Finanzen

Crash-Signal: Aktienkäufe auf Kredit erreichen Allzeit-Hoch

Im letzten Jahr stiegen Aktienkäufe auf Kredit auf ein neues Allzeithoch von 445 Milliarden Dollar. Damit ist das Vorkrisen-Niveau vom Juni 2007 deutlich überschritten. Kurz darauf stürzten die weltweiten Aktienmärkte ab.
29.01.2014 00:04
Lesezeit: 2 min

Die Banken vergeben so viele Kredite an Spekulanten wie noch nie zuvor. Die Aktienkäufe auf Kredit an der Wall Street stiegen allein im Dezember nochmals um 21 Milliarden Dollar an. Damit stehen sie mit 445 Milliarden Dollar auf einem neuen Allzeithoch und deutlich über dem Vorkrisen-Niveau vom Juli 2007. Wenige Wochen bevor die Blase am US-Hypothekenmarkt platzte, lagen die Aktienkäufe auf Kredit noch bei 425 Milliarden Dollar.

Bei Aktienkäufen auf Kredit (Englisch: margin debt) leiht sich ein Händler Geld, um damit Aktien zu erwerben. Dabei wird eine bestimmte Grenze (Englisch: margin) festgelegt, unter die der Wert der Aktien nicht fallen darf. Solange die Kurse steigen, kann der Händler den Kreditgeber auszahlen und sich die verbliebene Summe als Profit sichern. Sollten die Kurse jedoch unter die festgelegte Grenze fallen, fordert der Kreditgeber den Händler auf, Kapital nachzuschießen (Englisch: margin call). Der Händler muss dann entweder zusätzliches Kapital auftreiben oder seine Aktien verkaufen, um die Kredite zu begleichen. Dies wiederum kann zu massiven Panikverkäufen an den Börsen führen.

Die Gewinner eines margin calls werden wie immer die Banken sein. Zwar bleiben sie auf massenhaft faulen Krediten sitzen, doch dafür erhalten sie auch große Mengen an Aktien. Auch wenn diese im Falle einer Panik zunächst stark an Wert verlieren, sichern sich die Banken damit langfristig mehr Kontrolle in großen Unternehmen.

Ein weiterer schockierender Indikator zeigt, wie stark die Investoren am Aktienmarkt mittlerweile gehebelt sind (English: investor net worth). Dabei werden bereits geleistete Kreditzahlungen zu offenen Forderungen ins Verhältnis gesetzt. Diese Zahl stieg auf atemberaubende 148 Milliarden Dollar an, wie Zero Hedge berichtet. Damit liegt sie fast doppelt so hoch wie vor dem Ausbruch der Krise im Juni 2007, als sie 79 Milliarden Dollar erreichte. Heute sind Investoren demnach mit bis zu fünfmal mehr Fremd- als Eigenkapital am Aktienmarkt unterwegs. Dementsprechend tief wird der Fall, sollten die Kurse mal längere Zeit ins Minus drehen.

Die Flut des billigen Geldes, die von den Zentralbanken ausgelöst wurde, treibt die Aktienmärkte weiter in diese Richtung. Sie bläht die Börsen weltweit auf, wodurch Investoren und Banken in ihrer Gier den Markt als risikolos einstufen. Alles, was es dann braucht, ist ein auslösendes Ereignis, um die Kurse abstürzen zu lassen. Das Volumen der Aktienkäufe auf Kredit ist ein Indikator für die Blasenbildung an den Finanzmärkten. Ähnlich risikofreudiges Verhalten konnte kurz vor dem Platzen der Dotcom-Blase (2000) und vor Ausbruch der Finanzkrise (2007) beobachtet werden.

„Wenn ein Ereignis eintritt, was den vielzitierten ‚margin call‘ auslöst, werden wir den Beginn eines Domino-Effekts sehen.“, sagt Quincy Krosby, Markt-Analyst von Prudential Annuities.

Ein solches Ereignis könnte zum Beispiel ein massiver Ausfall von Krediten am Immobilienmarkt sein, wie schon im Jahr 2007. Es könnte auch die Abwicklung einer Bank in Folge des EZB-Stress-Tests sein (mehr hier). Es könnten steigende Zinsen an den Anleihemärkten sein. Oder es könnte ein Krieg zwischen Japan und China sein. Während des Weltwirtschaftsforums rückte diese Gefahr wieder in den Vordergrund, wie Zero Hedge berichtet.

Letztlich wird die globale Vernetzung des Finanzsystems auch zu seiner Zerstörung führen, wie Matthias Weik und Marc Friedrich treffend darlegen (hier). Wenn der „margin call“ kommt, wird dies eine Kettenreaktion von weltweitem Ausmaß lostreten.

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