Klaus Porwoll, Honorarberater von der PecuniArs Gesellschaft für strategische Anlageberatung mit Sitz in Berlin spricht mit den DWN über verschiedene Anlagestrategien, Rohstoffinvestments und über die Möglichkeiten sich gegen die Inflation zu schützen.
Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Schützen direkte Rohstoffinvestments Ihrer Ansicht nach gegen Inflation?
Klaus Porwoll: Wenn man das genau analysiert, dann stellt man fest, dass die langfristige inflationsbereinigte Preissteigerung für alle Rohstoffgruppen zusammen, also Energie, Edelmetalle, Basismetalle, Mineralien und Agrarrohstoffe, sehr niedrig ist. Sie liegt im Zeitraum zwischen 1901 und 2015 bei 0,2 Prozent im Schnitt pro Jahr. Und auch seit 2015 entwickelten sich die Rohstoffkurse insgesamt seitwärts. Zwar stiegen sie 2021 etwas stärker an, das war aber auf die eher vorübergehenden Probleme auf der Nachfrageseite zurückzuführen. Denn dort standen einem erhöhten Bedarf durch den Aufschwung nach den Lockdowns erhebliche Lieferengpässe gegenüber. Energierohstoffe liefen übrigens etwas besser als die anderen Rohstoffgruppen. Sie verzeichneten in den vergangenen 150 Jahren eine etwas bessere preisadjustierte Rendite als die vier anderen Hauptgruppen.
Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Was ist mit dem Argument, dass Rohstoffe ein Portfolio besser diversifizieren?
Porwoll: Direkte Rohstoffinvestments als Depotbeimischung und zur Risikodiversifizierung bieten sich nur theoretisch an. Positiv ist sicher, dass die Rohstoffmärkte mit den traditionellen Anlageklassen kaum korrelieren. Wirklich hilfreich sind sie aber nur dann, wenn sie in schwierigen Krisen eine positive Rendite erzielen, um die Verluste in anderen Anlageklassen abzufedern. Wenn man sich aber die langfristigen Renditen und das eingegangene Risiko bei Rohstoffen in der Vergangenheit anschaut, sehen diese im Verhältnis zu Aktien eher schlecht aus.
Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Bestimmte Rohstoffe werden auch empfohlen, weil sie von der steigenden Nachfrage im Zusammenhang mit der Energiewende profitieren. Was ist davon zu halten?
Porwoll: Grundsätzlich sind Rohstoffe nicht endlich, wie gern behauptet wird. Übrigens wurden auch keine der angeblich begrenzten Energierohstoffe in den vergangenen Jahren verbraucht. Auch werden immer wieder neue Abbautechnologien wie Fracking entwickelt, die helfen, den Bedarf zu decken. Dazu kommt noch ein weiteres Problem bei direkten Rohstoffinvestments: Abgesehen von Edelmetallen ist die Lagerung von Rohstoffen auf Grund der hohen Kosten wirtschaftlich unrentabel oder in manchen Fällen auch gar nicht möglich. Direkte Rohstoffanlagen sind deshalb nur über Futures, also Warentermingeschäfte, umsetzbar. Aber auch hier sind die preisbereinigten Renditen mit zwei Prozent pro Jahr in den vergangenen rund 50 Jahren recht überschaubar.
Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Und wenn jemand trotzdem die Anlageklasse Rohstoffe beimischen möchte?
Porwoll: Derjenige muss zunächst einmal bedenken, dass Rohstoffe keine laufenden Erträge abwerfen. Bei Aktien gibt es Dividenden, bei Anleihen die laufenden Kuponzahlungen und bei einer Immobilie die Mieteinnahme. Bei Rohstoffen können Sie aber nur hoffen, dass Ihnen diese jemand zu einem späteren Zeitpunkt zu einem höheren Preis wieder abkauft. Wenn jemand zur Risikodiversifikation dennoch investieren möchte, der sollte dies über einen Exchange Traded Fund auf einen Rohstoffindex tun. Einen Anteil von fünf bis zehn Prozent am Gesamtportfolio sollte das aber nicht übersteigen.
Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Sind Rohstoffaktien eine Alternative?
Porwoll: Auch das ist wohl nicht der richtige Ansatz, denn Analysen belegen, dass die meisten Rohstoffaktien hinsichtlich der Wertentwicklung einer unmittelbaren Investition in Rohstoffen unterlegen waren und sie auch nur eine moderate Korrelation aufwiesen. Dazu kommt noch ein weiteres Problem: Wenn Sie nun wirklich gezielt in Rohstoffaktien investieren, kann es zu Unwuchten im Portfolio kommen. Sie gelten als sehr volatil, weshalb die Portfolioausrichtung dann vielleicht nicht mehr zur individuellen Risikoneigung des Anlegers und seinen Anlagezielen passt. Deshalb würde ich davon abraten.
Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Was empfehlen Sie Ihren Kunden dann im aktuell schwierigen Umfeld?
Porwoll: Wir haben es derzeit in der Tat mit einer Vielzahl an Krisen zu tun. Neben dem Krieg in der Ukraine haben wir rekordhohe Inflationsraten und die damit einhergehende, sehr aggressive Zinswende. Dazu kommen Befürchtungen über eine mögliche Rezession. Dennoch rate ich Anlegern Ruhe zu bewahren und die Situation gründlich zu analysieren, bevor jemand überstürzt handelt und seine Aktien und Anleihen verkauft und alles in Rohstoffe, Gold und Bargeld investiert. Stattdessen sollte man sich bewusst machen, dass Kursschwankungen – auch im aktuellen Ausmaß – immer wieder vorkommen.
Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Und was sind Ihre konkreten Anlageempfehlungen?
Prowoll: Ich empfehle meinen Kunden immer ein gut diversifiziertes Portfolio aus globalen Anleihen und Aktien. Das reduziert Risiken in Krisenzeiten und damit die Kursschwankungen auf Portfolioebene, wie wissenschaftliche Untersuchungen zeigen. Interessant ist auch, wie sich Aktien langfristig nach einer Inflation entwickeln. Nach meinen Berechnungen haben sie seit 1975 eine inflationsbereinigte Rendite von rund 7,4 Prozent gebracht. Zum Vergleich: bei Gold waren es nur 3,5 Prozent. Dazu weisen Aktien eine um ein Drittel geringere Volatilität auf als das Edelmetall. Und da Aktien und Anleihen einen laufenden Cashflow bringen, haben sie auch einen theoretisch bestimmbaren fundamentalen Wert. In Krisenzeiten, wie wir sie aktuell haben, bieten sich gerade bei Aktien, die zum Teil deutlich an Wert verloren haben, Chancen. Das heißt, ich empfehle in Aktien investiert zu bleiben und vielleicht sogar nachzukaufen. Denn mit Aktien lässt sich am besten ein gezielter langfristiger Vermögensaufbau betreiben.