Finanzen

Deutsche Bank Chef Fitschen rastet aus und attackiert Kritiker

Deutsche Bank-Chef Jürgen Fitschen hat bei einer Diskussion die Banken-Kritiker attackiert. Sie säßen im Elfenbeinturm und hätten keine Ahnung vom Banken-Geschäft. Martin Hellwig, einer der profiliertesten Banken-Kritiker konterte und sagte, Fitschen solle zur Kenntnis nehmen, was in den vergangenen zehn Jahren passiert sei.
28.02.2014 18:31
Lesezeit: 3 min

Jürgen Fitschen hat bei einer Diskussion die Nerven verloren und fachkundige Kritiker der Banken-Exzesse wüst beschimpft: Bei einer Finanzkonferenz übte der Co-Chef der Deutschen Bank heftige Kritik an den Aufsichtsbehörden und legte sich mit Diskussionspartnern aus Politik und Wissenschaft an. Die Fortschritte, die der Finanzsektor in den vergangenen Jahren gemacht habe, würden überhaupt nicht gewürdigt, sagte Fitschen am Freitag bei einer Podiumsdiskussion in Frankfurt dem Bundestagsabgeordneten Gerhard Schick von den Grünen.

Fitschen:

"Wenn Sie Zweifel haben, Herr Schick, vielleicht geht es, dass Sie mal zu unserer Vorstandssitzung kommen", schlug der Manager vor. "Ich glaube, Sie wären überrascht, was wir da alles so besprechen."

Auch mit Martin Hellwig vom Max-Planck-Institut, der deutlich höhere Kapitalpuffer für Banken fordert, geriet Fitschen aneinander. Hellwig sitze im Elfenbeinturm und stelle utopische Forderungen, statt pragmatische Lösungen zu suchen, sagte Fitschen. Auch Hellwigs Forderung, dass Geldhäuser kleiner werden sollen, lasse sich nicht bei jedem Institut umsetzen. "Wenn sie eine solche Konsolidierung wirklich propagieren, dann müssen sie in Kauf nehmen, dass es Institute gibt, die größer werden. Nur mit ein paar wenigen kleinen Banken können sie eine Volkswirtschaft heute nicht unterstützen."

Hellwig ist einer der angesehensten Banken-Experten der Welt. Gemeinsam mit der US-Ökonomin Anat Admati hat er das Buch "Des Bankers neue Kleider" geschrieben, in dem er - sehr nüchtern - festgestellt hatte, dass die Banken im Grunde einfach zu regulieren wären. Doch die Politik habe, statt zu regulieren, "einen Anreiz zur Finanzierung durch Schulden" geschaffen.

Admati hält vor allem die Eigenkapitalvorschriften für Banken für absolut unzureichend (mehr hier im Interview).

Doch Fitschen will auch über den Extremfall - also einen Crash der DB - nicht diskutieren. Der Spiegel berichtet:

Schon die Frage danach, was passieren würde, wenn die Deutsche Bank Chart zeigen einmal schnell abgewickelt werden müsste, hält Fitschen für unangebracht. "Was soll das? Ich hab kein Verständnis dafür", herrscht er den Moderator an.

Fitschen war Ende 2013 bereits mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble aneinandergeraten, was in der Öffentlichkeit und auch bei Investoren kritisch gesehen wurde. Mit Kritik hinter dem Berg halten will der Manager allerdings auch künftig nicht. Ihn ärgere die Behauptung, dass große Institute wie die Deutsche Bank nicht abgewickelt werden könnten, sagte er. Dabei habe die Bank eine Art Testament ("living wills") bei den Aufsichtsbehörden eingereicht. Diese Notfallpläne sollen helfen, Finanzinstitute im Falle einer Schieflage abwickeln zu können.

 

Fitschen:

"Ich frage: Wer hat das denn mal gelesen? Herr Schick, Herr Hellwig, haben sie sich das mal angetan?", fragte Fitschen. "Sie haben es nicht getan, das weiß ich."

Kritisch sieht Fitschen auch die verschärften Vorschriften für ausländische Geldhäuser in den USA. Die Notenbank Federal Reserve (Fed) hat kürzlich ein Regelwerk verabschiedet, das 15 bis 20 ausländische Institute zwingt, eigene Zwischenholdings in den USA zu gründen, in denen ihr Geschäft dort gebündelt ist. Diese müssen eigenständig mit Eigenkapital und den nötigen Barmitteln ausgestattet werden. Einige europäische Banken müssen deshalb die Kapitalpolster ihrer amerikanischen Töchter aufstocken oder deren Bilanzsumme reduzieren.

"Es gibt jetzt etwas, mit dem wir auch leben können", sagte Fitschen. Die Lösung sei aber nicht optimal, weil sie Schule machen werde. "Meine Befürchtung ist, dass das, was wir jetzt in Amerika verwirklicht sehen, nur der Ausgangspunkt ist für eine Entwicklung, die nicht mehr anzuhalten ist", sagte er. "Das ist nicht das Ende des Global Banking, aber eine andere Welt, deren Konsequenzen wir heute noch nicht überschauen." Die Fed zieht mit den Vorschriften ihre Lehren aus der Finanzkrise, in der sie den Töchtern ausländischer Banken Liquiditätsspritzen verabreichen musste, um sie am Leben zu halten.

Fitschen ist dagegen der Ansicht, dass die US-Behörden dem Urteil der heimischen Aufseher der Auslandsbanken vertrauen sollten. "Wenn wir diese Systeme jetzt nationalisieren, wird sehr viel Kapital und Liquidität lokal eingerahmt und steht nicht zur Verfügung, um grenzüberschreitend zu arbeiten", sagte der Deutsche-Bank-Chef. "Diejenigen, die am meisten leiden werden, werden die Länder sein, die am meisten davon profitiert haben - nämlich die Entwicklungsländer."

Aus vielen Schwellenländern ist zuletzt Geld abgeflossen, weil Anleger wieder verstärkt in den USA investieren, wo die Notenbank die Geldpolitik langsam strafft. Aus Sicht von Fitschen könnten sich diese Problem durch nationale Regulierungsvorschriften für Geldhäuser verschärfen. Bisher hätten die Institute maßgeblich dazu beigetragen, dass Kapital in die Schwellenländer fließt und damit das starke Wachstum in diesen Staaten erst ermöglicht, sagte Fitschen. Die Banken hätten damit einen großen Anteil daran, "dass die Weltwirtschaft in den letzten Dekaden schneller gewachsen ist als jemals zu vor". In der öffentlichen Diskussion spiele das aber keine Rolle. "Dieser Beitrag wird überhaupt nicht gewürdigt."

Hellwig konterte die Tiraden Fitschens kühl, wie der Spiegel berichtet:

"Sie sagen, wir sollten etwas mehr zur Kenntnis nehmen, was die Banken tun", kontert der Wirtschaftsforscher Fitschens harte Worte. "Ich glaube, Sie sollten etwas mehr zur Kenntnis nehmen, was in den letzten zehn Jahren passiert ist."

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