Die verzweifelte Suche nach Alternativen: Strompreise, die in der vergangenen Woche bis über 700 Euro pro Megawattstunde, und Gaspreise die gleichzeitig über 300 Euro pro Megawattstunde gestiegen sind, führen zu immer größer werdenden Belastungen für die Industrie und die privaten Haushalte.
Und: Eine Verbesserung ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Die Koppelung von Gas- und Strompreis sorgt mittlerweile bundesweit für Unmut. Die Stimmen, die Wirtschaftsminister Robert Habeck auffordern, das sogenannte Merit-Order-System zu reformieren, werden immer lauter. Es mag, einigen Vertretern von Wirtschaftsverbänden zufolge, unter normalen Marktbedingungen funktionieren, aber in Krisenzeiten wie diesen, verschärft es nur noch das Dilemma der Energiekrise.
Merit-Order-System
Zur Erklärung: Die Großhandelspreise für Strom richten sich im Rahmen des „Merit-Order-Systems“ nach dem teuersten Kraftwerk, das zuletzt zur Einspeisung zugeschaltet wurde, um die Nachfrage zu decken. Das sind in der Regel Gas-Kraftwerke, deren teuerster Strom den Strompreis für alle bestimmt. Deshalb auch die Forderung an den Wirtschaftsminister, die Strompreise vom steigenden Gaspreis zu entkoppeln oder den Gaspreis kurzfristig bei der Strompreisbildung zu deckeln.
Während der Industriestandort Deutschland massiv unter den gestiegenen Preisen leidet, suchen sich derzeit auch verstärkt private Haushalte nach alternativen Energiequellen um. Neben der Solarbranche und den Anbietern von Windkraftanlagen erleben derzeit zudem die zwei fossilen Brennstoffe Holz und Braunkohle eine Renaissance. Mit dem Resultat, dass auch dieser Markt sehr schnell auf die Preisentwicklung der Gaspreise reagiert hat und die Preise immer wieder angezogen sind. Obendrein ist der Markt derzeit leergefegt, und weder verheiztes Holz noch verheizte Kohle ist eine langfristige wirkliche Alternative in der Energiekrise.
Die Wärmepumpe als Alternative
Schon eine bessere Alternative zur derzeitigen Preis-Rally auf dem Strom- und Gasmarkt scheint neben Photovoltaik und Windkraft der Markt der Wärmepumpen zu sein.
Die Wärmepumpen gelten ebenfalls als Erneuerbare Energie, weil sie je nach Energiequelle bis zu 80 Prozent Energie aus der Umwelt verwertet. Und: „Die Nachfrage wächst rasant“, sagt Bettina Achleitner, Marketing-Chefin des österreichischen Familienunternehmens Ochsner mit Hauptsitz im niederösterreichischen Haag und Niederlassungen in Deutschland, gegenüber den DWN.
Dabei ist der Absatz nicht erst seit dem Oktober des vergangenen Jahres mit dem ersten Preisanstieg des Gases gestiegen, sondern er sei in den vergangenen fünf Jahren um 80 Prozent angewachsen. Gleichzeitig wird für das kommende Jahr im Vergleich zu diesem Jahr eine Stückzahlerhöhung von 60 Prozent angestrebt.
Lange Wartezeiten
Allerdings: Wie auch bei Photovoltaik- und Windkraftanlagen muss mit Wartezeiten gerechnet werden. Zwar seien viele Erdwärmepumpen in wenigen Wochen lieferbar, allerdings betragen die Lieferzeiten bei Luft- und Wasser-Wärmepumpen bis zu einem halben Jahr. Das hängt vor allem mit Lieferketten-Engpässen bei Rohmaterialien, Chips oder Elektronikbauteilen zusammen, wobei spürbare Entlassungen bei der Nachschubsituation erst zum Jahreswechsel 2023/24 zu erwarten seien.
Ähnlich wie im Bereich der Solarenergie, sind es vor allem private Haushalte, die verstärkt nach Wärmepumpen nachfragen. Allerdings: „Wir beobachten auch eine deutliche Steigerung der Anfragen für Groß- oder Hochtemperatur-Wärmepumpen bei Unternehmen, Gemeinden und Gewerbe“, so Achleitner.
Dabei würden sich die Wärmepumpen auch angesichts der hohen Preise fossiler Energieträger zumindest ab einer Leistungszahl von drei bis vier noch rechnen. Das Ideale wäre jedoch eine Kombination von Photovoltaik und Wärmepumpe. Wenn der unabhängig auf dem eigenen Dach erzeugte Strom der Wärmepumpe zugeführt werden könnte.
Die Leistungszahl der Wärmepumpen
Wärmepumpen ziehen kostenlose Energie aus der Umwelt und benötigen dazu Strom. Die monatlichen Kosten werden vor allem durch den verbrauchten Strom bestimmt. Dabei ist die Leistungszahl einer Wärmepumpe eine sehr wichtige Kennzahl. Solche neuerer Bauart erzielen Leistungszahlen zwischen 3,5 und 5,5. Eine Leistungszahl von 4 bedeutet etwa, dass 1 kW Strom 4 kW Heizleistung liefert, 3 kW kommen kostenlos von Sonne und Umwelt oder aus dem Erdreich.
Allerdings: Im Vergleich zu einer Gastherme sind die Investitionen für eine Wärmepumpe für ein Einfamilienhaus wesentlich höher. Durchschnittlich beginnen die Kosten rein für eine Wärmepumpe bei 12.000 Euro. In der Regel kommen dann noch weitere Umfeldmaßnahmen dazu.
Die gute Nachricht: Wer sich für den Umbau auf eine Wärmepumpe entscheidet, erhält eine großzügige staatliche Förderung. Auch sind sie langfristig günstiger als Öl- oder Gasanlagen.