Finanzen

Credit Suisse unter Druck: Kunden ziehen Vermögen ab

Der Schweizer Bank laufen die Kunden davon. Wohlhabende Familien ziehen Hunderte Millionen Dollar Vermögen ab. Die Bank bat einen arabischen Staatsfonds um eine Kapitalspritze.
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19.10.2022 17:00
Lesezeit: 4 min
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Die Lage für die krisengeschüttelte Credit Suisse bleibt weiter angespannt. Nachdem Anfang des Monats Gerüchte am Markt über Liquiditätsprobleme der Schweizer Bank kursierten, waren die Kosten für Kreditausfallversicherungen sprunghaft angestiegen. Der neue CEO Ulrich Koerner bemühte sich daraufhin, die Märkte zu beruhigen, indem er auf die „starke Kapital- und Liquiditätsbasis“ der Bank verwies.

Die Botschaft erzielte in den letzten Tagen zwar die gewünschte Wirkung – die Kosten für Kreditausfallversicherungen fielen wieder – doch die Probleme der Bank bleiben bestehen. Die Credit Suisse gilt als Sanierungsfall und hat einen immensen Kapitalbedarf, den Analysten auf bis zu 9 Milliarden Schweizer Franken einschätzen. Die Aktie ist seit Jahresbeginn um 50 Prozent eingebrochen und handelt auf einem Allzeittief.

Kunden ziehen Vermögen von Credit Suisse ab

Viele Kunden der Credit Suisse sind durch die anhaltenden Negativnachrichten verunsichert und beginnen damit, ihr Vermögen von der Bank abzuziehen. In der Schweiz macht sich offenbar die Sorge breit, die Bank könne im Rahmen eines Bail-Ins das Vermögen der Kunden heranziehen, um ihre Schieflage zu stabilisieren. Anders ist nicht zu erklären, dass Kunden vermehrt ihre Konten bei der Credit Suisse auflösen und zu Konkurrenzbanken mit Staatsgarantien wechseln, wie die Handelszeitung berichtet.

Besonders die Züricher Kantonalbank (ZKB) und Berner Kantonalbank (BEKB) hätten demnach in den letzten Tagen viele Neuzugänge ehemaliger Credit-Suisse-Kunden verzeichnet. Dabei handele es sich vor allem um Kunden „mit großen Vermögen“, zitiert die Handelszeitung anonym den Chef einer weiteren großen Kantonalsbank. Offenbar wollten die Kunden nicht mehr als die von der Einlagensicherung garantierten 100.000 Franken bei der Credit Suisse lassen, so der Bankchef weiter.

Die Kundschaft läuft der Credit Suisse auch im so wichtigen Wealth Management davon. Die Sparte ist insofern von besonderer Bedeutung für die Bank, als dass die Pläne zu einer Restrukturierung, die die Bank nächste Woche präsentieren will, Analysten zufolge darauf aufbaut, dass die Sparte höhere Gewinne abwirft. Ende Juni verwaltete die Credit Suisse noch rund 770 Milliarden Dollar für vermögende Kunden.

Laut eines Bloomberg-Berichts sind es derzeit vor allem wohlhabende Kunden aus Asien und dem Nahen Osten, die der Schweizer Bank den Rücken kehren. Einige Kunden aus Singapur und dem arabischen Raum wollten Bargeld in zweistelliger Millionenhöhe abziehen oder zumindest umschichten. Insgesamt belief sich der Abfluss laut Bloomberg auf „Hunderte Millionen Dollar“ und die Kunden seien infolgedessen von konkurrierenden Banken heiß umworben worden.

Um diese Kunden nicht vollends an die Konkurrenz zu verlieren, habe die Credit Suisse ihren Kunden vorgeschlagen, das Geld zunächst auf Treuhandkonten zu parken, bis sich die Lage beruhigt habe. Der Vermögensabfluss war so groß, dass er zu einem zeitwilligen Rückstau bei den Transaktionen geführt habe. Die Bank selbst wollte den Bericht nicht kommentieren und sagte gegenüber Bloomberg nur, dass sie „in engem Kontakt“ mit ihren Kunden sei und Zahlen über Zu- und Abflüssen „wie üblich vierteljährlich offengelegt“ würden.

