Finanzen

„Die Fed meint es ernst“: US-Notenbanker leiten hochaggressive Zinswende ein

Die US-Notenbank Fed hat am Mittwoch ihre erste Zinserhöhung seit mehr als drei Jahren genehmigt. Bis Ende 2023 könnte es auf 2,8 Prozent getrieben werden. Damit signalisieren sie einen aggressiveren Kurs, als es viele Experten erwartet hatten.
16.03.2022 23:10
Aktualisiert: 16.03.2022 23:10
Lesezeit: 2 min

Die US-Notenbank Fed hat am Mittwoch ihre erste Zinserhöhung seit mehr als drei Jahren genehmigt, so der US-Sender, „CNBC“. Sie hievte den Leitzins am Mittwoch um einen Viertel Punkt auf die neue Zielspanne von 0,25 bis 0,50 Prozent. Der Schritt kam fast auf den Tag genau zwei Jahre, nachdem sie ihn nach dem Corona-Schock an die Null-Linie gedrückt hatte. Die trotz des Ukraine-Krieges vollzogene Kehrtwende markiert eine Zäsur für die Finanzmärkte, die über Jahre vom ultra-lockeren Kurs der Fed profitierten. Laut Fed-Chef Jerome Powell ist die US-Wirtschaft trotz der Folgen des Ukraine-Krieges stark genug, auch eine Reihe weiterer Zinserhöhungen wegzustecken.

Auch ein Schritt nach oben um einen halben Prozentpunkt, wie ihn die Fed seit über 20 Jahren nicht mehr gewagt hat, ist demnach nicht ausgeschlossen. Der Chef des Fed-Bezirks St. Louis, James Bullard, hatte auf der Sitzung bereits für einen solchen Riesenschritt votiert. Künftig könnte ihn die Fed gehen: „Falls wir zu dem Schluss kommen, dass es angemessen wäre, die Zinsen schneller zu erhöhen, werden wir es tun“, betonte Powell. Die Fed plane dieses Jahr, die Zinszügel stetig zu straffen, damit sich die Inflation nicht festsetze. Die Währungshüter seien sich dieser Aufgabe „überaus bewusst“.

Es dürfte auf ein wahres Zins-Stakkato hinauslaufen. Für Ende 2022 halten die Währungshüter im Mittel ein Leitzinsniveau in einer Spanne von 1,75 bis 2,0 Prozent für angemessen. Bis Ende 2023 könnte es auf 2,8 Prozent getrieben werden. Damit signalisieren sie einen aggressiveren Kurs, als es viele Experten erwartet hatten. „Das heißt, der Leitzins könnte auf jeder Sitzung bis Jahresende angehoben werden“, erläuterte LBBW-Analyst Elmar Völker. Vor Mittwoch hatte die Fed zuletzt Ende 2018 die Zinsen erhöht.

Die Wall Street schloss nach der Zinswende im Plus. Laut Analysten machte sich Erleichterung breit, dass sich die Fed entschlossen gegen die Inflation stemme. Die Verbraucherpreise in den USA waren zuletzt mit 7,9 Prozent so kräftig gestiegen wie seit 40 Jahren nicht mehr. Die Folgen des Krieges in der Ukraine dürften nach Einschätzung der Fed für weiteren Auftrieb sorgen und zugleich auch das US-Wirtschaftswachstum belasten. Analysten verweisen auf die Gefahr einer Energiekrise.

Neben den ins Auge gefassten Zinserhöhungen will die Fed dieses Jahr zudem ihre in der Corona-Pandemie auf fast neun Billionen Dollar aufgeblähte Bilanz eindampfen, womit den Märkten Liquidität entzogen würde. Laut Fed soll damit auf einem „kommenden Treffen“ begonnen werden. „Die Fed hat die Vorbereitungen für die Reduzierung ihres Anleihebestandes nahezu abgeschlossen. Einzelheiten dürften bereits mit dem Protokoll der heutigen Sitzung in drei Wochen veröffentlich werden“, zitiert „Reuters“ den Commerzbank-Ökonomen Bernd Weidensteiner.

