Deutschland

Überlastete deutsche Infrastruktur verschärft die Energiekrise

Die Bundesregierung befürchtet im Herbst und Winter Engpässe bei der Kohle- und Öl-Versorgung. Hausgemachte Mängel der Infrastruktur verschärfen das Problem.
24.08.2022 19:38
Lesezeit: 1 min

Die Bundesregierung befürchtet zum Herbst und Winter Probleme mit der Kohle-Versorgung für Kraftwerke und der Öl-Versorgung in Ostdeutschland. "Aufgrund der sehr eingeschränkten Binnenschifffahrt, könnten sich die aufgebauten Kohlelager schnell reduzieren", heißt es im "Lagebild Energieversorgung" des Wirtschaftsministerium, das der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch vorlag.

Mit Blick auf Baden-Württemberg heißt es weiter: "Die zusätzlichen Lager, die in Süddeutschland beschafft wurden und noch beschafft werden, können aller Voraussicht nach nicht bis zum Winter befüllt werden."

Grund sei vor allem das Niedrigwasser des Rheins, das keine größeren Kohletransporte per Schiff erlaube. Eine deutliche Verbesserung sei hier nicht zu erwarten. Das überlastete Schienennetz mache die Lieferung per Zug ebenfalls schwierig.

Der Kraftwerksbetreiber EnBW stehe so vor einer Herausforderung, heißt es im Lagebild. Entweder werde Kohle sparend eingesetzt, indem je nach Bedarf die Anlagen hoch und runter gefahren würden. Das erhöhe aber stark die Gefahr von Kraftwerksausfällen. Oder man setze auf einen regelmäßigen Einsatz, was jedoch zu einem deutlichen Mehrverbrauch führe.

Die Bundesregierung hat am Mittwoch eine Verordnung beschlossen, wonach Kohle- und Öl-Transporte auf der Schiene Vorrang bekommen sollen.

Dennoch kommt in dem Papier mit Datum vom Dienstag wenig Zuversicht auf: Aufgrund unterschiedlichster Faktoren wie etwa Baustellen, Engpässe bei den Fahrzeugen und Störfälle komme es zu Verzögerungen und Engpässen im Schienengüterverkehr, heißt es.

"Durch geplante Arbeiten der Deutschen Bahn im Rheintal könnte sich die Situation weiter verschärfen." Steinkohle kommt überwiegend entlang der Rheinschiene aus Nordsee-Häfen wie etwa Rotterdam.

PAPIER: ÖL-EMBARGO FÜHRT ZU HÖHEREN PREISEN

Während von der Regierung die Lage bei der Kohle-Belieferung im Südwesten kritisch gesehen wird, ist bei der Öl-Versorgung der Nordosten. Die Raffinerien von Schwedt und Leuna müssen wegen des Embargos ab Jahresende auf russisches Pipeline-Öl verzichten. Dies werde dann zumindest zu höheren Preisen führen.

"EU-Embargo und deutscher Ausstieg aus Pipeline-Öl mit entsprechender Vorlaufzeit bis Jahresende wäre – wenn auch unter Inkaufnahme von Preissteigerungen und möglichen Einschränkungen - händelbar", heißt es. Die Raffinerie Leuna könne zu rund 75 Prozent mit Öl über den polnischen Hafen Danzig versorgt werden. Dies sei vertraglich gesichert.

Schwedt könne ebenfalls etwa 75 Prozent Leistung erreichen, wenn die Pipeline vom Hafen Rostock "unverzüglich ertüchtigt" werde. Schwedt versorgt große Teile Ostdeutschlands und auch Gebiete Wespolens mit Treibstoff - dazu gehört auch der Flughafen Berlin.

Überlegungen, die Region zusätzlich mit Raffinerie-Produkten aus Westdeutschland zu versorgen, treffen wiederum auf Bahn-Engpässe: "Hohe Nachfrage und knappe Transportkapazitäten im Bereich Schienengüterverkehr führen zu herausfordernder Lage in der Mineralöllogistik. Produkte aus Raffinerien können zum Teil nicht abtransportiert werden."

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank: Zahlungen per Smartphone steigen sprunghaft an
25.12.2025

Immer mehr Menschen zücken zum Bezahlen das Smartphone. Hinter den allermeisten Transaktionen stecken heute noch Debitkarten. Das könnte...

DWN
Finanzen
Finanzen Bankenpleite: Was passiert mit meinem Geld?
25.12.2025

Es ist eine tiefe Angst vieler Menschen – die eigene Bank, der man sein Erspartes anvertraut hat, geht bankrott. Erfahren Sie hier, wie...

DWN
Finanzen
Finanzen Stablecoins vs. Digitaler Euro: Wie digitales Geld den globalen Zahlungsverkehr verändert
25.12.2025

Digitale Zahlungsmittel gewinnen zunehmend an Bedeutung und verändern, wie Geld transferiert und gespeichert wird. Stablecoins dringen in...

DWN
Finanzen
Finanzen Private Debt im Fokus: Steigt das Risiko einer Finanzkrise an den US-Börsen?
25.12.2025

Die jüngsten Insolvenzen in der Autoindustrie haben an den internationalen Finanzmärkten eine neue Debatte über versteckte Risiken im...

DWN
Panorama
Panorama Initiative Jobsuche: Weshalb die Weihnachtszeit perfekt ist
25.12.2025

Während viele glauben, der Arbeitsmarkt schlummere zum Jahresende, öffnen sich gerade jetzt heimlich Türen. Eine erfahrene Coachin...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Tech-Aktien: Tech-Konzerne überflügeln Börsen und gewinnen neue Dominanz
25.12.2025

Die rasant steigenden Bewertungen der US-Techkonzerne verschieben die Kräfteverhältnisse an den globalen Finanzmärkten. Doch wie...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzmärkte zum Jahresende: Wie sich Anleger zwischen Rallye und Korrekturgefahr absichern
24.12.2025

Zum Jahresende verdichten sich an den globalen Finanzmärkten die Signale für Chancen, Risiken und mögliche Wendepunkte. Stehen Anleger...

DWN
Politik
Politik Cyberangriff auf Aeroflot: Wie Hacker Russlands Luftverkehr störten
24.12.2025

Ein Cyberangriff brachte die IT-Systeme von Aeroflot binnen Stunden zum Stillstand und zwang den Flugbetrieb in den Notmodus. Welche...