Das westafrikanische Burkina Faso soll künftig nicht mehr vom Handelsabkommen African Growth and Opportunity Act (AGOA) profitieren. Die Regierung von US-Präsident Joe Biden sei „zutiefst besorgt über den verfassungswidrigen Regierungswechsel“ in Burkina Faso, teilte das Büro des US-Handelsbeauftragten (USTR) am Sonntag zur Begründung mit.
Das Land werde „klare Vorgaben“ für die Wiederaufnahme in das Handelsprogramm erhalten und die Regierung in Washington werde mit der burkinischen Regierung zusammenarbeiten. AGOA gewährt afrikanischen Ländern zollfreien Zugang zu den USA.
Burkina Faso zählt zu den ärmsten Ländern der Welt. Teile des Landes stehen unter Kontrolle von Dschihadisten mit Verbindungen zu Terrororganisationen wie dem Islamischen Staat (IS) oder Al-Kaida. Die Frustration über die wachsende Unsicherheit führte in Burkina Faso im vergangenen Jahr zu zwei Militärputschen – der letzte fand im Herbst 2022 statt.
Die Kämpfe haben in Burkina Faso fast zwei Millionen Menschen vertrieben und zu einer humanitären Krise geführt. In der gesamten westafrikanischen Sahelzone sind bislang Tausende Menschen den Kämpfen zwischen Armee und Extremisten zum Opfer gefallen.
Ranghohe UN-Diplomatin des Landes verwiesen
Burkina Faso hatte kurz vor Weihnachten eine ranghohe UN-Diplomatin des Landes verwiesen. In einer Mitteilung erklärte die Regierung die UN-Koordinatorin für humanitäre Angelegenheiten, Barbara Manzi, am Freitag zur „Persona non grata.“ Die Italienerin sollte noch am selben Tag das westafrikanische Land verlassen. Einen Grund für die Entscheidung wurde nicht genannt.
Manzi, die auch die verantwortliche Koordinatorin für die UN-Mitarbeiter im Land ist, hatte den Familien der UN-Beschäftigten empfohlen, die Hauptstadt Ouagadougou zu verlassen. Im nationalen Fernsehen warf Außenministerin Olivia Rouamba Manzi vor, UN-Diplomaten verboten zu haben, infolge des Putsches mit burkinischen Behörden zu kommunizieren.
Putschisten attackieren französische Botschaft
Einen Tag nach dem Militärputsch in Burkina Faso hatte die französische Botschaft in dem westafrikanischen Land jegliche Beteiligung an den Geschehnissen zurückgewiesen. Der abgesetzte Präsident, Oberstleutnant Paul-Henri Sandaogo Damiba, befinde sich weder in der diplomatischen Vertretung noch auf einem französischen Militärstützpunkt, erklärte die Botschaft am 1. Oktober - und wies damit Vorwürfe der neuen Machthaber zurück.
Ein Vertreter der Junta hatte im staatlichen Fernsehen RTB gesagt, Damiba habe auf dem Stützpunkt Unterschlupf gefunden. Dieser plane, zurückzuschlagen. Berichten zufolge griffen Demonstranten die französische Botschaft an.
Acht Monate nach dem letzten Staatsstreich hatte ein Teil des Militärs um Hauptmann Ibrahima Traoré Ende September erneut geputscht. Die neuen Machthaber warfen Damiba vor, nicht mit „anderen Partnern“ im Kampf gegen den Terrorismus kooperieren zu wollen. Es lieb offen, um wen es sich dabei handelte.
Mit diesen anderen Partnern könnte Russland gemeint sein, welches in Form der Söldnergruppe Wagner zuletzt seinen Einfluss in Westafrika ausgebaut hatte. Der Hinauswurf westlicher Soldaten durch die Regierung des Nachbarlandes Mali fand nicht zuletzt vor dem Hintergrund statt, dass die malische Regierung die Wagner-Söldner gegen Islamisten einsetzen wollte - was die im Land aktiven westlichen Nationen ablehnten.
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Im Dezember 2021 hatte die EU ihre Ausbilder aus der Zentralafrikanischen Republik abgezogen, weil auch dort der Einfluss der Wagner-Gruppe wuchs.
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Nach Angaben eines Mitarbeiters der Deutschen Presse-Agentur in der Hauptstadt Ouagadougou war am 1. Oktober eine kleine Gruppe von Menschen nahe des französischen Stützpunktes auf die Straße gegangen. Sie forderten die französischen Soldaten auf, das Land zu verlassen und versicherten ihre Unterstützung für Putschistenführer Traoré.
Vereinzelt waren auch russische Flaggen zu sehen. In sozialen Medien wurden Aufrufe zu einer Solidaritätsdemonstration für Traoré geteilt, die mit dem Untertitel „Gegen Damiba und Frankreich“ versehen waren.
