Russland will Finnland kurzfristig von der Versorgung mit Erdgas abschneiden. Gazprom habe mitgeteilt, dass ab Samstagmorgen kein Gas mehr fließen werde, teilte der staatliche finnische Konzern Gasum am Freitag mit. Grund sei, dass Gasum es abgelehnt habe, Rechnungen wie von Gazprom gefordert künftig in Rubel zu bezahlen.
"Es ist äußerst bedauerlich, dass vertraglich vereinbarte Gas-Lieferung nun gestoppt werden", sagte Gasum-Chef Mika Wiljanen. Man habe sich jedoch sorgfältig auf eine solche Lage vorbereitet und sei in der Lage, alle Kunden in den nächsten Monaten weiter zu beliefern. Gazprom äußerte sich auf Anfrage zunächst nicht.
Finnland ist über eine Pipeline auch mit dem Baltikum verbunden und will Gas über Estland beziehen. Der Großteil des finnischen Bedarfs kommt derzeit aus Russland, allerdings beträgt der Anteil des Brennstoffs insgesamt nur fünf Prozent am gesamten Energie-Verbrauch des Landes.
Das Verhältnis zwischen Russland und Finnland ist ohnehin angespannt, nachdem das über Jahrzehnte neutrale skandinavische Land sich nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine für einen Nato-Beitritt entschieden hat, auch wenn der Beitritt derzeit durch den türkischen Präsidenten Erdogan blockiert wird.
Die EU und damit auch Deutschland hatte Zahlungen in Rubel für Gas abgelehnt, da die Verträge fast ausschließlich in Euro oder Dollar abgeschlossen wurden. Russland hatte per Dekret eine solche Zahlung verlangt, die Details gelten aber als unklar. Da in den nächsten Tagen zahlreiche europäische Versorger ihre Rechnungen begleichen müssen, wird die Abwicklung mit Spannung erwartet.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte sich Anfang der Woche optimistisch geäußert, dass die Zahlung funktioniert. Dies sei soweit möglich auch mit Gazprom geklärt. In deutschen Regierungs- und Industriekreisen hieß es, die Unternehmen zahlten in Euro oder Dollar, hätten aber auch ein zweites Rubel-Konto bei der Gazprom-Bank eröffnet. Den Transfer dorthin sowie ein Umtausch in Rubel liege aber bei der russischen Seite.
So vorgegangen ist nach eigenen Angaben auch der slowakische Versorger SPP mit seiner Zahlung am Dienstag. Er zeigte sich überzeugt, dass das Gas daher weiter fließe. Ähnlich äußerte sich der österreichische Importeur OMV. Das Vorgehen verstoße auch nicht gegen EU-Sanktionen. Die EU hatte zwar von der Eröffnung von Rubel-Konten abgeraten, sie aber auch nicht untersagt.
Moskau: Nato-Beitritt Finnlands und Schwedens bedroht Russland
Moskaus Verteidigungsminister Sergej Schoigu sieht in dem geplanten Nato-Beitritt Finnlands und Schwedens eine Gefahr für Russland. Die Lage an der westlichen Grenze Russlands werde durch eine wachsende militärische Gefahr gekennzeichnet, sagte Schoigu am Freitag bei einer Sitzung des Ministeriums. Finnland und Schweden hätten als Nachbarn Russlands die Aufnahme in den Militärblock beantragt, damit nähmen die Spannungen im westlichen Wehrbezirk Russlands nun deutlich zu. Bis Jahresende sollten dort zwölf neue Militärstützpunkte entstehen, kündigte Schoigu an.
"Gleichzeitig erhöhen die USA und die Nato das Ausmaß ihrer operativen und militärischen Vorbereitungen an unseren Grenzen", sagte Schoigu. Konkret beklagte er auch, dass die Mitgliedsstaaten der Nato ein neues Manöver vor den Grenzen Russlands abhielten. Er bezog sich die laufende Übung "Defender Europe 2022".
Schoigu warf den USA vor, in den vergangenen Jahren auch die Zahl der Flüge ihrer strategischen Bomber in Europa massiv erhöht zu haben - von einmal 15 auf inzwischen 45 im Jahr. In der Ostsee kreuzten zudem immer häufiger mit Raketen bewaffnete US-Kriegsschiffe.
Schoigu hatte bei der Sitzung von Fortschritten bei Russlands Vormarsch in der Ukraine gesprochen. Er sagte, dass die russische Armee bald strategische Drohnen erhalte. Damit könnten Ausgaben für Personal, militärische Aufklärung und Munition eingespart werden.
Russland hatte vor knapp drei Monaten das Nachbarland überfallen und zuletzt den Westen immer wieder davor gewarnt, schwere Waffen an die Ukraine zu liefern. Sie würden erspäht und zerstört, hieß es. Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte am Freitag, dass inzwischen viele Rüstungsgüter an die Ukraine gingen. Die russischen Streitkräfte hätten diese Lieferungen im Blick und ergriffen die "entsprechenden Maßnahmen", sagte er.