Politik

Weltweite Militärausgaben erreichen historischen Höchststand

Die Ausgaben für Rüstung und militärische Forschung haben 2021 einen historischen Höchststand erreicht.
25.04.2022 14:19
Aktualisiert: 25.04.2022 14:19
Lesezeit: 3 min

Die Staaten der Erde haben erstmals in einem Jahr mehr als zwei Billionen Dollar für ihre Militärapparate ausgegeben. Die weltweiten Militärausgaben stiegen im Jahr 2021 auf 2,113 Billionen Dollar (rund 1,94 Billionen Euro), wie das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri am Montag in einem neuen Bericht mitteilte. Inflationsbereinigt entsprach das einem Anstieg um 0,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damit sind die Ausgaben im siebten Jahr in Folge gestiegen. Unangefochten an der Spitze stehen die USA, Deutschland liegt auf dem siebten Platz.

«Selbst inmitten der wirtschaftlichen Folgen der Covid-19-Pandemie haben die weltweiten Militärausgaben Höchststände erreicht», sagte der Sipri-Forscher Diego Lopes da Silva. Aufgrund der Inflation habe sich die Wachstumsrate zwar verlangsamt - lasse man diese aber außer Acht, habe der Zuwachs satte 6,1 Prozent betragen.

Die deutliche wirtschaftliche Erholung nach dem ersten Corona-Jahr 2020 brachte mit sich, dass der Anteil der Militärausgaben an der weltweiten Wirtschaftsleistung 2021 leicht um 0,1 Prozentpunkte auf 2,2 Prozent zurückging. Acht europäische Nato-Länder erreichten die Zielmarke des Militärbündnisses, mindestens 2 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) in die Verteidigung zu stecken - das war zwar ein Staat weniger als 2020, aber eine deutliche Zunahme im Vergleich zu 2014, als nur zwei Staaten diese Marke erreicht hatten.

USA unangefochten an der Spitze

Deutschlands prozentualer Anteil am BIP lag Sipri zufolge 2021 bei 1,3 Prozent. Die deutschen Militärausgaben lagen aufgrund der Inflation demnach mit 56 Milliarden Dollar (51 Mrd Euro) um 1,4 Prozent niedriger als 2020. Damit ist die Bundesrepublik nach wie vor das Land mit den siebtgrößten Militärausgaben weltweit.

An der unangefochtenen Spitze stehen dabei einmal mehr die Vereinigten Staaten. Die US-Militärausgaben sanken im Jahresvergleich inflationsbereinigt zwar ebenfalls um 1,4 Prozent, waren mit einer Höhe von 801 Milliarden Dollar (734 Mrd Euro) aber dennoch größer als die der neun weiteren Top-Ten-Staaten zusammen.

Dabei fokussieren sich die USA nach Angaben der Friedensforscher in den vergangenen Jahren vor allem auf die militärische Forschung und Entwicklung. Die US-Regierung habe mehrmals die Notwendigkeit unterstrichen, den technologischen Vorsprung des US-Militärs gegenüber strategischen Konkurrenten aufrechtzuerhalten, unterstrich Sipri-Expertin Alexandra Marksteiner.

Doch China holt auf: Nach einem abermaligen Zuwachs um 4,7 Prozent schätzen die Friedensforscher die chinesischen Militärausgaben des Jahres 2021 auf 293 Milliarden Dollar (268 Mrd Euro). Dahinter folgen mit einigem Abstand diesmal Indien, Großbritannien und Russland.

Apropos Russland: Im Jahr vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine wuchsen die Militärausgaben des Riesenreiches um 2,9 Prozent auf 65,9 Milliarden Dollar (60 Mrd Euro), was einem Anteil am russischen Bruttoinlandsprodukt von 4,1 Prozent entsprach.

Dabei kamen dem Land von Präsident Wladimir Putin Einnahmen aus dem Geschäft mit fossilen Brennstoffen zugute, wie Sipri-Expertin Lucie Béraud-Sudreau erklärte: «Hohe Öl- und Gas-Einnahmen haben Russland geholfen, seine Militärausgaben 2021 zu steigern.»

