Finanzen

US-Jobmarkt robust, Fed hat freie Hand für aggressive Zinserhöhung

Im September verzeichnet der US-Arbeitsmarkt überraschend mehr Jobs und weniger Arbeitslose. Investoren erwarten nun, dass die Fed ihre harte Geldpolitik fortsetzt.
07.10.2022 16:01
Aktualisiert: 07.10.2022 16:01
Lesezeit: 3 min

Der US-Arbeitsmarkt zeigt sich überraschend robust und bietet der Notenbank Fed Spielraum für weitere kräftige Zinserhöhungen. Im vorigen Monat kamen 263.000 neue Jobs hinzu, wie die Regierung am Freitag in Washington mitteilte. Von Reuters befragte Volkswirte hatten lediglich mit 250.000 gerechnet, nach 315.000 im August. Die Anzahl der neu geschaffenen Stellen fiel somit im September niedriger aus als in den Vormonaten. "In Anbetracht der erreichten Vollbeschäftigung ist dies aber stimmig", so Chefvolkswirt Thomas Gitzel von der Liechtensteiner VP Bank.

Dazu passt, dass die getrennt ermittelte Arbeitslosenquote auf 3,5 von zuvor 3,7 Prozent sank. Die Notenbank Federal Reserve, die Vollbeschäftigung und stabile Preise fördern soll, will die ausufernde Inflation in Höhe von zuletzt 8,3 Prozent eindämmen. Sie will damit zugleich den heiß laufenden Arbeitsmarkt abkühlen. Dabei blickt die US-Zentralbank insbesondere auch auf Anzeichen, ob sich der Lohndruck wie erhofft in dem angespannten Arbeitsmarkt etwas abschwächt.

US-Jobmarkt überraschend positiv

Die Stundenlöhne stiegen im September wie prognostiziert zum Vormonat um 0,3 Prozent. Die Fed habe nun praktisch freie Hand, die Zinsen weiter anzuheben, sagte Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade. Investoren wüssten, dass die Notenbank zwar eine Rezession, aber keine hohe Inflation toleriere.

Im September stiegen die Stundenlöhne zum Vorjahresmonat um 5,0 Prozent, nachdem sie im August noch um 5,2 Prozent zugelegt hatten. "Weiterhin ist die Zahl unbesetzter Stellen äußerst hoch und das Job-Hopping weit verbreitet. Auch das hält den Lohndruck hoch und die US-Notenbank auf Trab, die Leitzinsen noch mehr zu erhöhen", erläuterte Ökonom Bastian Hepperle von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank.

LBBW-Experte Dirk Chlench sieht es allerdings als gutes Omen an, dass der Zuwachs bei den Stundenlöhnen nicht mehr so hoch ausfällt wie noch vor einigen Monaten. Dies gebe Anlass zur Hoffnung, dass in den Vereinigten Staaten im Gegensatz zur Euro-Zone eine konjunkturell sanfte Landung gelingen werde: "Dementsprechend reagierte der US-Dollar zu Recht mit Kursgewinnen gegenüber dem Euro", so sein Fazit.

Fed wird Zinsen wohl weiter aggressiv anheben

Der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, näherte sich wieder seinem jüngsten 20-Jahres-Hoch und stieg auf 112,43 Punkte. In Erwartung weiterer drastischer Zinserhöhungen der Fed zogen sich Anleger zugleich aus Aktien und Anleihen zurück.

Die Fed treibt den Preis für geliehenes Geld bereits seit Monaten in ungewöhnlich großen Schritten nach oben. Sie hat das Zinsniveau drei Mal in Folge um einen Dreiviertel-Prozentpunkt angehoben - zuletzt auf die Spanne von 3,00 bis 3,25 Prozent. Viele Führungsmitglieder der Fed signalisierten, dass sie an dem aggressiven Zinskurs festhalten wollen - auch wenn die Wirtschaft darunter zu leiden hat. An den Terminmärkten wird die Chance auf einen weiteren Jumbo-Zinsschritt im November auf mittlerweile 92 Prozent taxiert.

