Deutschland

Bundesetat 2022 sieht zweithöchste Neuverschuldung der Geschichte vor

Im Bundeshaushalt 2022 ist eine Neuverschuldung von 138,9 Milliarden Euro vorgesehen. Und ein erheblicher Posten ist dabei noch nicht einmal berücksichtigt.
20.05.2022 09:58
Lesezeit: 1 min
Bundesetat 2022 sieht zweithöchste Neuverschuldung der Geschichte vor
Schuldenminister Linder plant für 2022 die zweithöchste Neuverschuldung in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. (Foto: dpa) Foto: Federico Gambarini

Als Folge der Corona-Politik und der deutschen Unterstützung für die Ukraine plant der Bund für das laufende Jahr die zweithöchste Neuverschuldung in der Geschichte der Bundesrepublik. Der Haushaltsentwurf für 2022 sehe eine Nettokreditaufnahme von 138,94 Milliarden Euro vor, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters am frühen Freitagmorgen aus dem Haushaltsausschuss des Bundestages. Dies sei das Ergebnis der fast 16-stündigen sogenannten Bereinigungssitzung, bei der die Haushälter in der Nacht letzte Hand an den Etatentwurf legten.

Die Gesamtausgaben werden demnach mit 495,8 Milliarden Euro veranschlagt. Der Bundestag soll den Etat Anfang Juni verabschieden. Das Parlament muss dafür das dritte Jahr in Folge die Schuldenbremse aussetzen, weil die zulässige Kreditaufnahme um rund 115,7 Milliarden Euro überschritten wird.

Die haushaltspolitischen Sprecher der Ampel-Fraktionen erklärten, der Haushaltsentwurf stehe im Zeichen großer, globaler Krisen. Die Koalition handele entschlossen und setze Prioritäten, erklärten Dennis Rohde (SPD), Sven-Christian Kindler (Grüne) und Otto Fricke (FDP).

"Wir schaffen Sicherheit in der Krise, international und in Deutschland", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. "Wir investieren in Infrastruktur, schützen das Klima, unterstützen den Mittelstand, fördern Forschung, Innovation und den sozialen Zusammenhalt. Zudem stärken wir Sicherheits-, Außen- und Entwicklungspolitik."

NEUVERSCHULDUNG UNTER DEM REKORDNIVEAU VON 2021

Die Neuverschuldung bleibt damit laut einer Reuters vorliegenden Gesamtübersicht der Eckdaten unverändert im Vergleich zum Entwurf von Finanzminister Christian Lindner (FDP). Dieser hatte zunächst einen Etatentwurf mit knapp 100 Milliarden Euro zusätzlichen Schulden vorgelegt. Mit einem Ergänzungshaushalt nach Ausbruch des Ukraine-Krieges kamen fast 40 Milliarden Euro an Krediten hinzu. Lindner bleibt unter der Rekordverschuldung von 215,4 Milliarden Euro 2021, übertrifft aber die 130,5 Milliarden Euro aus dem ersten Corona-Jahr 2020.

Nicht mitgerechnet ist dabei, dass die Bundesregierung auch noch einen schuldenfinanzieren Sonderfonds für eine bessere Ausstattung der Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden Euro schaffen will. Dies soll auf die Schuldenbremse nicht angerechnet werden. Für die dafür erforderliche Grundgesetzänderung benötigt die Ampel aber noch die Zustimmung der Union. Der Sonderfonds wird mit einem eigenen Gesetz und unabhängig vom Etatgesetz eingerichtet.

Die hohe Neuverschuldung wird mit den Kosten der Corona-Pandemie und den Folgen des Ukraine-Krieges begründet. Allein die Entlastungspakete für Verbraucher und Wirtschaft zur Abmilderung der hohen Energiepreise werden in der Ampel-Koalition auf etwa 30 Milliarden Euro beziffert. Die Corona-Pandemie schlägt mit Milliarden-Aufwendungen für Impfstoffe, Krankenkassen und Unternehmenshilfen zu Buche.

Ab 2023 soll die Schuldenbremse wieder greifen. Nach derzeitigem Stand könnte der Bund dann noch gut sieben Milliarden Euro an neuen Schulden aufnehmen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Putins Imperium zerbröckelt: Aserbaidschan demütigt den Kreml – mit Hilfe der Türkei
10.07.2025

Aserbaidschan widersetzt sich offen Moskau, schließt russische Propagandakanäle und greift zur Verhaftung von Russen – ein Tabubruch in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Gasfeld vor Zypern könnte Europas Energiestrategie neu ausrichten
10.07.2025

Ein neues Erdgasfeld vor Zypern könnte zum Wendepunkt in Europas Energiepolitik werden.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Baywa Milliardenverlust: Jahreszahlen zeigen das ganze Ausmaß der Krise beim Mischkonzern
10.07.2025

Jetzt ist der Milliardenverlust bei der Baywa amtlich: Das Minus von 1,6 Milliarden Euro ist vor allem auf Abschreibungen bei der...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Rechnung für die Private-Equity-Branche: 79 Milliarden
10.07.2025

Donald Trumps Zollkurs und globale Kriege setzen der Private-Equity-Branche massiv zu. Was hinter dem dramatischen Kapitalschwund steckt...

DWN
Politik
Politik „Kleiner Lichtblick für die Ukraine“ nach Trumps Kehrtwende
10.07.2025

Der Kurswechsel der USA beim Waffenlieferprogramm für die Ukraine dürfte die Gespräche europäischer Staats- und Regierungschefs in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ostdeutsche Betriebsräte fordern Ende von Habecks Energiewende: Industriestandort gefährdet
10.07.2025

Nach dem Verlust von über 100.000 Industriearbeitsplätzen richten ostdeutsche Betriebsräte einen dramatischen Appell an Kanzler Merz....

DWN
Finanzen
Finanzen US-Schuldenkrise: Droht der Dollar-Kollaps? Was Anleger jetzt wissen müssen
10.07.2025

Die USA spielen mit dem Feuer: Zölle, Dollar-Schwächung und wachsende Schulden bedrohen das globale Finanzsystem. Doch es gibt Strategien...

DWN
Finanzen
Finanzen Hochsteuerland: Staat zockt Menschen ab - Von einem Euro bleiben Arbeitnehmern nur 47 Cent
10.07.2025

Bis zum 13. Juli arbeiten die Menschen in Deutschland in diesem Jahr nach Angaben des Bundes der Steuerzahler für die Staatskasse. Der...