Der Euro ist am Mittwoch zum US-Dollar auf Talfahrt geblieben. Die Gemeinschaftswährung weitete ihre jüngsten Kursverluste aus und erreichte bei 1,0526 Dollar den tiefsten Stand seit 2017. Am Vorabend hatte sie noch gut einen Cent mehr gekostet. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0583 (Dienstag: 1,0674) Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,9449 (0,9368) Euro.
Kurzfristig dürfte die US-Notenbank Fed dem Dollar weiter Rückenwind verschaffen, obschon der Markt bereits umfangreiche Zinserhöhungen in den USA zur Bekämpfung der hohen Inflation erwarte, schrieben die Analysten der Landesbank BayernLB. Zudem könnte die Unsicherheit um verschärfte Russland-Sanktionen und ihre Auswirkungen auf Europas Konjunktur den Euro weiterhin belasten. Von den wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs dürfte Europa nach Meinung vieler Fachleute stärker betroffen sein als die Vereinigten Staaten.
Zwar steigen auch in der Eurozone die Preise stark. Dennoch könne der Euro nicht davon profitieren, dass mittlerweile drei Zinsanhebungen im laufenden Jahr laut Aussagen von EZB-Offiziellen wahrscheinlicher geworden seien, kommentierte Chefvolkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank: «An den Devisenmärkten ist die Furcht groß, dass eine stärkere konjunkturelle Abschwächung in der Eurozone - oder gar eine Rezession - den geplanten Straffungskurs doch noch durcheinanderwirbeln könnte.» Das Schreckgespenst wäre laut Gitzel: Eine Rezession, eine hohe Inflation und eine Europäische Zentralbank, die nicht handeln will oder kann.
Indikatoren zur Verbraucherstimmung bewegten den Euro kaum. Diese erreichte in Deutschland nach der zweiten Verschlechterung in Folge ein Rekordtief, wie Daten des Nürnberger Konsumforschungsunternehmens GfK zeigten. «Die Hoffnungen auf eine Erholung als Folge der Lockerungen pandemiebedingter Beschränkungen haben sich endgültig zerschlagen», sagte GfK-Konsumexperte Rolf Bürkl.
Zu anderen wichtigen Währungen legte die EZB die Referenzkurse für einen Euro auf 0,84215 (0,84135) britische Pfund, 135,57 (136,15) japanische Yen und 1.0229 (1,0229) Schweizer Franken fest. Die Feinunze Gold kostete am Nachmittag in London 1889 Dollar. Das waren 17 Dollar weniger als am Dienstag.
Im DWN-Interview warnte zuletzt der ehemalige Chefvolkswirt der Deutschen Bank und Gründungsdirektor des "Flossbach von Storch Research Institute", Thomas Mayer, vor einem anhaltenden Wertverlust des Euros. Sollte der Euro sich weiter zur Weichwährung entwickeln, so der Ökonom, dürfte er langfristig keinen Bestand haben.
Mayer betont zudem, dass der Euro theoretisch auch gänzlich von der Bildfläche verschwinden könnte: "Die Geschichte zeigt, dass sich Menschen andere Mittel zur Wertaufbewahrung und zum Austausch suchen, wenn das offizielle Geld an Schwindsucht leidet. Früher kam immer wieder Gold und Silber als Geld ins Spiel. Heute könnten Kryprowährungen dazu kommen."