Politik

Gutachten: Deutschland könnte durch Ausbildung ukrainischer Soldaten als Kriegspartei eingestuft werden

Einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages zufolge kann als Kriegspartei gelten, wer Soldaten eines kriegsführenden Lagers ausbildet - was neuerdings auf Deutschland zutrifft.
02.05.2022 15:36
Aktualisiert: 02.05.2022 15:36
Lesezeit: 2 min
Gutachten: Deutschland könnte durch Ausbildung ukrainischer Soldaten als Kriegspartei eingestuft werden
Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) spricht bei ihrem Besuch beim Lufttransportgeschwader 62 im niedersächsischen Wunstorf mit einem Oberst. (Foto: dpa) Foto: Ole Spata

Die Bundesregierung geht weiter davon aus, dass Deutschland mit der Ausbildung ukrainischer Soldaten völkerrechtlich betrachtet nicht zur Kriegspartei wird. Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages dazu sei der Bundesregierung bekannt, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag in Berlin. Jedem sei klar, dass man sich immer wieder in einer schwierigen Abwägung befinde. Hebestreit: "Unsere Überzeugung ist, dass auch die Ausbildung von ukrainischen Soldaten in Deutschland an Waffensystemen weiterhin keinen direkten Kriegseintritt bedeutet."

Hebestreit reagierte auf eine Frage zu einem Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland über das Gutachten. Diesem zufolge bestehe Konsens darüber, dass westliche Waffenlieferungen völkerrechtlich nicht als Kriegseintritt gelten - solange man sich nicht an Kampfhandlungen beteilige.

Das Gutachten stammt bereits vom 16. März und wurde damit zu einem Zeitpunkt abgeschlossen, bevor die Bundesregierung sich zur Lieferung schwerer Waffen entschlossen hat. Es stellt fest, dass militärische Hilfe für einen angegriffenen Staat erlaubt ist. "Erst wenn neben der Belieferung mit Waffen auch die Einweisung der Konfliktpartei bzw. Ausbildung an solchen Waffen in Rede stünde, würde man den gesicherten Bereich der Nichtkriegsführung verlassen", stellt das Gutachten fest - und verweist als Quelle dazu nur auf ein Interview mit einem Völkerrechtler, das die "Neue Zürcher Zeitung" bereits am 13. März veröffentlicht hatte und dem dieser auch darauf hinweist, dass es auf den konkreten Einzelfall ankomme.

Die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags unterstützen nach eigenen Angaben die Abgeordneten bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Bundestags, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasser.

Die Linken-Parteivorsitzende Janine Wissler warnte am Montag vor einer möglichen Ausweitung des Krieges auf das Nato-Gebiet und verwies auf das Gutachten. "Wir wissen, dass sich Atommächte gegenüberstehen und dass das die Rutschbahn in den Dritten Weltkrieg sein könnte", sagte Wissler in Berlin. Die Entscheidung der Bundesregierung, die Ukraine nun doch mit schweren Waffen zu unterstützen, könne dazu führen, dass der Konflikt "gefährlich nah an die Nato-Grenze" rücke.

Die Bundesregierung hatte nach einem von den USA im Stützpunkt Ramstein vorige Woche einberufenen Kongress überraschend angekündigt, ukrainische Soldaten in Deutschland auszubilden und schwere Waffen zu liefern. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte bis dahin die Lieferung schwerer Waffen untersagt. Die Ukraine ist weder EU- noch Nato-Mitglied.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft VDA rechnet 2026 mit rund 693.000 neuen E-Autos
08.12.2025

Deutschlands Autokäufer stehen vor einem elektrischen Wendepunkt: Verbände prognostizieren deutliche Zuwächse bei Elektroautos und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Machtwechsel im Arbeitsmarkt 2025: Arbeitgeber geben wieder den Ton an
08.12.2025

Der Wind am Arbeitsmarkt 2025 dreht sich offenbar: Nach Jahren der Bewerbermacht gewinnen Unternehmen wieder Spielraum. Jan-Niklas Hustedt,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Insolvenzzahlen 2025: Warum Firmenpleiten weiter steigen
08.12.2025

Deutschlands Insolvenzzahlen klettern auf den höchsten Stand seit Jahren. Besonders Mittelstand, Handel und Autozulieferer geraten unter...

DWN
Finanzen
Finanzen Klöckner & Co-Aktie hebt ab: Übernahmefantasie und positive Analysteneinstufung treiben Aktienkurs
08.12.2025

Die Klöckner-Co-Aktie schießt hoch, weil erneut Übernahmegespräche kursieren. Doch hinter dem Kurssprung steckt eine lange...

DWN
Politik
Politik EU-Krisenpolitik: Ein Plüschelefant gegen Putin und Trump
08.12.2025

Ein harmloser Plüschelefant entlarvt ein System voller Überregulierung und geopolitischer Schwäche. Warum ein Plüschelefant die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europa unterschätzt die Rohstoffkrise: Ex-Rio-Tinto-Chef stellt der EU ein vernichtendes Urteil aus
08.12.2025

Europa will sich aus der Rohstoffabhängigkeit von China befreien,doch laut Jakob Stausholm, dem langjährigen Chef des Bergbaukonzerns Rio...

DWN
Technologie
Technologie Stromproduktion: Rekord bei Strom aus Wind und Sonne
08.12.2025

Deutschlands Stromproduktion hat im Sommer neue Rekorde erreicht: Windkraft und Photovoltaik dominieren, Kohle verliert weiter. Doch...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Industrieproduktion im verarbeitenden Gewerbe setzt Erholung fort
08.12.2025

Die deutsche Industrieproduktion legt erneut zu – vor allem der Bau liefert Rückenwind. Nach dem Einbruch im Sommer mehren sich positive...