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EU stellt Energieplan vor, Gaspreis steigt massiv an

Die Gaspreise in Europa sind sprunghaft angestiegen, nachdem die EU einen Plan für den Energiesektor vorgestellt hat, der über 140 Milliarden Euro in die Kassen der Mitgliedstaaten spülen soll.
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14.09.2022 17:00
Aktualisiert: 14.09.2022 17:00
Lesezeit: 3 min

Die EU hat ihre Pläne für eine Energie-Preisbremse und die Abschöpfung von sogenannten Zufallsgewinnen von Stromproduzenten vorgestellt. Die Kommission hat dafür am Mittwoch unter anderem einen Höchst-Erlös für die Produzenten von 180 Euro pro Megawattstunde vorgeschlagen. Da die Großhandelspreise, zu denen der Strom verkauft wird, derzeit deutlich höher liegen, soll die Differenz als sogenannter Zufallsgewinn abgeschöpft werden.

Auch Öl-Händler und Raffinerien sollen über eine Abgabe ein Drittel des Profits abtreten, der noch höher als ein Fünftel über dem Schnitt des zu versteuernden Gewinns der letzten drei Jahre liegt. Dies soll schon rückwirkend für 2022 gelten. Zudem will die Kommission am 22. September Pläne vorstellen, wie angeschlagene Versorger mit Liquidität versorgt werden können. Sie müssen beim Einkauf derzeit wegen der hohen Preise erheblich in Vorleistung gehen.

Die EU-Kommission will zudem in Zeiten besonders hoher Strompreise an den Börsen die Staaten zu einer Einsparung von 5 Prozent ihres Verbrauchs zwingen. Damit werde man die Gefahr eines Blackouts oder von Energie-Rationierungen erheblich reduzieren, sagte EU-Energiekommissarin Kadri Simson. Die EU-Staaten wollen die Strom- und Gaspreisbremse noch in diesem Monat beschließen. Dafür soll es am 30. September ein Sondertreffen der EU-Energieminister geben

Die Bundesregierung hatte sich bereits grundsätzlich hinter die Pläne gestellt. Sie will mit den Einnahmen ein Strom-Kontingent für Haushalte und Betriebe verbilligen. Wer darüber hinaus Strom verbraucht, soll dafür dann aber den Marktpreis zahlen. Damit soll ein Anreiz zum Sparen verbunden werden. Das Wirtschaftsministerium hatte vorgeschlagen, bei der Abschöpfung der Gewinne zwischen Ökostrom-Produzenten und Atom- oder Kohlekraftwerke zu unterscheiden.

Besonders strittig dürfte in der EU aber ein diskutierter Preisdeckel für Gas werden. Die Kommission hat dafür nun zunächst eine Studie in Auftrag gegeben, um mögliche Instrumente genauer zu untersuchen. "Wir glauben weiter, dass ein Preisdeckel auf russisches Pipeline-Gas nötig ist, aber es braucht noch mehr Arbeit, um die Auswirkungen auf einzelne Mitgliedsstaaten zu untersuchen", sagte Energie-Kommissarin Simson.

Die Vorschläge der EU-Kommission zur Linderung der Energiekrise werden nach Angaben von Präsidentin Ursula von der Leyen mehr als 140 Milliarden Euro in die Kassen der Mitgliedstaaten spülen. Damit könnten die aktuell explodierenden Preise ausgeglichen werden, sagte von der Leyen in ihrer Rede zur Lage der Union am Mittwochvormittag vor dem Europäischen Parlament.

Die Maßnahmen sind nur einige der Schritte, die von der Leyen zur Eindämmung der Energiekrise, zur Begrenzung der Preise und zur Reduzierung der Nachfrage plant. Weitere vorgeschlagene Maßnahmen sind die Einrichtung einer Wasserstoffbank und die Zusammenarbeit mit den Regulierungsbehörden, um die Liquiditätsprobleme auf den Strommärkten zu lösen.

Die Europäische Union plant auch die Ausarbeitung eines Preisindexes für Flüssiggasimporte, sagte Energiekommissar Kadri Simson bereits am Dienstag. Dies könnte den steigenden Gaspreisen entgegenwirken, während eine zuvor in Erwägung gezogene Preisobergrenze - zumindest vorerst - nicht in den Entwurf aufgenommen wird, da man befürchtet, dass sie die Lieferungen nach Europa bremsen könnte.

LNG soll fehlende russische Pipeline-Gaslieferungen ersetzen und Europa helfen, die Speicher vor dem Winter zu füllen. Allerdings gibt es keinen regionalen Preis für die Einfuhr. Der europäische Referenzpreis, der an den Title Transfer Hub in den Niederlanden gekoppelt ist, ist ein Pipeline-Index und spiegelt das tatsächliche Angebot und die Nachfrage auf dem Markt nicht mehr richtig wider", sagte Simson vor Mitgliedern des EU-Parlaments in Straßburg.

Es ist ungewiss, welche Maßnahmen von den Mitgliedsstaaten angenommen werden, die in der Frage geteilter Meinung sind und die Pläne einstimmig absegnen müssen. Die Tschechische Republik, die den rotierenden EU-Vorsitz innehat, hat für den 30. September eine weitere Dringlichkeitssitzung einberufen, um noch vor Beginn der Heizperiode eine Einigung zu erzielen.

"Monatelanges geopolitisches Gerangel hat den europäischen Gasmarkt in Aufruhr versetzt", zitiert Bloomberg Zongqiang Luo, Senior Analyst bei Rystad Energy. "Der Gasmarkt ist kaputt - aber wie er gestützt oder repariert werden soll, ist eine laufende Diskussion, für die keine klare Lösung in Sicht ist." Die niederländischen Gas-Futures für den Monat handeln am Mittwochnachmittag in Amsterdam um 8,5 Prozent höher bei rund 215 Euro pro Megawattstunde.

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