Politik

Erhöhte Heizölgebühr führt zu Panik-Käufen in der Schweiz

Lesezeit: 2 min
10.01.2014 00:10
Die angehobene Gebühr von Heizöl führte zu Massenkäufen vor dem Jahreswechsel. Auch Strom wird für Unternehmen und Haushalte wieder teurer. Die Stromkonzerne in der Schweiz haben die Energiewende verschlafen. Anstatt rechtzeitig in Solar- und Windenergie zu investieren, fordern sie die Subventionierung von Wasserkraft.
Erhöhte Heizölgebühr führt zu Panik-Käufen in der Schweiz

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Seit dem ersten Januar müssen Haushalte in der Schweiz höhere CO2-Abgaben auf Brennstoffe zahlen. Beim Heizöl steigt die Gebühr um 68 Prozent von 9,5 auf 16 Rappen pro Liter, bei Erdgas von 7 auf 12 Rappen pro Kubikmeter. Die Anhebung der CO2-Abgabe auf Brennstoffe führte zu Massenkäufen vor dem Jahreswechsel. Hausbesitzer konnten vor Jahreswechsel über 100 Franken sparen, wenn sie ihre Heizöltanks rechtzeitig auffüllten.

Auch Strom wird teurer. Für Haushalte und Unternehmen steigen die Netzkosten. „Weil die Netzbetreiberin Swissgrid Geld an Kraftwerke zurückbezahlen muss, verlangt sie mehr für sogenannte Systemdienstleistungen, was bei einem Durchschnittshaushalt etwa 15 Franken pro Jahr ausmachen dürfte“, berichtet das Magazin Schweiz am Sonntag.

Die Abgabe für die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) steigt um 33 Prozent. Pro Kilowattstunde Strom macht das 0,6 Rappen, sodass die Stromkosten für Kleinkunden durch die Ökostromförderung im Schnitt um 1 Prozent steigen.

Der Zubau an erneuerbaren Kraftwerken, die Wind- und Solarenergie fördern hat dazu geführt, dass in Europa zu viel Strom produziert wird. Das drückt die Preise nach unten. Darunter leidet die Schweizer Wasserkraft, die nicht über die KEV gefördert wird und für ihre Umweltverträglichkeit nicht finanziell entschädigt wird.

Im Gegenzug werden die Betreiber von fossilen und nuklearen Kraftwerken noch immer subventioniert und können sie ihre Anlagen weiterhin auf Hochtouren laufen lassen. Der Stromüberschuss wird vor allem in Deutschland produziert (mehr hier).

„Die Schweizer Stromkonzerne sind vor allem in konventionellen Kraftwerken investiert – den Zubau erneuerbarer Energien haben sie verschlafen“, heißt es in einem Bericht der Schweizerischen Energiestiftung (SES). „Weil sie den Markt falsch antizipierten und die Erneuerbaren unterschätzten, stehen sie heute auf der Verliererseite.“ Die Stromkonzerne fordern Subventionen für Wasserkraft, aus dem die Schweiz bereits 60 Prozent ihres Energiebedarfs deckt.

Sie ignorieren, dass für den Atomausstieg auf die Förderung von Solar- und Windenergie notwendig ist. Die SES spricht von „Stromdinosauriern“, die die Energiewende bekämpfen und „die in der Energiestrategie 2050 angedachte Förderung dezentraler, erneuerbarer Energien in der Schweiz bremsen“ wollen, bevor sie Wirkung entwickelt.

Die Energiestrategie 2050 kostet Schätzungen zufolge jährlich 3 Milliarden Franken zusätzlich. Dem Schweizerischen Gewerbeverband (sgv) ist das zu viel. Die Energiewende soll liberaler gestaltet werden. Der SGV will verhindern, dass Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft aufgrund zu hoher Stromkosten sinkt. Allerdings steckt das größte Potenzial „in der Förderung von Ersatzneubauten, dank denen die Energieeffizienz im Gebäudebereich gesteigert werden kann“.

