Die Preise für Kryptowährungen sind in diesem Jahr stark eingebrochen, auch wenn sie seit zwei Monaten wieder langsam steigen. Zudem melden die Bitcoin-Börsen einen starken Rückgang der Handelsvolumina. Doch nun haben plötzlich die Vermögensverwalter Abrdn, BlackRock und Charles Schwab Geschäfte mit digitalen Vermögenswerten abgeschlossen oder entsprechende Produkte auf den Markt gebracht.
Der Fondsmanager Abrdn mit einem verwalteten Vermögen in Höhe von 508 Milliarden Pfund erwarb diese Woche eine Beteiligung an der regulierten britischen Börse für digitale Vermögenswerte Archax. Durch die Beteiligung erhält Abrdn einen Sitz im Vorstand von Archax. Der Deal ist eine Wette darauf, dass die von von Archax bereitgestellte Technologie den künftigen Wertpapierhandel unterstützen wird.
Auch der weltweit größte Vermögensverwalter BlackRock hat diese Woche nicht nur Pläne für einen Bitcoin-Spot-Trust für institutionelle Anleger angekündigt, sondern auch zugestimmt hat, seine Technologieplattform Aladdin mit der Kryptobörse Coinbase zu verbinden. Letzteres dürfte den 82.000 professionellen Investoren, die Aladdin nutzen, den Weg dahin ebnen, ihren Kunden den Zugang zu Bitcoin zu ermöglichen.
Bereits in der vergangenen Woche hatte der US-Broker und Investmentkonzern Charles Schwab einen börsengehandelten Fonds aufgelegt, der Anlegern den Einstieg in Kryptowährungen ermöglichen soll, ohne dass sie die Währungen tatsächlich kaufen müssen. Und der britische Vermögensverwalter Schroders erwarb im Juli eine Beteiligung an dem Digital Asset Manager Forteus.
Während Fidelity bereits seit fast fünf Jahren Verwahrungsdienstleistungen für digitale Vermögenswerte anbietet und im April sogar eine Bitcoin-Option zu seinem Altersvorsorgeangebot hinzufügte, signalisieren die Aktivitäten dieses Sommers eine breitere Akzeptanz von digitalen Vermögenswerten. "Große Vermögensverwalter fangen an, dies als echte Investition zu betrachten", zitiert die Financial Times Chris Brendler, leitender Forschungsanalyst bei DA Davidson.
Larry Fink von BlackRock: Wandel vom Kritiker zum Unterstützer
Der plötzliche Einstieg der großen Vermögensverwalter der Welt in Kryptowährungen folgt auf jahrelange Kritik, Spott und Verachtung gegenüber der Branche. Auch der Gründer und CEO von BlackRock, Larry Fink, gehörte zu den Kritikern. Im Jahr 2017 sagte er: "Bitcoin zeigt nur, wie groß die Nachfrage nach Geldwäsche in der Welt ist", und fügte hinzu: "Das ist alles, was es ist."
Doch die Lage hat sich umgekehrt. Die großen Vermögensverwalter kommen mit neuen digitalen Geschäften, nachdem der gesamte Kryptowährungsmarkt seit dem jüngsten Bitcoin-Rekordhoch im November letzten Jahres massiv abgestürzt ist. Die Marktkapitalisierung aller Kryptowährungen sank von 3,2 Milliarden Dollar im November auf weniger als 1 Milliarde Dollar im Juni und Juli.
Nach Ansicht von Charley Cooper, dem Geschäftsführer der Blockchain-Firma R3 und ehemaligen hochrangigen Mitarbeiter der US-Finanzmarktaufsicht CFTC, stellen die neuen Krypto-Geschäfte der großen Vermögensverwalter ein Vertrauensvotum dar. "Solche Deals werden nicht in letzter Minute abgeschlossen. Diese Dinge werden seit Monaten, wenn nicht sogar Jahren vorbereitet... Es ist nicht so, dass sie sich spontan dazu entschlossen hätten."
Auch die Aufsichtsbehörden haben längst begonnen, die vielen verschiedenen Produkte im Zusammenhang mit Kryptowährungen zu beobachten. Besonders aufmerksam sind sie bei Krypto-Produkten für Privatanleger. BlackRock umgeht diese verstärkte Aufmerksamkeit der Aufsichtsbehörden, indem es einen privaten Fonds angeboten hat, der nur für institutionelle Anleger zugänglich ist.
Spekulationen auf den digitalen Trend
Der Schwab-ETF investiert in börsennotierte Unternehmen, die vom Angebot von Dienstleistungen für Kryptoanleger oder von der zugrunde liegenden Blockchain-Technologie profitieren wollen. "Wir wissen, dass es sich um eine spekulative Anlage handelt, aber wir haben sie als langfristigen Trend identifiziert", sagte David Botset, Leiter des Aktienproduktmanagements bei der Vermögensverwaltung von Charles Schwab.
Die Beteiligung von Abrdn an Archax ist eine ähnliche Wette. Archax wurde 2018 von den ehemaligen Hedgefonds-Führungskräften Graham Rodford, Andrew Flatt und Matthew Pollard gegründet und bietet institutionellen Anlegern eine Plattform für den Handel mit Kryptowährungen und tokenisierten Wertpapieren wie zum Beispiel Bruchteilen von Unternehmensanteilen.
Mit der Zeit hofft Abrdn, "beträchtliche Einnahmen" zu erzielen, indem es seinen Kunden in tokenisierter Form Zugang zu seinen Fonds verschafft. Auch sollen die Kunden auf der digitalen Börse Archax mithilfe von digitalen Tokens in Vermögenswerte investieren können, die weniger leicht handelbar sind, wie zum Beispiel private Schulden, privates Beteiligungskapital und Immobilien.
"Wir sind der Ansicht, dass das nächste disruptive Ereignis der Übergang vom elektronischen Handel zu digitalen Börsen und dem Handel mit digitalen Wertpapieren sein wird", sagte Russell Barlow, Global Head of Alternatives bei Abrdn, der maßgeblich am Abschluss der Transaktion beteiligt war. "Am Anfang dabei zu sein, wird uns in eine wirklich starke Position bringen."