Frankreichs Außenministerium verurteilte unterdessen Gewalt gegen seine diplomatischen Vertretungen in Burkina Faso „aufs Schärfste.“ „Jeder Angriff auf unsere diplomatischen Einrichtungen ist inakzeptabel. Wir rufen alle Beteiligten dazu auf, ihre Sicherheit gemäß den internationalen Übereinkommen zu gewährleisten“, hieß es am 1.Oktober in Paris. In der Botschaft und im Lagezentrum in Paris seien Krisenstäbe eingerichtet worden, um die Situation zu verfolgen. Die Sicherheit französischer Staatsangehöriger habe Priorität.
Die EU, die Afrikanische Union sowie die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) bedauerten den erneuten Staatsstreich und forderten, dass wie vorgesehen spätestens im Juli 2024 eine Rückkehr zur verfassungsgemäßen Ordnung erfolgen müsse.
Washington will Einfluss ausbauen
Angesichts des wachsenden Einflusses von China und Russland auf dem afrikanischen Kontinent suchen die USA die Nähe zu Staats- und Regierungschefs aus Afrika. Rund 50 Regierungsvertreter aus Afrika hatte die US-Regierung Mitte Dezember deshalb zu einem mehrtägigen Gipfel in Washington geladen. Ziel des Treffens sei es, die Partnerschaft mit dem Kontinent zu stärken, teilte das Weiße Haus mit. Den USA dürfte es aber auch darum gehen, den Kontinent nicht den geopolitischen Konkurrenten überlassen.
China und Russland haben ihren Einfluss in Afrika in den vergangenen Jahren stetig ausgebaut. So sei China ist zu einem wichtigen Kreditgeber in Afrika geworden, insbesondere für Infrastrukturprojekte, sagt Bocus van Staden, politischer Analyst des Südafrikanischen Instituts für Internationale Angelegenheiten. Laut Angaben der Afrikanischen Entwicklungsbank ist China wirtschaftlich in 35 Ländern Afrikas tätig.
Für viele afrikanische Länder sind die Chinesen beliebte Partner: Sie seien schneller bei Entscheidungen und in der Umsetzung von Projekten als westliche Länder und mischten sich weniger in die inneren Angelegenheiten ein. Das ergab eine Umfrage der Friedrich-Naumann-Stiftung unter mehr als 1600 afrikanischen Entscheidungsträgern.
Auch Russland weitet seit einigen Jahren seinen Einfluss in Afrika aus und ist dort willkommener, als es sich der Westen wünschen würde. Viele afrikanische Regierungen stehen den Kreml positiv oder neutral gegenüber. Das zeigte sich auf eindrückliche Weise im März bei der Abstimmung der UN-Vollversammlung zur Verurteilung des russischen Angriffskriegs in der Ukraine: rund 25 der 55 Staaten Afrikas enthielten sich.
Nach Angaben des Peace Research Institute Frankfurt (PRIF) umfasst Russlands Unterstützung für Afrika vor allem drei Bereiche: Rüstung, Nachrichtendienste und Propaganda. Seit 2015 habe Russland rund 19 Militärabkommen mit afrikanischen Regierungen geschlossen, die größten mit Algerien, Ägypten, Angola und dem Sudan. Als Gegenleistung erhalte Russland häufig Bergbaukonzessionen oder geostrategische Vorteile, wie beispielsweise den Zugang zu wichtigen Häfen.
Das Interesse an dem Kontinent ist groß - und auch die Amerikaner wissen, welche zentrale Rolle Afrika künftig spielen wird. Afrika verfügt über eine rasant wachsende Bevölkerung, wertvolle Bodenschätze, vielfältige Ökosysteme, die größte Freihandelszone der Welt und einen großen Stimmenanteil bei den Vereinten Nationen. „Das Gipfeltreffen beruht auf der Erkenntnis, dass Afrika ein wichtiger geopolitischer Akteur ist. Der Kontinent wird die Zukunft nicht nur des afrikanischen Volkes, sondern auch der Welt gestalten“, sagte der Sicherheitsberater von US-Präsident Biden, Jake Sullivan, vor dem Treffen.
Während des USA-Afrika-Gipfels nahm Biden an mehreren Terminen selbst teil. Auf dem Programm stand eine Rede im Rahmen eines Wirtschaftsforums, an dem auch Führungskräfte von mehr als 300 amerikanischen und afrikanischen Unternehmen teilnahmen sowie Gespräche mit einer kleinen Gruppe von Staats- und Regierungschefs im Weißen Haus über bevorstehende Präsidentschaftswahlen, wie die dpa berichtete.
Nicht zu dem Gipfel in Washington eingeladen worden waren die afrikanischen Staaten Mali, Guinea, Sudan und Burkina Faso und Eritrea. Der letzte und bislang einzige USA-Afrika-Gipfel fand vor acht Jahren unter Präsident Barack Obama statt.