Politik

Nach Ukraine und Kurilen: Stellt Russland jetzt auch die Machtfrage in Südostasien?

Lesezeit: 2 min
22.04.2022 13:34  Aktualisiert: 22.04.2022 13:34
Ein geplantes russisch-vietnamesisches Manöver deutet darauf hin.
Nach Ukraine und Kurilen: Stellt Russland jetzt auch die Machtfrage in Südostasien?
Nicht nur bei offiziellen Militärparaden nimmt Russland oft Bezug auf die Tradition der Sowjetunion und ihrer Roten Armee. So besuchte Putin 2001 das Mausoleum des vietnamesischen Kommunistenführers Ho Chi Minh, der Schätzungen zufolge rund eine Millionen Menschenleben auf dem Gewissen haben soll. (Foto: dpa)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die staatliche russische Nachrichtenagentur RIA Novosti berichtet, dass Führungskräfte des ostrussischen Militärs und der vietnamesischen Armee sich jüngst bei einem virtuellen Treffen zu einem gemeinsamen Militärmanöver verabredet haben, wie Radio Free Asia berichtet. Dabei sollen sich die beiden Parteien nicht nur über Datum und Austragungsort des Manövers verständigt, sondern auch Angelegenheiten medizinischer und logistischer Unterstützung diskutiert haben, erklärte die russische Nachrichtenagentur, ohne genauere Erklärungen abzugeben.

Oberst Ivan Taraev, Vorsitzender der Abteilung des für internationale Militärkooperation des ostrussischen Militärs, wurde damit zitiert, dass das gemeinsame Manöver "die praktischen Fähigkeiten der Kommandanten und Mitarbeiter im Hinblick auf die Organisation von Kampfübungen sowie Truppenverwaltung in taktisch schwierigen Situationen" verbessern und zur Entwicklung "unkonventioneller Lösungen" bei der Erfüllung von militärischen Aufgaben beitragen solle. Der Name des Manövers habe ebenfalls zur Debatte gestanden. Der erste öffentlich kundgegebene Vorschlag: "Continental Alliance 2022" – "Kontinentale Allianz 2022".

Nachdem die Pläne für das vietnamesisch-russische Manöver für internationale Kritik sorgten, äußerte sich kürzlich auch der Sprecher des vietnamesischen Außenministeriums, Le Thi Thu Hang, zu der Angelegenheit. Laut der Hanoi Times soll Hang lediglich bestätigt haben, dass Vietnam Kooperationsmaßnahmen im Verteidigungsbereich mit anderen Ländern in Erwägung ziehe. Dazu würde neben Austauschaktivitäten auch gemeinsame Militärmanöver gehören, die laut Hang "Freundschaft, Solidarität, Vertrauen und gegenseitiges Verständnis für Frieden, Zusammenarbeit und Entwicklung in der Region und Welt" stärken sollen.

Welchem Ziel das gemeinsame Militärmanöver letztlich auch dienen soll – es beschwört eine geschichtsträchtige Allianz. So gehörte die Sowjetunion damals zu den ersten Staaten, welche die sozialistische Demokratische Republik Vietnam anerkannte. Der kommunistische Revolutionär und Politiker Hồ Chí Minh hatte in den 1920er Jahren in Moskau studiert, gemeinsam mit anderen Mitgliedern der kommunistischen Partei Indochinas. Und im Vietnamkrieg schließlich belieferte die Sowjetunion die vietnamesische Armee mit Waffen. 2001 war Wladimir Putin dann der erste russische Präsident nach dem Niedergang der Sowjetunion, der laut Putin "größten geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts, der Vietnam einen Besuch abstattete.

Gerade in den USA begegnet man den militärischen Aktivitäten Russlands in Ostasien mit Skepsis bis hin zu offener Empörung. So setzen Kritiker das russisch-vietnamesische Militärmanöver mit einem gemeinsamen Gipfel der US-Amerikaner mit dem Verband Südostasiatischer Nationen Mitte Mai in Washington in Verbindung, an dem auch Vietnam teilnehmen soll. Charlie Thayer, Professor an der New South Wales University in Australien und Vietnam-Experte betonte gegenüber Radio Free Asia: "Wie wird der vietnamesische Staatschef Biden in die Augen sehen können angesichts der klaren Haltung der USA zum Ukraine-Krieg und zur russischen Invasion?

So gehe man nicht mit "der Supermacht der Welt" um, spitzt Thayer seine Kritik zu. In Moskau und Hanoi wird man die Angelegenheit sicherlich anders bewerten. Jedenfalls steht nun infolge des gemeinsamen Militärmanöver Russlands und Vietnams eine Frage im Raum: Stellt Putin nach der Ukraine nun auch die Machtfrage im südostasiatischen Raum gestellt?

Lesen Sie auch:

deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/518823/Nach-Ukraine-Russland-eroeffnet-neue-zweite-Front

deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/518858/Putin-Industriegebiet-in-Mariupol-muss-nicht-mehr-gestuermt-werden


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft LNG: EU-Sanktionen bedrohen Russlands Energiegeschäfte
07.05.2024

Russland steht vor möglichen schmerzhaften EU-Sanktionen im Zusammenhang mit seinen Geschäften im Bereich Flüssigerdgas (LNG). Die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freie Lehrstellen erreichen kritisches Niveau: Was Unternehmen jetzt tun müssen
07.05.2024

Der Lehrstellenmangel verschärft sich: Demografischer Wandel und veränderte Berufspräferenzen der Generation Z führen zu einem...

DWN
Politik
Politik Erbschaftssteuer: Droht durch Klage Bayerns ein Wettbewerb der Länder beim Steuersatz?
07.05.2024

In Karlsruhe wird es diesen Sommer mal wieder um den Dauerbrenner Erbschaftssteuer gehen. Schon zweimal hat das Verfassungsgericht von der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Investitionsschreck Deutschland: Internationale Investoren meiden deutsche Projekte
07.05.2024

Ausländische Unternehmen haben im vergangenen Jahr immer weniger in Deutschland investiert. Die Anzahl der Projekte ausländischer...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Nachlassende Nachfrage: Deutsche Industrie verzeichnet erneut weniger Aufträge
07.05.2024

Trotz einer vielversprechenden Entwicklung im März kämpfen Deutschlands Exporteure nach wie vor mit erheblichen Schwierigkeiten.

DWN
Finanzen
Finanzen Der DWN-Marktreport: US-Arbeitsmarktdaten lassen erneut Zinssenkungsfantasie aufkommen
07.05.2024

Die internationalen Finanz- und Rohstoffmärkte verbleiben im Spannungsfeld wechselnder Indikatoren hinsichtlich des zukünftigen Zinspfads...

DWN
Politik
Politik Israels Armee nähert sich dem Grenzübergang von Rafah
07.05.2024

Israels Regierung bleibt bei der geplanten umfangreichen Offensive gegen Rafah bestehen, während die Hamas einer Waffenruhe zustimmt -...

DWN
Immobilien
Immobilien Gesundheitsimmobilien: Investmentmarkt stolpert – wie sieht die Pipeline weiter aus?
07.05.2024

Nach robustem Transaktionsvolumen in den vergangenen Jahren herrschte auf dem Investmentmarkt für Pflegeheime, Seniorenimmobilien und...