Seit 2014 hat die Ukraine ihre Militärausgaben um 72 Prozent gesteigert. Im Jahr 2021 fielen sie allerdings um schätzungsweise 8,5 Prozent auf 5,9 Milliarden Dollar. Damit machten sie einen Anteil an der ukrainischen Wirtschaftsleistung in Höhe von 3,2 Prozent aus.

Die Umweltorganisation Greenpeace kritisierte die hohen Militärausgaben am Montag scharf. «Die Staatengemeinschaft ist damit auf einem höchst gefährlichen Weg und hat eine entscheidende Lektion der Vergangenheit vergessen: Mehr Geld für Waffen bringt nicht zwangsläufig mehr Sicherheit», erklärte Greenpeace-Experte Alexander Lurz. Die Bundesregierung habe mit dem Sondervermögen zur Aufrüstung der Bundeswehr «einen massiven Beitrag zur globalen Rüstungsspirale auf den Weg gebracht». Lurz forderte die Ampel-Regierung auf, auf die Verfassungsänderung für die geplante Aufrüstung zu verzichten.

Die Linkspartei nannte die weltweiten Militärausgaben «sinnlos verpulvertes Geld, das dringend für die Bekämpfung von Hunger, Armut und den Folgen der Corona-Pandemie gebraucht wird». Sevim Dagdelen, Linke-Sprecherin für Internationale Politik und Abrüstung, erklärte: «Es ist kurzsichtig und brandgefährlich, dass die Ampel-Regierung Deutschland mit 100 Milliarden Euro Sondervermögen für die Bundeswehr zur ausgabenstärksten Militärmacht in Europa aufrüstet.»

Sipri veröffentlicht jeweils Ende April einen jährlichen Bericht zu den Militärausgaben in aller Welt. Er gilt als die weltweit umfassendste Datensammlung dieser Art. Die Friedensforscher stützen sich dabei auf offizielle Regierungsangaben zum Verteidigungshaushalt und auf weitere Quellen und Statistiken - die Zahlen weichen deshalb traditionell von den Angaben der Nato und einzelner Länder ab. Zu den Ausgaben werden auch Aufwände für Personal, Militärhilfen sowie militärische Forschung und Entwicklung gezählt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neuer Kompromiss in Berlin: Mehr Spielraum für Verbrenner nach 2035
28.11.2025

Nach monatelangen Verhandlungen hat die Regierungskoalition eine gemeinsame Linie zum geplanten EU-Verbot neuer Autos mit Verbrennungsmotor...

DWN
Finanzen
Finanzen Novo Nordisk-Aktie: Wie Analysten die Zukunft nach dem Crash bewerten
28.11.2025

Die jüngsten Turbulenzen rund um die Novo Nordisk-Aktie haben Anleger verunsichert und den Blick auf Chancen und Risiken neu geschärft....

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krise: Trumps wechselhafte Politik erschüttert Vertrauen
28.11.2025

Die diplomatischen Bemühungen in Genf zeigen, wie stark der Ukrainekrieg inzwischen von wechselhaften Signalen aus Washington geprägt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Forschungsdominanz: Wachsende Risiken für Europas Sicherheit
28.11.2025

China treibt den globalen Technologiewandel voran und zwingt Europa zu einer strategischen Neubewertung seiner Abhängigkeiten. Welche...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Studie von KfW Research: Industriestandort Deutschland benötigt mehr Wagniskapital
27.11.2025

Deutschlands Industrie steht unter Druck: KfW Research sieht schrumpfende Wertschöpfung und zu wenig Risikokapital. Chefvolkswirt Dirk...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Immer mehr Arbeitsplätze wandern ins Ausland ab: Wirtschaftsstandort Deutschland wackelt
27.11.2025

Hohe Preise für Energie, belastende Lohnnebenkosten, eine ausufernde Bürokratie und politische Vorgaben des Staates: Immer mehr Firmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Microsoft-Aktie im Fokus: Rekordinvestitionen in Cloud und KI stärken das Wachstum
27.11.2025

Microsoft setzt mit massiven Investitionen in Cloud-Infrastruktur und künstliche Intelligenz auf Wachstum und Innovation. Können diese...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundespräsident Steinmeier: Europa muss Potenzial als Wirtschaftsmacht ausschöpfen
27.11.2025

Krieg, Machtverschiebungen und zähe Entscheidungen in der EU belasten die Wirtschaftsmacht Europa. Auf dem Wirtschaftsforum in Madrid...