Der Zürcher Nationalrat Bastien Girod (GP) stellt die wirtschaftlichen Chancen der Energiewende in den Vordergrund. Bei sauberer Energie gebe es die größten Wachstumsraten und sei „das Verkaufsargument der Zukunft“. Die Schweiz brauche nur etwa 33 Prozent aus Wind und Sonne, „den Rest kann Strom aus Biomasse sowie ein Ausbau der grossen Speicherkraftwerke decken“, sagte Girod einem Bericht des Politblogs im Nachrichtenmagazin Der Bund zufolge. Die Strategie des Bundesrates, ab 2015 keine neuen Solarstromprojekte mehr mit der KEV zu fördern, hält er für einen Fehler.

Eine Chance besteht in der Förderung des Eigenverbrauches für Strom. Das bedeutet, dass der erzeugte Solarstrom vor Ort genutzt wird und nicht ins Stromnetz eingespeist werden muss. Das reduziert die Netzkosten.

Zusätzlich sollten Kohle und Gas verteuert werden, um die Wasserkraft zu stärken. Die Einführung einer Abgabe auf nicht erneuerbare Stromerzeugung „liesse sich dank dem Herkunftsnachweis für Strom und dem bestehenden Rückverteilungssystem der CO2-Abgabe einfach umsetzen“, so Girod.

Bis Ostern will der deutsche Energieminister Sigmar Gabriel einen Vorschlag für eine Novelle des Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) vorlegen. Bis es zu echten Reformen kommt, bleibt Unternehmen nichts anderes übrig, als ihre Energieeffizienz zu steigern.


Mehr zum Thema:  

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Politik
Politik Flüchtlingswellen und Wirtschaftskrisen: Was ein Zerfall der Levante für Deutschland bedeuten würde
24.11.2024

Die Levante könnte sich zur Achillesferse Europas entwickeln, wenn sich der schwelende Konflikt zwischen Israel und Iran zu einem...

DWN
Panorama
Panorama Alarmierende Umfrage: Kriege und Klimakrise belasten Schüler in Deutschland
24.11.2024

Eine neue Umfrage zeigt: Viele Schülerinnen und Schüler in Deutschland sind von Sorgen geplagt. Kriege, Klimakrise und Leistungsdruck...

DWN
Politik
Politik Nato-Generalsekretär trifft sich in Florida mit Trump
24.11.2024

Die zweite Amtszeit von Donald Trump wird in der Nato von vielen Alliierten mit Sorge gesehen. Schon vor dem Machtwechsel reist der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Leerstand in Innenstädten: Decathlon setzt auf Expansion gegen die Krise
24.11.2024

Leerstand prägt deutsche Innenstädte. Doch Decathlon sieht Chancen: Bis 2027 sollen mehr als 60 neue Filialen entstehen – viele davon...

DWN
Finanzen
Finanzen DWN-Sonntagskolumne: The Rational Investor - warum Emotionen bei der Geldanlage schaden
24.11.2024

Als ich gehört habe, dass in einer Umfrage des ZDF vor der US-Präsidentschaftswahl am 5. November 2024 über 70 Prozent der Deutschen...

DWN
Politik
Politik Christian Lindners Vorwurf lautet: SPD strebt "Zerstörung" der Liberalen an
24.11.2024

Seit dem Bruch der Ampel-Koalition herrscht ein scharfer Ton zwischen SPD und FDP. Nun legt der entlassene Finanzminister nach. Die SPD...

DWN
Unternehmen
Unternehmen VW hält an Werksschließungen fest - Sparansage auch bei Bosch
24.11.2024

Im Streit um Einsparungen bei VW bleibt das Unternehmen hart: Die Kapazitäten sollen schnell runter. Die IG Metall reagiert in der...

DWN
Panorama
Panorama Sammelkarten als Wertanlage: Das Geschäft mit begehrten Karten
24.11.2024

Sammelkarten sind weit mehr als nur ein Zeitvertreib. Besonders seltene Karten erzielen zum Teil Rekordpreise. Was steckt hinter diesem...