Die gestiegenen Energiekosten werden nach Einschätzung von Verbraucherschützern bei vielen Mietern mit der Nebenkostenabrechnung verzögert ankommen. "Der Preishammer kommt im nächsten Jahr auf die Verbraucher zu", sagte Energieexperte Udo Sieverding von der Verbraucherzentrale NRW der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Die große Preiswende bei Strom und Gas habe es erst zum Jahreswechsel gegeben. Auch Vermieter, die ihren Öltank in diesem Jahr gefüllt hätten, gäben die Mehrkosten erst mit der Abrechnung im kommenden Jahr weiter.
Sieverding geht nach eigenen Worten davon aus, dass Versorger 2022 die Preise weiter erhöhen. "Wann und um wie viel, hängt auch mit der Beschaffungsstrategie der Unternehmen zusammen." Erste Hinweise auf Strompreiserhöhungen im Juli oder August - also im Monat vor beziehungsweise nach Abschaffung der EEG-Umlage - gebe es bereits.
Ähnlich Sorgen hatte der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" geäußert: "Viele Haushalte werden erst bei der Heizabrechnung im nächsten Jahr bemerken, wie stark der Preis gestiegen ist und die Nachzahlungen nicht stemmen können." Die Bundesnetzagentur befürchtet, dass viele Menschen die möglichen Nachzahlungen nicht stemmen werden können. Deswegen forderte sie bereits am Wochenende, dass Verbraucher schon jetzt höhere monatliche Abschläge auf ihren Verbrauch zahlen. Eine zusätzliche finanzielle Belastung stellt dem luxemburgischen Rohstoffkonzern Eurasian Resources Group (ERG) zufolge die Verteuerung von Rohstoffen dar. Die internationalen Sanktionen gegenüber Russland trügen zu einem beispiellosen Preisanstieg bei, wie ERG-Chef, Benedikt Sobotka, der Deutschen Presse-Agentur mitteilte.
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Davon betroffen seien unter anderem Weizen, Düngemittel, Aluminium oder Kupfer. Das hat auch Konsequenzen für den Verbraucher. "In den kommenden Monaten werden viele wichtige Elemente unseres täglichen Lebens tendenziell teurer - von Brot und Kaffee über Computer und Autos bis hin zu Baumaterialien, Häusern und der Art und Weise, wie wir unsere Haushalte mit Strom versorgen", sagte Sobotka.
Sollte der Ukraine-Krieg weiter andauern, bereitet sich die Bundesregierung auf eine erhebliche Verschlechterung der Gasversorgung in Deutschland vor. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) rief deswegen Ende März Verbraucher und Unternehmer dazu auf, Energie zu sparen, um gegen die Knappheit anzugehen. Außerdem soll Deutschland dadurch schneller unabhängig von russischem Gas werden. Die Versorgungssicherheit sei aber weiterhin gewährleistet.
Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur zeigt, dass viele Verbraucher ihr Nutzungsverhalten bereits angepasst haben. Demnach hat jeder Zehnte seit Beginn des Ukraine-Kriegs damit begonnen, seinen Energieverbrauch zu reduzieren. Sogar fast jeder Fünfte (19 Prozent) spart seit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine im Februar mehr Energie als vorher. Die Umfrage wurde zwischen dem 1. und 4. April unter mehr als 2000 Menschen in Deutschland durchgeführt.
Einsparungen machen besonders viele Befragte beim Heizen und beim Verbrauch von Warmwasser und Strom (jeweils 68 Prozent). Darüber hinaus wirken sich die selbst auferlegten Sparmaßnahmen auch auf das Mobilitätsverhalten der Menschen aus. 12 Prozent gaben an, gar kein Auto mehr zu fahren. 44 Prozent fahren weniger Auto und 33 Prozent fahren langsamer. Bei der Frage nach Gründen konnten die Teilnehmer mehrere Antwortmöglichkeiten ankreuzen.
Neben den Umfrageteilnehmerinnen und -teilnehmern bereiten sich auch Unternehmen auf eine Gasknappheit vor. "Wir würden im Fall eines Embargos zunächst auf ölbasierte Treibstoffe und Stromgeneratoren umsteigen", sagte die Chefin des Pharmakonzerns Merck, Belén Garijo, der "Welt am Sonntag". Einen vollständigen Importstopp lehnen viele Industrieunternehmen jedoch ab. Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes Reiner Hoffmann warnte im Interview mit der "Passauer Neuen Presse" vor Jobverlusten als Folge eines Embargos auf russische Energieträger. "Unsere Wirtschaftskraft entscheidend zu schwächen, wäre fatal, denn wir werden sie auch über den Krieg hinaus brauchen, etwa für den Wiederaufbau in der Ukraine und die Transformation unseres Landes", mahnte Hoffmann.