsche Aktienmarkt legt zum Wochenschluss spürbar zu und der Dax überschreitet eine wichtige Schwelle. Doch der Blick richtet sich...

DWN
Politik
Politik Putin in Indien: Strategische Unabhängigkeit in der neuen Weltordnung
05.12.2025

Indien empfängt den russischen Präsidenten mit allen protokollarischen Ehren und stellt damit gängige westliche Erwartungen an globale...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Handwerkskunst aus Deutschland: Pariser Luxus-Modehäuser vertrauen auf die Stickerei Müller
05.12.2025

Die Stickerei Müller aus Franken fertigt für große Modehäuser wie Balenciaga und Yves Saint Laurent. Auf schwierige Jahre nach der...

DWN
Politik
Politik Rentenpaket im Bundestag: Folgen für Rentner und Beitragszahler
05.12.2025

Der Bundestag hat das Rentenpaket mit knapper, aber eigener Mehrheit durchgesetzt und eine Koalitionskrise verhindert. Doch hinter den...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Auftragseingang in der deutschen Industrie steigt unerwartet kräftig
05.12.2025

Unerwartet starke Impulse aus der deutschen Industrie: Die Bestellungen im Verarbeitenden Gewerbe ziehen an und übertreffen Prognosen...

DWN
Finanzen
Finanzen Rheinmetall-Aktie stabil: Analystenkommentar von Bank of America bewegt Rüstungsaktien
05.12.2025

Am Freitag geraten deutsche Rüstungsaktien in Bewegung: Ein US-Großbank-Analyst sortiert seine Favoriten neu. Welche Titel profitieren,...