Finanzen

Vorboten der Krise: Großinvestoren ziehen sich aus Aktien zurück

Eine Umfrage der Bank of America lässt interessante Rückschlüsse auf die Erwartungen großer Anleger zu.
24.07.2022 09:00
Aktualisiert: 24.07.2022 09:00
Lesezeit: 2 min
Vorboten der Krise: Großinvestoren ziehen sich aus Aktien zurück
Ein Händler an der New Yorker Börse. Großinvestoren haben ihr Engagement bei Aktien reduziert. (Foto: dpa) Foto: Allie Joseph/NYSE

Großinvestoren haben in den vergangenen Wochen in bedeutendem Umfang Aktienbestände in ihren Portfolios abgebaut. Ein entsprechender Wert fiel dabei auf den tiefsten Stand seit dem Höhepunkt der Finanzkrise im Jahr 2008, wie aus einer von der Bank of America unter 259 Investitionschef großer Banken, Hedgefonds und Vermögensverwalter hervorgeht.

Bezeichnenderweise stieg der durchschnittliche Anteil der Bargeld-Bestände auf den höchsten Wert seit 21 Jahren und beträgt nun über 6 Prozent, wie die Financial Times berichtet. 58 Prozent der Befragten gaben zudem an, weniger Risiko als sonst üblich einzugehen und verstärkt in defensive, relativ krisenfeste Branchen in den USA zu investieren.

Noch interessanter als die Rückschau auf die Aktivitäten der Geldmanager in den vergangenen Wochen ist, wie sie die Lage an den Finanzmärkten in naher Zukunft einschätzen.

Michael Hartnett, dem Chefstrategen der Bank, zufolge habe der Pessimismus unter den Befragten – die zusammen rund 722 Milliarden US-Dollar an Vermögenswerten verwalten – ein „trostloses Niveau“ erreicht. Insbesondere erwarten 79 Prozent von ihnen, und damit so viele wie nie zuvor, deutliche Einbrüche der Geschäfte in der Wirtschaft und insbesondere bei den Unternehmen. Demnach würden die Erlöse und Gewinne der Unternehmen in naher Zukunft sinken.

Anleger sorgen sich um Ende der Nullzinsen

Den befragten Geldmanagern am meisten Sorgen bereitet die gegenwärtig laufende Normalisierung der Geldpolitik vieler Zentralbanken, insbesondere aber der US-Zentralbank Federal Reserve. Der Abschied von Nullzinsen und die damit einhergehende Verteuerung von Schulden sowie das Ende von Liquiditätszuflüssen in das Finanzsystem könnten aus Sicht der Befragten zu einer Rezession führen.

Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die extrem gestiegenen Schuldenstände in den USA und weltweit keine Normalisierung der extrem expansiven Geldpolitik mehr zulassen. In diesem Zusammenhang macht der abrupte Abbruch der Normalisierung Ende des Jahres 2018 Sinn, als die Federal Reserve angesichts von Kursverlusten in den Aktienmärkten das Ruder herumriss und die Leitzinsen wieder senkte.

„Jede Rally wird nur vorübergehend sein. Der Katalysator für einen nachhaltigen Aufschwung wird eine Kursänderung der Geldpolitik der Fed sein – nachdem diese erkannt hat, dass nicht nur die Wallstreet, sondern auch die Main Street (Sinnbild für die reale US-Wirtschaft – die Redaktion) leidet. Wir sind noch ein ganzes Stück von jenen Aktienkursen entfernt, angesichts derer die Zentralbanker in Panik verfallen und den Kurs ändern.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Russlands Desinformationskampagnen: Wie Europa gegen Putins Trolle kämpft
06.12.2025

Europe wird zunehmend Ziel digitaler Einflussoperationen, die gesellschaftliche Stabilität, politische Prozesse und wirtschaftliche...

DWN
Immobilien
Immobilien Baufinanzierung Zinsen: Entwicklung des Bauzinses 2025 - und wie es 2026 weitergeht
06.12.2025

Nachdem die Zinsen – darunter der Bauzins – in Deutschland seit 2019 eine gewisse Schieflage erreicht haben, scheint nun Ruhe...

DWN
Finanzen
Finanzen Marktausblick 2026: Internationale Aktien und Small-Cap-Aktien sind am besten positioniert
06.12.2025

KI treibt Teile der Weltwirtschaft nach vorn, während andere Branchen stolpern. Gleichzeitig locken Staaten mit neuen Ausgabenprogrammen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Schiene unter Druck: Expertenrunde soll Bahnverkehr stabilisieren
06.12.2025

Wegen anhaltender Probleme im Zugverkehr arbeitet eine neue Taskforce an kurzfristigen Lösungen für mehr Pünktlichkeit und Stabilität...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Automobilindustrie erholt sich: Nachfrage kehrt zurück
06.12.2025

Die europäischen Neuzulassungen ziehen spürbar an und signalisieren eine langsame, aber stabile Erholung der Automobilindustrie. Doch...

DWN
Technologie
Technologie Bidirektionales Laden in Schweden: E-Autos und Solaranlagen bieten neue Energie für Haushalte
06.12.2025

In Schweden entwickelt sich eine neue Form der dezentralen Energieversorgung, bei der Haushalte Strom selbst erzeugen und intelligent...

DWN
Politik
Politik Benelux-Einigung: Wie ein radikaler Zusammenschluss Europa herausfordern würde
06.12.2025

Mitten in einer Phase wachsender geopolitischer Spannungen nehmen belgische Politiker eine Vision wieder auf, die lange undenkbar schien...

DWN
Politik
Politik Trumps US-Sicherheitsstrategie und die Folgen für Europa
05.12.2025

Donald Trumps neue US-Sicherheitsstrategie rückt Europa ins Zentrum – allerdings als Risiko. Das 33-seitige Papier attackiert...