Panorama

Nach Protesten in Sri Lanka: Präsident auf der Flucht

In Sri Lanka wurde ein landesweiter Ausnahmezustand und eine Ausgangssperre verhängt. Der Präsident wollte zurücktreten – ist jedoch jetzt außer Landes geflüchtet.
14.07.2022 11:07
Aktualisiert: 14.07.2022 11:07
Lesezeit: 2 min

Nach massiven Protesten ist der angekündigten Rücktritt von Präsident Gotabaya Rajapaksa bislang ausgeblieben. Bis zum frühen Donnerstagmorgen sei das offizielle Rücktrittsschreiben noch nicht eingegangen, sagte ein Assistent des Präsidialamtssprechers. Rajapaksa hatte am Wochenende angekündigt, sein Amt am Mittwoch niederzulegen, floh aber kurz vor dem erwarteten offiziellen Einreichen seiner Erklärung auf die Malediven.

Die Entscheidung, seinen Verbündeten, Ministerpräsident Ranil Wickremesinghe, zu seinem Nachfolger zur ernennen, hatte zu weiteren Unruhen geführt. Die Demonstranten stürmten am Mittwoch das Parlament und das Büro des Ministerpräsidenten. Nach Angaben der Polizei kam bei den Protesten ein Mensch ums Leben, 84 Personen wurden bei Zusammenstößen verletzt. Wickremesinghe als amtierender Präsident verhängte daraufhin den Notstand und eine nächtliche Ausgangssperre.

Insidern zufolge wollen wichtige Mitglieder der Regierungspartei Wickremesinghe als Präsidentschaftskandidaten unterstützen. Der Ministerpräsident hatte aber unter dem monatelangen Druck von Demonstranten ebenfalls seinen Rücktritt angeboten, um den Weg für eine neue Allparteienregierung freizumachen. Auch Sri Lankas gesamtes Regierungskabinett hat sich zu einer Amtsniederlegung bereiterklärt, sobald eine Einheitsregierung vereinbart werden kann.

Die Flucht des Präsidenten beendet die Herrschaft der Rajapaksa-Familie, die die Politik des südasiatischen Inselstaates mit seinen 22 Millionen Einwohnern in den vergangenen zwei Jahrzehnten dominiert hat. Die Rajapaksas ordneten 2019 Steuersenkungen an, die sich auf die Staatsfinanzen auswirkten, während wegen schrumpfender Devisenreserven die Einfuhr von Treibstoff, Lebensmitteln und Medikamenten eingeschränkt werden musste.

Als Folge ist das stark vom Tourismus abhängige Sri Lanka während der Corona-Pandemie in die schwerste Wirtschaftskrise seit der Unabhängigkeit 1948 gerutscht. Seit Monaten kommt es daher zu regelmäßigen Protesten, zum Teil von Gewalt begleitet. Die Bevölkerung macht Präsident Rajapaksa dafür verantwortlich. Zwar kündigte die Regierung Reformen an, doch dies konnte die Bevölkerung nicht beruhigen.

Update von Donnerstagabend - Präsident per Email zurückgetreten:

Sri Lankas geflüchteter Präsident Gotabaya Rajapaksa hat mit einem Tag Verspätung ein Schreiben mit seinem Rücktritt gemailt. Offiziell verkündet werde dieser aber erst, wenn das Originalschreiben am Freitag auf dem Postweg eintreffe, sagte ein Sprecher des Büro von Parlamentspräsident Mahinda Yapa Abeywardena am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Colombo. Ursprünglich hatte der 73-Jährige angekündet, am Mittwoch offiziell zurückzutreten.

Rajapaksa war am Mittwoch gemeinsam mit seiner Frau in einer Militärmaschine auf die nahe gelegenen Malediven geflogen. Nach Massenprotesten, Rücktrittsforderungen und einem Sturm des Präsidentenpalastes hat er Sri Lanka verlassen. Am Donnerstag flog er nach Singapur weiter, wie das Büro des inzwischen geschäftsführenden Präsidenten Ranil Wickremesinghe bestätigte.

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Politik
Politik Wie wähle ich bei der Bundestagswahl? Deutschland verweigert wahlberechtigten Auslandsdeutschen ihre Stimme abzugeben
22.02.2025

Mehrere Auslandsdeutsche berichten, zu spät oder bislang noch gar keine Wahlunterlagen erhalten zu haben. Nun drohen die Stimmen dieser...

DWN
Politik
Politik Rente mit 63: Wer wirklich von der abschlagsfreien Rente profitiert
22.02.2025

Die abschlagsfreie Rente nach 45 Beitragsjahren ist für Menschen gedacht, die beruflich sehr stark belastet sind. Doch aktuelle DIW-Zahlen...

DWN
Politik
Politik Alternativen zu Trumps Appeasement-Politik gegenüber Russland
22.02.2025

US-Präsident Donald Trump sagt, er wolle der Ukraine Frieden bringen. Aber sein Ansatz kann nicht funktionieren, weil er das Problem der...

DWN
Panorama
Panorama Deutschland "kaputt": Münchaus düstere Prognose für die Wirtschaft
22.02.2025

Deutschland steckt in der Krise – und es gibt kaum Hoffnung auf Besserung. Der deutsch-britische Autor Wolfgang Münchau sieht das Land...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Kündigung rechtssicher zustellen: So vermeiden Sie teure Fehler
22.02.2025

Wie Sie eine Kündigung korrekt übermitteln – von der persönlichen Übergabe bis zum Gerichtsvollzieher. Welche Methoden wirklich...

DWN
Panorama
Panorama Kaffee bald Luxus? Wie durch ein EU-Gesetz, Abholzung und das Wetter die Preise explodieren
22.02.2025

Der Preis für Kaffee ist an den Börsen in den letzten fünf Jahren um das Vierfache gestiegen. Die Ursachen für die Rekordpreise, die...

DWN
Technologie
Technologie Mobilfunk Bahn: Empfang unterwegs verbessert sich endlich
22.02.2025

Wer im Zug telefoniert oder surft, stößt oft auf Funklöcher und langsames Internet. Jetzt verbessert eine neue Technik die Verbindung...

DWN
Politik
Politik 630 Sitze, 29 Parteien, 4.506 Kandidaten: Zahlen zur Wahl
22.02.2025

Die Bundestagswahl 2025 bringt große Veränderungen mit sich: weniger Kandidaten, ein neues Wahlrecht und eine alternde Wählerschaft. Wer...