Wall Street schwächelt nach robusten US-Jobdaten

Durch starke Arbeitsmarktdaten genährte Zinssorgen haben den Appetit der US-Anleger auf Aktien am Freitag gezügelt. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte verlor gut ein Prozent auf 29.639 Punkte. Der breiter gefasste S&P 500 tauchte um 1,7 Prozent auf 3697 Zähler ab. Der Index der Technologiebörse Nasdaq fiel um mehr als zwei Prozent auf 10.879 Punkte.

Die Börsianer hatten gehofft, schwache Arbeitsmarktdaten würden die Notenbank Fed zu behutsameren Zinserhöhungen bewegen. Der Anstieg der neu geschaffenen Stellen und die Arbeitslosenquote sind aber besser als erwartet ausgefallen. "Für die US-Notenbank Fed ist der heute veröffentlichte Arbeitsmarktbericht eine Randnotiz. Der Informationsgehalt ist gering und der geldpolitische Straffungskurs ist weitgehend für dieses Jahr festgezurrt", kommentierte Thomas Gitzel, Chef-Volkswirt der VP Bank.

Unter Verkaufsdruck gerieten auch die Technologiewerte, nachdem der US-Halbleiterhersteller AMD enttäuschende Zahlen vorgelegt hatte. Die Titel des Chip-Anbieters rutschten um gut sieben Prozent ab. Im Sog von AMD sanken auch die Aktien von Qualcomm, Intel, ON Semiconductors, Lam Research und Nvidia um 2,4 bis 4,8 Prozent. (Reuters)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Wie schützt man seine Krypto-Wallet? CLS Mining ermöglicht Nutzern eine stabile tägliche Rendite von 6.300 €.

Der Kryptowährungsmarkt erholte sich heute umfassend, die Stimmung verbesserte sich deutlich. Meme-Coins führten den Markt erneut an....

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Finanzen
Finanzen Nvidia-Aktie steigt kräftig: Chipgigant begeistert Anleger – Nvidia-Zahlen schlagen Erwartungen
19.11.2025

Die neuesten Nvidia-Zahlen haben die Finanzmärkte erneut aufhorchen lassen. Der Chipriese übertrifft die Erwartungen deutlich und...

DWN
Politik
Politik EU plant Anpassungen an der DSGVO: Mehr Spielraum für KI zu Lasten des Datenschutzes?
19.11.2025

Die Europäische Union plant umfassende Änderungen ihrer Digital- und Datenschutzregeln, um Innovationen im Bereich künstlicher...

DWN
Finanzen
Finanzen Verbraucherumfrage: Debitkarten und Smartphones verdrängen Bargeld in Deutschland
19.11.2025

Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass in Deutschland das Bezahlen mit Debitkarte und Smartphone zunehmend das Bargeld verdrängt. Fast die...

DWN
Politik
Politik Russisches Geld soll nach Kiew fließen - trotz Korruptionsskandals: Von der Leyen schreibt Merz & Co.
19.11.2025

Für die Nutzung der russischen Gelder werben insbesondere Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und von der Leyen. Ihr Plan sieht vor, der...

DWN
Finanzen
Finanzen Rheinmetall-Aktie rutscht ab: Friedenspläne der USA zum Ukraine-Krieg belasten den Rheinmetall-Aktienkurs
19.11.2025

Die Rheinmetall-Aktie gerät nach frischen US-Friedenssignalen erneut in turbulentes Fahrwasser. Analysten bleiben optimistisch, doch die...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen im Fokus: Anleger reagieren auf überhitzte KI-Aktien und reduzieren ihre Positionen
19.11.2025

Investoren an den US-Börsen beobachten derzeit starke Bewegungen im KI-Sektor, während große Akteure gleichzeitig ihr Portfolio neu...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Nach Exportbeschränkungen für Nexperia-Chips: Niederlande geben Kontrolle über Chip-Firma Nexperia ab
19.11.2025

Ende September hatte die niederländische Regierung die Kontrolle über Nexperia übernommen. China reagierte kurz darauf mit einem...

DWN
Finanzen
Finanzen Rentenplus 2026? Wann Ruheständler steuerpflichtig werden
19.11.2025

Rentner aufgepasst: Kommendes Jahr könnten die Renten in Deutschland erneut steigen. Was einerseits erfreulich ist, kann andererseits dazu...