Deutschland

Russischer EU-Botschafter warnt vor Lieferstopp: Bundesnetzagentur ruft zum Gas-Sparen auf

Der Lieferumfang durch die Nordstream-Röhre sinkt. Russlands Botschafter bei der EU warnt vor einem kompletten Stopp. Eine wichtige Turbine steckt offenbar noch immer in Kanada fest - wegen Russland-Sanktionen.
16.06.2022 13:00
Aktualisiert: 16.06.2022 13:42
Lesezeit: 2 min

Angesichts der erneut reduzierten Gasliefermenge des russischen Energiekonzerns Gazprom nach Deutschland ruft auch die Bundesnetzagentur zum Energiesparen auf. "Die Bundesnetzagentur unterstützt ausdrücklich die Aufforderung, so viel Gas wie möglich einzusparen", heißt es im Lagebericht zur Gasversorgung der Behörde am Donnerstag (Stand 10 Uhr). Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte zuvor mit Blick auf die weitere Drosselung der Gas-Liefermenge erneut zum Energiesparen aufgerufen.

Trotz der weiter reduzierten Gasliefermenge aus Russland ist die Gasversorgung in Deutschland der Bundesnetzagentur zufolge stabil. "Die Versorgungssicherheit in Deutschland ist derzeit gewährleistet", steht im Lagebericht. Die Behörde beobachte die Lage sehr genau und stehe in ständigem Kontakt zu den Unternehmen der Gaswirtschaft.

Wie am Mittwoch angekündigt, hat Gazprom in der Nacht zum Donnerstag seine Gaslieferungen nach Deutschland durch die Ostseepipeline Nord Stream weiter reduziert. Täglich sollen nur noch maximal 67 Millionen Kubikmeter durch die Leitung gepumpt werden. Erneut begründete der Staatskonzern den Schritt mit Verzögerungen bei Reparaturarbeiten.

Die Gasflüsse aus der Nord Stream 1 seien gestern ab 23 Uhr auf rund 40 Prozent der Maximalleistung gedrosselt worden, teilte die Bundesnetzagentur mit. "Einen kausalen Zusammenhang zwischen dem auf russischer Seite fehlenden Gaskompressor und der großen Lieferreduzierung können wir im Moment nicht bestätigen." Die Großhandelspreise seien in Folge der Lieferreduzierung spürbar gestiegen.

Dennoch könne "im Moment im Saldo leicht rückläufig weiterhin Gas eingespeichert werden." Grund für den leichten Rückgang seien nach derzeitiger Einschätzung wahrscheinlich die gestiegenen Gaspreise. Der größte deutsche Speicher Rehden speichere aktuell mit maximaler Leistung ein. Die aktuellen Füllstände der Speicher in Deutschland liegen bei 55,95 Prozent. Für Deutschland ist Nord Stream 1 die Hauptversorgungsleitung mit russischem Gas.

Russlands Botschafter bei der EU warnt

Nach der Reduzierung von russischen Gaslieferungen durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 ist wohl auch ein komplettes Runterfahren der wichtigsten Versorgungsleitung für Deutschland nicht ausgeschlossen. Russlands EU-Botschafter meinte am Donnerstag beim Internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg, wegen der Probleme bei der Reparatur von Turbinen in Kanada könne die Leitung komplett stillgelegt werden. "Ich denke, das wäre eine Katastrophe für Deutschland", sagte er nach Angaben der russischen Zeitung "Kommersant".

Deutschland solle darüber nachdenken, die Turbinen lieber auf seinem eigenen Gebiet zu reparieren, damit sie nicht nach Kanada gebracht werden müssten, meinte der Diplomat.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck nannte die Situation ernst, sie gefährde die Versorgungssicherheit in Deutschland aber nicht. Entgegen der Darstellung Gazproms, der Grund für die Drosselung seien Verzögerungen bei Reparaturarbeiten, vermutet Habeck dahinter eine politische Entscheidung.

Kremlsprecher Dmitri Peskow wies das zurück. Die Probleme hingen vielmehr mit den vom Westen gegen Russland verhängten Sanktionen zusammen, meinte er. "Uns ist nur bekannt, dass es dort wirklich Probleme mit den Turbinen und mit der Reparatur gab, einige Turbinen kommen nicht zurück, sie werden irgendwo zurückgehalten." Es handele sich nicht um Absicht von russischer Seite: "Das ist ein Problem, das gar nichts mit uns zu tun hat."

Auch der Energietechnikkonzern Siemens Energy hatte mitgeteilt, dass eine in Kanada überholte Gasturbine aufgrund der Russland-Sanktionen derzeit nicht aus Montréal zurückgeliefert werden könne.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Luxus im Wandel: Exklusive Erlebnisse lösen materiellen Besitz als Statussymbol ab
22.10.2025

Der Luxusmarkt steht vor einem Wandel. Trotz steigender Vermögen der Superreichen schrumpfen traditionelle Segmente, während sich...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Höhere Strompreise im Winter? Behörden legen Bericht für Deutschland vor
22.10.2025

Ende 2024 schnellten die Strompreise zeitweise auf mehr als 900 Euro pro Megawattstunde. Haben Anbieter die Lage ausgenutzt?...

DWN
Finanzen
Finanzen „Sorgenkind“ Vollkasko: Autoversicherung verteuert sich weiter
22.10.2025

Eine Verivox-Auswertung zeigt Steigerungen deutlich über der Inflation. Immerhin im Vergleich zu den Anstiegen des vergangenen Jahres...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ölpreis fällt auf Fünf-Monats-Tief: Droht ein Überangebot?
22.10.2025

Das Überangebot wächst, die Nachfrage bricht ein: Der Ölpreis fällt auf den tiefsten Stand seit Monaten. Doch hinter dem Preisrutsch...

DWN
Panorama
Panorama Umfrage: Mehrheit der Deutschen für Olympia-Bewerbung
22.10.2025

In einer repräsentativen Umfrage spricht sich fast jeder Zweite generell für eine deutsche Olympia-Bewerbung aus. Die Befragten äußern...

DWN
Finanzen
Finanzen EU nimmt hohe Investmentgebühren ins Visier: Ein EU-Land zahlt mehr als doppelt so viel wie US-Anleger
22.10.2025

Dänische Anleger zahlen fast doppelt so hohe Investmentgebühren wie andere Länder der EU. Und weit mehr als US-Investoren. EU-Chefin...

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wenn Maschinen Kunden besser verstehen als Verkäufer
21.10.2025

Künstliche Intelligenz verändert die Art, wie Unternehmen mit ihren Geschäftskunden kommunizieren – radikal und unumkehrbar. Wer...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Finanzmärkte aktuell: Wie KI das Wachstum treibt und Europa an Bedeutung gewinnt
21.10.2025

Die Finanzmärkte zeigen derzeit ein komplexes Bild aus Chancen und Unsicherheit. Technologische Innovationen dominieren weiter, während...