Politik

"Niveau der Linkspartei": FDP-Generalsekretär schießt gegen SPD und Grüne

Es kracht zwischen den Ampelkoalitionären. Grund für den offenen Streit sind rot-grüne Steuerforderungen.
07.06.2022 14:07
Aktualisiert: 07.06.2022 14:07
Lesezeit: 2 min
"Niveau der Linkspartei": FDP-Generalsekretär schießt gegen SPD und Grüne
Seit dem FDP-Parteitag im April bekleidet der als Gefolgsmann Linders geltende Bijan Djir-Sarai das Amt des Generalsekretärs. (Foto: dpa)

In der Ampelkoalition gibt es Meinungsverschiedenheiten über eine zusätzliche Abgabe auf die Extraprofite von Mineralölkonzernen infolge des russischen Kriegs in der Ukraine. Führende FDP-Politiker warnten am Dienstag vor einer sogenannten Übergewinnsteuer.

"Die ständigen Forderungen nach neuen Steuern bei SPD und Grünen sind schockierend und bewegen sich auf dem Niveau der Linkspartei", kritisiert Generalsekretär Bijan Djir-Sarai die Koalitionspartner seiner Partei. Es sei "nicht die Zeit für Umverteilungsdebatten". Fraktionschef Christian Dürr warnt, Unternehmen mit guten Gewinnen könnten Deutschland deswegen verlassen.

Ricarda Lang: Übergewinnsteuer ein logischer Schritt

Politiker von SPD und Grünen hatten wegen der weiter steigenden Energiepreise eine solche Zusatzabgabe ins Spiel gebracht. Es könne nicht sein, dass sich die Mineralölkonzerne "in der Krise die Taschen noch voller machen", hatte SPD-Chef Lars Klingbeil den Zeitungen der Funke Mediengruppe gesagt.

Grünen-Chefin Ricarda Lang sagte dem "Tagessspiegel": "Wir beobachten seit Monaten eine Entkopplung vom Rohölpreis und Tankstellenpreisen. Einige wenige profitieren, während ganz viele mittelständische Unternehmen unter den hohen Energiepreisen leiden und sich fragen, wie sie durch das nächste Jahr kommen sollen. Die Übergewinnsteuer wäre da ein logischer Schritt."

Tatsächlich ist bei den Spritpreisen trotz der seit Monatsbeginn geltenden Steuersenkung keine wesentliche Entspannung in Sicht. Zwar gingen die Preise für E10 und Diesel vom 31. Mai auf den 1. Juni zunächst zurück - aber der Steuerrabatt wurde nicht vollständig weitergegeben. Seitdem werden Benzin und Diesel auch wieder teurer. Am Dienstagvormittag zeigte die Tendenz erneut leicht nach oben, wie der ADAC auf Anfrage mitteilte.

Kraftstoffmarkt-Experte: "Energiesteuersenkung erreicht Verbraucher nicht so, wie sie sollte."

"Die Energiesteuersenkung erreicht den Verbraucher nicht so, wie sie sollte. Die Preise sind nach wie vor stark überhöht", sagte Kraftstoffmarkt-Experte Christian Laberer. Das Kartellamt müsse als neutrale Stelle feststellen, dass der Rabatt nicht ankomme, und die Politik sollte handeln. "Denn im Moment fördert der Steuerzahler die Gewinne der Mineralölindustrie, die die Krisensituation offenbar auf Kosten der Verbraucher zur Gewinnmaximierung nutzt", sagte Laberer.

Das Kartellamt dämpft die Erwartungen allerdings. "Wir tun unser Möglichstes, um aufzuklären und Transparenz in die Preissetzung der Mineralölkonzerne zu bringen. Weder das Bundeskartellamt noch eine andere Behörde in Deutschland kann aber Preise auf Knopfdruck senken", erklärte Präsident Andreas Mundt. Hohe Preise und auch das Erwirtschaften von hohen Gewinnen seien nicht verboten.

