Die Pläne der neuen Bundesregierung dämpfen die Zuversicht der deutschen Unternehmen. Das ergab eine am Donnerstag veröffentlichte Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters unter den Präsidenten der Spitzenverbände der Wirtschaft. Am meisten sorgen sich die Lobbyisten demnach um die Energiewende. Kritisiert werden auch die Mindestlohn- und Rentenvorhaben von Schwarz-Rot.
Insgesamt beurteilen die Präsidenten des Industreverbandes BDI, des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) und des Handwerksverbandes ZDH die Aussichten für 2014 aber positiv. „Die Industrie ist gut aufgestellt. Die konjunkturelle Lage ist robust, die Weltwirtschaft setzt ihren Wachstumskurs fort“, sagt Ulrich Grillo vom BDI.
Handwerks-Präsident Otto Kentzler sieht seinen Sektor weiter als Konjunkturstütze: „Wir rechnen für 2014 mit leichtem Wachstum“. Und DIHK-Kollege Eric Schweitzer erwartet, dass das kommende Jahr besser laufen wird als 2013. „Auch die Beschäftigung kann nochmals wachsen, wenn nicht Regulierung und Mindestlohn zu viele Spuren hinterlassen.“
Viele Pläne der großen Koalition unter Bundeskanzlerin Angela Merkel stoßen in der Wirtschaft auf Ablehnung. „Neue Belastungen bei den Sozialbeiträgen treffen vor allem den arbeitsintensiven Mittelstand“, kritisiert Kentzler. Auch die fehlende Korrektur der sogenannten kalten Steuerprogression sei ein Problem. Unter dieser versteht man, dass bei steigenden Einkommen ein immer größerer Teil des Zuwachses von der Steuer „aufgefressen“ wird.
DIHK-Präsident Schweitzer sagt, die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen seien nicht besser geworden. „Die Zukunftsthemen und öffentliche Investitionen kommen im Koalitionsvertrag zu kurz.“ Der Kurswechsel bei der Rente sei zudem schlimm. Hier werde die demografische Realität verkannt.
Im Eiltempo hatten Union und SPD zuletzt bereits eine Beitragssenkung in der Rentenversicherung gestoppt, die Arbeitgeber und Arbeitnehmer 2014 um etwa 6 Milliarden Euro entlastet hätte. Damit wollen sie die Rentenkasse zur Finanzierung ihrer Wahlversprechen wie eine höhere Mütterrente füllen.
Auch BDI-Präsident Grillo spart nicht mit Kritik: „Der Koalitionsvertrag stellt keine Weichen für mehr Wachstum und Beschäftigung.“ Er unterziehe die deutsche Wirtschaft „neuen Stresstests“ und „gefährdet die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Deutschland.“
Einig sind sich die Verbandschefs, dass die wohl größte politische Aufgabe die Umstellung auf erneuerbare Energien ist. „Die Bundesregierung muss die Energiewende voranbringen“, fordert Grillo. Dabei müssen die Entlastungen für energieintensive Betriebe rechtssicher gemacht werden. Handwerks-Präsident Kentzler warnt, dass ohne substanzielle Kurskorrektur die Energiewende vor die Wand fahre.
DIHK-Präsident Schweitzer sagte, Energiepreise seien im internationalen Wettbewerb von sehr großer Bedeutung. „Konjunktur- und Wachstumsrisiko Nummer eins bleibt aus Unternehmenssicht die Energiepreisentwicklung.“
Die Merkel-Regierung muss laut Verbänden zudem dringend mehr in die Infrastruktur investieren. Die Beibehaltung einer soliden Haushaltspolitik sowie die Sicherung des Euro halten die Verbände ebenfalls für zentrale Aufgaben.