Unternehmen

Brutaler Raubzug: Banken treiben Firmen in die Pleite

Die Banken haben eine neue Methode entwickelt, um Unternehmen in die Pleite zu treiben und danach billig zu übernehmen. In Großbritannien wurden Fälle bekannt, die in ihrer Brutalität selbst abgebrühten Beobachter einen kalten Schauer über den Rücken jagt.
03.02.2014 00:19
Lesezeit: 2 min

Die bereits in zahlreiche Skandale verwickelte Royal Bank of Scotland (RBS) hat offenbar gut aufgestellte Mittelständler bewusst in finanzielle Schwierigkeiten gebracht, um von ihrer Notlage zu profitieren. Die RBS setzte zu diesem Zweck eine eigene Gesellschaft ein: Die „Global Restructuring Group“ (GRG). Wenn ein verschuldetes Unternehmen in diese Division der Bank verschoben wird, hat es kaum noch eine Chance, zu überleben.

Durch exorbitante Gebühren und Aufschläge sowie willkürliche Auflagen trieb die Bank die Firmen immer weiter in die Verschuldung. Damit nutzte sie die Notlage der Unternehmen aus und forcierte letztlich die Beschlagnahmung des Vermögens, um sich wertvolles Unternehmenseigentum zum Schleuderpreis einzuverleiben.

Dies geht aus einer Untersuchung des Wirtschaftsfachmanns Lawrence Tomlinson aus dem gleichnamigen Tomlinson Report hervor.

„Es gibt eine riesige Menge an Hinweisen, die darauf hindeuten, dass die RBS gesunde, gut gehende Betriebe in finanzielle Schwierigkeiten gestürzt hat,“ sagte Tomlinson.

Gebühren und Aufschläge zu den Krediten wurden nach und nach massiv erhöht und Kreditlinien und Dispositionskredite willkürlich gekürzt oder gar gestrichen. So gab es Fälle, in denen die Bank regelrechtes Schutzgeld aus einem Unternehmen presste: Die Firma musste 40.000 Pfund bezahlen, damit der Kredit verlängert wurde.

Die Manager der betroffenen Firmen gaben zu Protokoll, die Banker von der GRG hätten verlangt, dass die Firma ihre Rechnungen bei Lieferanten nicht mehr bezahlen durften. Dadurch wurde das Kredit-Ranking der Unternehmen schlechter, die Unternehmer verloren an Wert: Die Bank erhielt das Recht, die Schulden in Unternehmensanteile zu verwandeln. Denn der Trick besteht darin, dass die Bank das Unternehmen neu bewerten lässt: Fällt die Bewertung unter einen gewissen Level, kann die Bank die Unternehmensanteile erwerben. Dies geschieht, so der Bericht, unter anderem durch Gutachten, die von der Firma bezahlt werden müssen, die die Firma jedoch nicht einsehen darf.

So konnte die Insolvenzmaschinerie in Gang gesetzt werden und die Bank behielt als Trophäe die teilweise stark unterbewerteten Vermögenswerte.

Anscheinend werden die Firmen regelrecht erpresst, um an deren Sicherheiten zu kommen. Bewertungsagenturen werden eingesetzt, um die Vermögenswerte als minderwertig zu deklarieren. Kommt das gesamte Firmeneigentum unter den Hammer, profitiert die Bank von den Assets, die sie sich entweder selbst aneignet oder zu weitaus höheren Preisen weiter verkauft.

Zu den „Käufern“ zählt, wie der Bericht ermittelt hat, eine Firma namens „West Register“: Diese Firma ist eine Tochter der RBS, in der die Bank ihre Portfolio-Beteiligungen gebündelt hat. Das bedeutet: Die RBS treibt mittelständische Unternehmen in die Pleite, filetiert sie, und verkauft die Assets unter Wert an sich selbst. Rechtliche Regelungen, dass es hier einen ganz klaren „Interessenkonflikt“ gibt, hat die Bank nicht eingeführt.

Die Chancen der Mittelständler, sich rechtlich zu wehren, sind gering: Wie der Bericht feststellt, haben die beiden großen Banken Großbritanniens, die dieses Geschäft praktisch als Duopol betreiben können (RBS und Barclays) mit allen britischen Anwaltskanzleien Verträge, die den Anwälten verbieten, für Prozessgegner der Banken zu arbeiten. Abgesehen von den hohen Kosten, die durch die Prozesse entstehen, ist den Unternehmen faktisch der Rechtsweg abgeschnitten, weil sich die Banken die Anwälte durch sogenannte „conflict-of-interest“-Regeln regelrecht gekauft haben.

„Durch die Zerstörung von gesunden Unternehmen hat die RBS nicht nur das Leben von tausenden Menschen ruiniert, sondern auch unsere wirtschaftliche Erholung behindert und die Lage von Millionen hart arbeitenden Briten verschlimmert“, äußerte sich Wirtschaftsfachmann Tomlinson.

Die Royal Bank of Scotland weist die Vorwürfe eher gelangweilt zurück: Ihre Tochterfirma Global Restructuring Group (GRG) beteuerte, sie hätten nur versucht, finanziell gefährdete Firmen wieder auf tragfähige Fundamente zu stellen, so ein Sprecher.

Indessen beschäftigt sich die britische Bankenaufsicht mit dem Fall.

Die RBS ist bereits tief in Skandale verstrickt. Deren Banker manipulierten den Referenz-Zinssatz Libor und möglicherweise auch Devisenkurse. Für die Libor-Manipulation musste die RBS inzwischen 455 Millionen Euro Buße zahlen.

 

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