"Übergewinnsteuer wäre Aufforderung an innovative Unternehmen unser Land zu verlassen"

SPD und Grüne wollen extreme Krisengewinne daher über eine zusätzliche Steuer abschöpfen, dadurch mehr Geld einnehmen und zugleich die Preise dämpfen. Die FDP hält das für zu kurz gedacht. "Was gut klingt, ist in Wahrheit ein denkbar schlechtes Instrument", sagte Fraktionschef Dürr der "Bild"-Zeitung. "Eine Übergewinnsteuer wäre eine Aufforderung an innovative Unternehmen wie Biontech, die derzeit gute Gewinne machen und bereits ordentlich Steuern zahlen, unser Land zu verlassen. Das kann doch niemand ernsthaft wollen", argumentierte er. "Wenn wir Wachstum, Wohlstand und damit steigende Steuereinnahmen haben wollen, dann müssen wir attraktiv für moderne Unternehmen sein und sie nicht vertreiben."

Auch FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner warnte bereits im Mai in einem "Spiegel"-Interview, eine Übergewinnsteuer "würde auch die Hersteller von Impfstoffen, Wind- und Solarkraftanlagen oder Halbleitern treffen". Die aber machten Profite, weil sie dank ihres Könnens Knappheiten beseitigten. "All denen möchte ich keine Impulse nehmen, mehr zu produzieren", betonte er.

DIW-Präsident Fratzscher verweist auf Vorbilder im Ausland

International gibt es allerdings bereits Vorbilder für eine Übergewinnsteuer. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, verwies unter anderem auf Italien. Die dort als "Außerordentliche Solidaritätsabgabe" bezeichnete Maßnahme bezieht sich einem Gutachten des wissenschaftlichen Dienst des Bundestags zufolge ausschließlich auf Unternehmen der Energiebranche. Besteuert werden die Umsätze, genauer die Differenz der Umsätze aus zwei Zeiträumen in diesem und dem vergangenen Jahr. Macht ein Unternehmen mehr als 5 Millionen Euro oder zehn Prozent mehr Umsatz, muss es zahlen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Rutte warnt in Berlin: Russland sieht Europa als nächstes Ziel
11.12.2025

Bundeskanzler Merz und Nato-Generalsekretär Rutte haben in Berlin Alarm geschlagen. Russland ziele nicht nur auf die Ukraine, sondern...

DWN
Finanzen
Finanzen Münchener Rück-Aktie: Neue Strategie setzt deutliche Gewinneffekte frei
11.12.2025

Die Münchener Rück-Aktie gewinnt an Tempo – und das aus gutem Grund. Die neue Strategie Ambition 2030 verspricht höhere Gewinne,...

DWN
Politik
Politik Analyse: Putin und Trump spielen im selben Team gegen Europa
11.12.2025

Putin und Trump sprechen plötzlich dieselbe Sprache. Europas Zukunft steht auf dem Spiel, während Washington und Moskau ein gemeinsames...

DWN
Technologie
Technologie Halbleiter-Förderung: Dresden und Erfurt erhalten grünes Licht
11.12.2025

Europa hängt bei Chips weiter an Asien – nun greift die EU zu einem Milliardenhebel. Deutschland darf zwei neue Werke in Dresden und...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB erhöht Druck: Vereinfachte Regeln für Europas Banken
11.12.2025

Die EZB drängt auf einfachere EU-Bankenvorschriften und will kleinere Institute entlasten. Doch wie weit darf eine Reform gehen, ohne...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ifo-Institut korrigiert Wirtschaftsprognose: Deutschlands Aufschwung bleibt schwach
11.12.2025

Die neue Wirtschaftsprognose des Ifo-Instituts dämpft Hoffnungen auf einen kräftigen Aufschwung. Trotz Milliardeninvestitionen und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Klimarisiken: Unternehmen gefährden ihre Umsätze durch schwaches Risikomanagement
11.12.2025

Unternehmen geraten weltweit unter Druck, ihre Klimarisiken präziser zu bewerten und belastbare Strategien für den Übergang in eine...

DWN
Politik
Politik Trump warnt die Ukraine und verspottet Europa. „Am Ende gewinnt der Stärkere“
11.12.2025

US-Präsident Donald Trump erhöht den Druck auf die Ukraine und attackiert gleichzeitig europäische Staatschefs. Seine Aussagen im...