Griff die SNB der Credit Suisse unter die Arme?

Die finanzielle Lage der Schweizer Bank spitzt sich dadurch weiter zu und belastet zunehmend den gesamten Bankensektor. So gerieten im Zuge der Credit-Suisse-Probleme auch andere europäische Banken zunehmend ins Visier von Spekulanten – darunter die Schweizer UBS, die französische BNP Paribas sowie die Deutsche Bank.

Die Credit Suisse bemühte sich die Märkte damit zu beruhigen, dass sie eigene Anleihen im Gegenwert von 3 Milliarden Franken vorzeitig zurückkaufte. Damit wollte sie Investoren das Signal senden, dass sie liquide genug sei, um von den derzeit niedrigen Kursen zu profitieren. Das Kalkül ging auf und der Aktienkurs ging in der Folge leicht nach oben.

Benötigte sie dafür sogar die Hilfe der Schweizer Nationalbank (SNB)? Die SNB stellte nämlich den Schweizer Geschäftsbanken nur einen Tag, bevor die Credit Suisse ihre Anleihen zurückkaufen wollte, 3,1 Milliarden Dollar in Form eines 7-Tage-Liquidity-Swaps zur Verfügung. Das Geld wiederum stammte von der US-Notenbank, wie aus einem Bericht der Federal Reserve hervorgeht.

Zwar gab es auch in der Vergangenheit bereits Milliarden-Swaps zwischen SNB und Fed, jedoch nie in dieser Höhe. Die SNB dementierte jedoch auf Nachfrage eines Schweizer Mediums, dass die Liquidity-Swaps mit den Anleiherückkäufen der Credit Suisse zusammenhängen. Zwar würden Zeitpunkt sowie Höhe des Betrages passen, seien aber reiner Zufall. Es handele sich um ein gewöhnliches Prozedere zwischen Notenbanken.

Insider: Credit Suisse bittet Staatsfonds um Kapital

Nur wenige Tage nach dem Anleihe-Rückkauf wurde dann bekannt, dass die Credit Suisse bei mindestens einem Staatsfonds aus dem Nahen Osten um Kapital ersucht hat. Das berichtet die WiWo mit Bezug auf eine mit der Sache betraute Person. Über Höhe und weitere Details der Kapitalspritze äußerte sich der Insider jedoch nicht.

Der Staatsfonds von Katar (Qatar Investment Authority) gehört zu den größten Investoren der Schweizer Bank. Darüber hinaus prüfen die Staatsfonds aus Abu Dhabi und Saudi-Arabien, ob sie in die Credit Suisse investieren sollen, so die WiWo weiter. Dabei würden sie von den derzeit niedrigen Bewertungen profitieren.

Am 27. Oktober will die Credit Suisse ihre Pläne für eine radikale strategische Neuausrichtung vorlegen. Diese beinhalten eine Schrumpfung der Investment-Banking-Sparte sowie einen massiven Stellenabbau, von dem bis zu 6.000 der weltweit 50.000 Mitarbeiter betroffen sein könnten. Zusätzlich zu den Sparplänen gehen Analysten jedoch davon aus, dass die Bank weitere Kapital zur Sanierung benötigt.

Derzeit sucht die Schweizer Bank Käufer für ihre Asset-Management-Sparte in den USA. Das Credit Suisse Asset Management (CSAM) verwaltete Ende des zweiten Quartals weltweit Vermögenswerte im Umfang von 427 Milliarden Franken. Zu den möglichen Bietern auf die Geschäftssparte zählen die Finanzgrößen Apollo Global Management, Mizuho Financial Group, Centerbridge Partners, Pimco und Sixth Street.

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