Deutschland

Inflation: Milch und Milchprodukte werden deutlich teurer

Die deutsche Milchwirtschaft erwartet stark steigende Preise für Milch, Butter und andere Molkereiprodukte. Hintergrund sind höhere Kosten bei den Milchbauern.
21.06.2022 18:00
Lesezeit: 2 min

Verbraucher müssen in den kommenden Monaten mit deutlich steigenden Preisen bei zahlreichen Milchprodukten rechnen. «Über die ganze Linie im Endeffekt erwarte ich persönlich höhere Lebensmittelpreise gerade im Milchbereich», sagte der Vorsitzende der Landesvereinigung der Milchwirtschaft NRW, Hans Stöcker, am Dienstag in Mechernich westlich von Bonn. Er geht davon aus, dass das im zweiten Halbjahr an den Regalen sichtbar wird.

Für Milch und Milchprodukte der untersten Preislage gebe es zwar keine einheitlichen Stichtage und Laufzeiten mehr bei neuen Lieferverträgen zwischen den einzelnen Molkereien und den Handelsketten. «Wir sehen im Moment aber im Markt, dass eben die Preise unterschiedlich schnell angehoben werden», erläuterte Stöcker.

So sei der Butter-Preis bereits schnell und sehr stark gestiegen. Das lasse auch vermuten, dass es neue Verträge mit höheren Abschlüssen für andere Milchprodukte gebe und diese noch nicht im Markt umgesetzt worden sind. Auch das einzelne Molkereien schon die Auszahlungspreise für Milchbauern auf 50 Cent und mehr je Kilogramm Rohmilch angehoben haben, deute auf neue Kontrakte mit höheren Abschlüssen hin.

Früher gab es in der Branche die Stichtage 1. Mai und 1. November für halbjährige Lieferverträge für Milch und zahlreiche Milchprodukte in der untersten Preislage. Die Handelsketten änderten dann die Laufzeiten ihrer Verträge. Der Auszahlungspreis für die Landwirte ist in den ersten vier Monaten des laufenden Jahres im Durchschnitt auf gut 43 Cent je Kilogramm Rohmilch gestiegen, wie die Landesvereinigung zur Situation in Nordrhein-Westfalen mitteilte.

Damit lägen die Auszahlungspreise zwar im Schnitt um ein Drittel höher als im Vorjahr. Den Mehreinnahmen stünden aber extrem steigende Produktionskosten gegenüber, betonte die Landesvereinigung mit Verweis auf die Kosten bei Dünger, Futter und Sprit. Das führe auch zu Zukunfts- und Existenzsorgen. Die Milchproduktion in Deutschland habe ihren Höhepunkt überschritten. Mit 2,2 Prozent Rückgang in den ersten vier Monaten 2022 könnte eine kleine Trendwende bedeuten.

Die hohe Inflation bei Lebensmitteln habe möglicherweise auch schon zu einer Reaktion von Verbrauchern in den Milchregalen geführt, sagte Geschäftsführer Rudolf Schmidt. Das steile Wachstum bei den höherpreisig angesiedelten Produkten Bio- und Weidemilch sowie bei den pflanzlichen Milchalternativen scheine vorerst gestoppt zu sein.

Für die Kennzeichnung der Tierhaltungsform auf Milchprodukten steht den Angaben zufolge das Programm mit dem Lebensmittelhandel. Offenbar verschiebe sich die Einführung auf den ersten Milchprodukten im Handel aber noch etwas um einige Wochen oder Monate, «weil das wird auch wieder mit Preiszuschlägen wahrscheinlich verbunden sein und die sind im Moment wahrscheinlich nicht so umsetzbar», sagte Schmidt.

Gasversorgung sei ein zentrales Thema auch für Molkereien. «80 bis 90 Prozent der deutschen Molkereiwirtschaft ist von Gas entsprechend abhängig.» Bestimmte Teile könnten zwar auf andere Energieträger umgestellt werden wie etwa Öl. Aber dafür müssten Lagerkapazitäten geschaffen werden und Baugenehmigungen eingeholt werden. Das sei somit nicht von heute auf morgen möglich, verdeutlichte Schmidt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Einzelhandel Insolvenzen: Wie sich die Branche gegen den Niedergang stemmt
05.12.2025

Der Einzelhandel rutscht tiefer in die Krise, während Traditionsmarken reihenweise fallen. Trotz leicht verbesserter Konjunkturdaten...

DWN
Politik
Politik Europa prüft Alternativen für Ukraine-Finanzierung: Umgang mit russischem Vermögen bleibt offen
05.12.2025

Europa ringt um einen verlässlichen finanziellen Rahmen für die Ukraine, während politische Verzögerungen den bisherigen Ansatz ins...

DWN
Finanzen
Finanzen SAP-Aktie: Positiver Analystenkommentar von JPMorgan und Silberstreifen am Cloud-Horizont
04.12.2025

SAP und Salesforce senden an den Börsen neue Signale: Während JPMorgan der SAP-Aktie frische Impulse zuschreibt, ringen Anleger bei...

DWN
Finanzen
Finanzen Schott Pharma-Aktie: Zähe Nachfrage nach Glasspritzen – Pharmazulieferer Schott Pharma schaut vorsichtig auf 2026
04.12.2025

Die Schott Pharma-Aktie ist am Donnerstag nachbörslich unter Druck geraten, Anleger beäugen den Ausblick des Mainzer Pharmazulieferers...

DWN
Politik
Politik Die EZB blockiert: Streit um EU-Pläne für eingefrorene russische Vermögenswerte
04.12.2025

Die EU ringt um einen Weg, die finanziellen Belastungen des Ukrainekriegs abzufedern, doch zentrale Institutionen setzen klare Grenzen. Wie...

DWN
Politik
Politik Friedensverhandlungen in Moskau: Trump-Gesandte führen Gespräche mit Putin
04.12.2025

Die Gespräche zwischen Washington und Moskau rücken die Suche nach einer realistischen Friedenslösung wieder in den Mittelpunkt der...

DWN
Politik
Politik EU Ermittlungen: Staatsanwaltschaft nimmt Büros von Kaja Kallas ins Visier
04.12.2025

Die Ermittlungen der Europäischen Staatsanwaltschaft rücken den Umgang mit sensiblen EU-Mitteln und institutionellen Abläufen in...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Trade Republic Probleme: Kundenfrust wächst trotz neuer Produkte
04.12.2025

Trade Republic wirbt mit Innovationen, doch viele Kunden erleben etwas anderes. Die Beschwerden zu Ausfällen, Support und Handelbarkeit...