Politik

Niederlande: Massenproteste gegen neue Klima-Vorschriften der Regierung

Seit Tagen protestieren Landwirte und Fischer in den Niederlanden gegen neue Klima-Vorschriften der Regierung.
04.07.2022 11:00
Aktualisiert: 04.07.2022 11:31
Lesezeit: 2 min
Niederlande: Massenproteste gegen neue Klima-Vorschriften der Regierung
Polizisten nehmen bei einem Bauernprotest einen Demonstranten fest. Seit Tagen protestieren Landwirte gegen geplante Umweltauflagen. (Foto: dpa) Foto: Lex Van Lieshout Fotografie

Die niederländischen Bauern haben ihre Protestaktionen gegen geplante Umweltauflagen nun auch auf Supermärkte und Häfen ausgedehnt. Mit Treckern und Heuballen blockierten hunderte Landwirte am Montag die Zufahrten zu Großlagern der Supermärkte. Mehr als 20 Distributionszentren der großen Supermarktketten waren betroffen. Der Zentrale Verband des Lebensmittelhandels nannte die Blockaden «total unakzeptabel» und sprach bereits von ersten Versorgungsengpässen.

Auch Urlauber spürten die Folgen des Protests. Denn erstmals hatten auch Fischer aus Solidarität mit den Bauern mit ihren Booten die Häfen blockiert. Mehrere Stunden lang konnten die Fähren nicht zu den Inseln fahren, und so mussten auch Urlauber mit langen Wartezeiten rechnen, warnten die Reedereien. Europas größer Hafen aber, der Hafen von Rotterdam, war nicht von den Aktionen betroffen.

In den vergangenen Wochen hatten Bauern mehrfach auch gewalttätig gegen die Auflagen zur Reduzierung des Stickstoff-Ausstoßes protestiert. Die Regierung hatte am Wochenende einen Vermittler in dem Konflikt bestimmt. Doch bisher gibt es keine Aussicht, dass die Aktionen ausgesetzt werden.

Von den jüngsten Blockaden waren vor allem Marktführer Albert Heijn und Jumbo betroffen. Aber auch Coop, Plus, Aldi und Lidl spürten die Wut der Bauern. Marc Jansen, Direktor des Zentralen Lebensmittelverbandes, rief die Behörden zum Eingreifen auf. «Das kann nicht länger so weiter gehen», sagte er im Radio. «Wir haben nichts mit dem Konflikt von Staat und Bauern zu tun.» Regionale Medien berichteten bereits von leeren Regalen in einigen Supermärkten. Vor allem frische Produkte wie Brot, Gemüse, Obst und Milch würden knapp.

Landwirte blockierten auch wie bereits in den vergangenen zwei Wochen mehrfach einige Autobahnen und Zubringer. Vereinzelt kam es zu langen Staus gerade an der deutschen Grenze etwa bei Enschede, Venlo und Eindhoven. Doch die Probleme auf den Straßen hielten sich nach Angaben der Verkehrsbehörden in Grenzen.

Die Bauern hatten aufgerufen, «das gesamte Land lahm zu legen». Doch die angekündigten Blockaden der Flughäfen blieben vorerst aus.

Die Emissionen von schädlichen Stickstoff-Verbindungen sind in dem Land seit Jahrzehnten zu hoch. Nun bestimmte die Regierung, dass sie national bis 2030 um rund 50 Prozent reduziert werden müssen, bei Naturgebieten sind es sogar mehr als 70 Prozent. Das wird nach Einschätzung der Regierung zum Aus für etwa 30 Prozent der Vieh-Betriebe führen. Denn vor allem die Viehzucht ist nach der Berechnung der Behörden für das Stickstoffproblem verantwortlich. Das höchste Gericht des Landes hatte 2019 bestimmt, dass die Stickstoff-Normen nicht länger überschritten werden dürfen.

Die Niederlande haben etwa 53 000 landwirtschaftliche Betriebe und sind weltweit einer der größten Exporteure von Agrar-Produkten. Im vergangenen Jahr betrug das Ausfuhrvolumen rund 105 Milliarden Euro.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Putins Imperium zerbröckelt: Aserbaidschan demütigt den Kreml – mit Hilfe der Türkei
10.07.2025

Aserbaidschan widersetzt sich offen Moskau, schließt russische Propagandakanäle und greift zur Verhaftung von Russen – ein Tabubruch in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Gasfeld vor Zypern könnte Europas Energiestrategie neu ausrichten
10.07.2025

Ein neues Erdgasfeld vor Zypern könnte zum Wendepunkt in Europas Energiepolitik werden.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Baywa Milliardenverlust: Jahreszahlen zeigen das ganze Ausmaß der Krise beim Mischkonzern
10.07.2025

Jetzt ist der Milliardenverlust bei der Baywa amtlich: Das Minus von 1,6 Milliarden Euro ist vor allem auf Abschreibungen bei der...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Rechnung für die Private-Equity-Branche: 79 Milliarden
10.07.2025

Donald Trumps Zollkurs und globale Kriege setzen der Private-Equity-Branche massiv zu. Was hinter dem dramatischen Kapitalschwund steckt...

DWN
Politik
Politik „Kleiner Lichtblick für die Ukraine“ nach Trumps Kehrtwende
10.07.2025

Der Kurswechsel der USA beim Waffenlieferprogramm für die Ukraine dürfte die Gespräche europäischer Staats- und Regierungschefs in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ostdeutsche Betriebsräte fordern Ende von Habecks Energiewende: Industriestandort gefährdet
10.07.2025

Nach dem Verlust von über 100.000 Industriearbeitsplätzen richten ostdeutsche Betriebsräte einen dramatischen Appell an Kanzler Merz....

DWN
Finanzen
Finanzen US-Schuldenkrise: Droht der Dollar-Kollaps? Was Anleger jetzt wissen müssen
10.07.2025

Die USA spielen mit dem Feuer: Zölle, Dollar-Schwächung und wachsende Schulden bedrohen das globale Finanzsystem. Doch es gibt Strategien...

DWN
Finanzen
Finanzen Hochsteuerland: Staat zockt Menschen ab - Von einem Euro bleiben Arbeitnehmern nur 47 Cent
10.07.2025

Bis zum 13. Juli arbeiten die Menschen in Deutschland in diesem Jahr nach Angaben des Bundes der Steuerzahler für die Staatskasse. Der...