Nach Ansicht von VP Bank-Chefvolkswirt Thomas Gitzel wird die Fed dabei darauf verzichten, auslaufende Wertpapiere durch neue zu ersetzen. Der damit verbundene Liquiditätsentzug könne weit über eine reine Zinserhöhung hinausreichen. „Fed-Chef Powell strich deshalb das Mittel der Bilanzsummenreduktion während der Pressekonferenz hervor“, sagte Gitzel. Die Reduktion des Wertpapierbestandes ähnele einem Verstärker: „Die Fed meint es mit der geldpolitischen Wende sehr ernst.“

Angesichts der von der Fed eingeleiteten Zinswende sehen Spitzenvertreter der deutschen Wirtschaft auch die Europäische Zentralbank (EZB) unter Zugzwang: „Die EZB sollte diesem Signal folgen“, sagte der Präsident des Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Dirk Jandura. In Europa müsse ein Zeichen gegen die steigende Geldentwertung gesetzt werden. Es könne nicht dauerhaft auf Grundlage von billigem Geld gewirtschaftet werden.

Höhere US-Zinsen würden laut dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) Kapital in die USA und den Dollarkurs nach oben ziehen. „Eine ungünstige Euro-Kursentwicklung könnte die importierte Inflation weiter anfachen“, so Außenwirtschaftschef Volker Treier. Aus Sicht der deutschen Wirtschaft wäre deshalb wichtig, dass die EZB im Jahresverlauf eine maßvolle Zinserhöhung einleiten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Der deutsche Markt konzentriert sich auf neue Optionen für XRP- und DOGE-Inhaber: Erzielen Sie stabile Renditen aus Krypto-Assets durch Quid Miner!

Für deutsche Anleger mit Ripple (XRP) oder Dogecoin (DOGE) hat die jüngste Volatilität am Kryptowährungsmarkt die Herausforderungen der...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Rückkehr der Wehrplicht trotz Wirtschaftsflaute? Nato-Ziele nur mit Pflicht zum Wehrdienst möglich
05.07.2025

Die Nato drängt: „Um der Bedrohung durch Russland zu begegnen“, hat die Nato ein großes Aufrüstungsprogramm beschlossen. Doch wie...

DWN
Unternehmen
Unternehmen KI-Schäden: Wenn der Algorithmus Schaden anrichtet – wer zahlt dann?
05.07.2025

Künstliche Intelligenz entscheidet längst über Kreditvergaben, Bewerbungen oder Investitionen. Doch was passiert, wenn dabei Schäden...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Made in Germany: Duale Berufsausbildung - das deutsche Erfolgsmodell der Zukunft
05.07.2025

Die duale Berufsausbildung in Deutschland gilt als Erfolgsmodell: Dieses System ermöglicht jungen Menschen einen direkten Einstieg ins...

DWN
Panorama
Panorama Was Autofahrer über Lastwagen wissen sollten – und selten wissen
05.07.2025

Viele Autofahrer kennen das Gefühl: Lkw auf der Autobahn nerven, blockieren oder bremsen aus. Doch wie sieht die Verkehrswelt eigentlich...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuererklärung 2024: Mit diesen 8 Steuertipps können Sie richtig viel Geld rausholen
05.07.2025

Viele Menschen drücken sich vor der Steuererklärung, weil diese manchmal etwas kompliziert ist. Doch es kann sich lohnen, die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaftskriminalität: Insider-Betrug kostet Millionen - Geschäftsführer haften privat
05.07.2025

Jede zweite Tat geschieht im eigenen Büro - jeder fünfte Schaden sprengt die fünf Millionen Euro Marke. Wer die Kontrollen schleifen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Microsoft kippt den Bluescreen, doch das wahre Problem bleibt
05.07.2025

Microsoft schafft den berühmten „Blauen Bildschirm“ ab – doch Experten warnen: Kosmetische Änderungen lösen keine...

DWN
Panorama
Panorama So bleiben Medikamente bei Sommerhitze wirksam
05.07.2025

Im Sommer leiden nicht nur wir unter der Hitze – auch Medikamente reagieren empfindlich auf hohe Temperaturen. Doch wie schützt man...