Deutschland

Marc Friedrich: Deutschlands Geschäftsmodell ist am Ende!

Lesezeit: 2 min
08.07.2022 17:30  Aktualisiert: 08.07.2022 17:30
Unverantwortliche Politiker haben Deutschland in eine existenzgefährendende Krise hineinmanövriert, schreibt Marc Friedrich. Das Tempo, in dem Deutschlands Niedergang voranschreitet, ist atemberaubend.
Marc Friedrich: Deutschlands Geschäftsmodell ist am Ende!
Detuschland: Einst Exportweltmeister, jetzt immer weiter abgehängt. (Foto: dpa)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Russland-Sanktionen und Corona-Maßnahmen entfalten ihre volle Wirkung, und zwar in dem sie Deutschlands Geschäftsmodell beenden: Der Exportweltmeister ist in die 2. Bundesliga abgestiegen. Der Exportüberschuss hat sich pulverisiert auf nur noch marginale 0,5 Milliarden Euro im Mai. Damit ging der Handelsbilanzüberschuss in den ersten fünf Monaten 2022 um 70,7 Prozent zum Vorjahr zurück.

Deutschland verliert massiv an Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit, was Arbeitsplätze, soziale Sicherheit und Wohlstand kosten wird.

Wer soll in Zukunft der Zahl- und Transfermeister in Europa sein, um die EU und den Euro stetig zu retten? Italien? Frankreich? Spanien? Spaß beiseite, Deutschland wird es nicht mehr leisten können, wenn man seine industrielle Basis zerstört und keine neue hat. Man hat sich selbst ins Abseits katapultiert durch politische Fehlentscheidungen und eine Hybris.

Die Frage, die sich dann stellt: Wird die EU und der Euro überleben? Die Chancen schwinden parallel mit der Zerstörung der deutschen Wirtschaft. Was noch mehr Verwerfungen mit sich bringen würde. Wir sehen also einen Teufelskreis, der sich gegenseitig bestärkt. Eine Lösung ist weit und breit nicht in Sicht. Ganz im Gegenteil.

Wenn man sich ehrlich machen würde, müsste man zugeben, dass man vor dem Scherbenhaufen einer grandios gescheiterten Energiepolitik steht, die ideologisch verblendet, auf Teufel komm raus durchgezogen wurde. Während wir abschalten, schalten alle anderen ein. Das jetzt auch noch die EU mit der Taxonomie Gas und Atom als „grün“ eingestuft hat, ist ein Gong auf die 12 und die totale Bankrotterklärung der deutschen Energiepolitik der letzten Jahre.

Auch muss man zugeben, dass die Russland-Sanktionen gescheitert sind und uns am härtesten treffen, während Putin mit seinen Gas- und Ölverkäufen soviel Geld verdient wie noch nie.

Wir dürfen nicht vergessen: Deutschland ist abhängig von billigen Rohstoffen und deren Verfügbarkeit. Während wir die Grundlage für unsere Wirtschaft und Versorgungssicherheit verlieren, kaufen andere Länder wie Indien, China, Brasilien und Türkei nur zu gerne die wichtigen Rohstoffe aus Russland ein. Wo wir wieder bei dem Thema Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität wären. Besonders amüsant ist, dass Indien russisches Gas an uns teurer weiter verkauft. Kann man sich nicht ausdenken….

Die einstige Zugpferd der deutschen Wirtschaft, die Autohersteller, können als Paradebeispiel für den Abstieg herhalten. 2021 sank schon die Produktion um 11,7% um jetzt im 1. Halbjahr nochmals 2,9% zum Vorjahr zu verlieren.

Ob unsere Autofirmen den Transformationsprozess vollziehen und überleben, steht in den Sternen. Ebenso, ob die mobile Zukunft tatsächlich elektrisch ist und woher der dafür benötigte Strom (von den Rohstoffen fange ich erst gar nicht an) eigentlich kommen soll? Fakt ist: Grundlastfähig sind aktuell weder Sonne noch Wind.

„What a time to be alive“ - Dieser englische Spruch ist so wahr wie noch nie, denn wir erleben Geschichte. (Wir erleben Historisches - mein aktueller Vortrag). Ein jeder spürt es: Die Zeitenwende ist im vollen Gange und es bröckelt an allen Ecken und Enden.

Anbetracht dieser Gesamtsituation finde ich es besonders sportlich, dass die deutsche Politik sich jetzt erstmal 2 Monate entspannt in den Sommerurlaub verabschiedet, während wir uns in der größten Krise seit Jahrzehnten befinden durch Krieg, Inflation, Energiekrise und kaputte Lieferketten - vieles davon haben uns die Sommerurlauber selbst eingebrockt. „Bella Ciao“

Marc Friedrich (Jg. 1975) ist sechsfacher Buchautor. Er publiziert zu unterschiedlichen Themen aus den Bereichen Wirtschaft und Finanzen. Zuletzt erschien von ihm: "Die größte Chance aller Zeiten". Friedrich studierte Internationale Betriebswirtschaft an der Hochschule Aalen. 

Mehr zum Thema:  

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Brückeneinsturz in Baltimore trifft Importgeschäft der deutschen Autobauer
28.03.2024

Baltimore ist eine wichtige Drehscheibe für die deutschen Autobauer. Der Brückeneinsturz in einem der wichtigsten Häfen der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Osterfreude und EM-Fieber: Hoffnungsschimmer für Einzelhandel
28.03.2024

Das Ostergeschäft verspricht eine Wende für den deutschen Einzelhandel - nach einem düsteren Februar. Wird die Frühlingshoffnung die...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft „Made in Germany“ ist wieder gefragt - deutsche Exporte steigen deutlich
28.03.2024

Der Außenhandel in Deutschland hat wider Erwarten zu Jahresbeginn deutlich Fahrt aufgenommen. Insgesamt verließen Waren im Wert von 135,6...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienkrise für Banken noch nicht überwunden
28.03.2024

Die deutschen (Pfandbrief-)Banken sind stark im Gewerbeimmobilien-Geschäft engagiert. Das macht sie anfällig für Preisrückgänge in dem...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tarifkonflikt gelöst: Keine Lufthansa-Streiks zu Ostern
28.03.2024

Nachdem die Deutsche Bahn ihren Tarifkonflikt mit der Lokführergewerkschaft GDL in dieser Woche gelöst hat, scheinen auch bei der...

DWN
Finanzen
Finanzen Der Ukraine-Krieg macht's möglich: Euro-Bonds durch die Hintertür
27.03.2024

Die EU-Kommission versucht, mehr Macht an sich zu ziehen. Das Mittel der Wahl hierfür könnten gemeinsame Anleihen, sogenannte Euro-Bonds,...

DWN
Politik
Politik Bundeswehr unterstützt Strukturwandel in der Lausitz
27.03.2024

In Bernsdorf im Landkreis Bautzen wird ein neues Logistik-Zentrum der Bundeswehr entstehen. Das entschied Verteidigungsminister Boris...

DWN
Unternehmen
Unternehmen EU blockiert Übernahme von ITA Airways und schützt Lufthansa vor sich selbst
27.03.2024

Brüssel hat neue Hürden für die Übernahme der italienischen Fluggesellschaft ITA Airways aufgestellt. Die dänische EU-Kommissarin...