Weltwirtschaft

Österreichs RBI macht Milliarden-Gewinn in Russland

Lesezeit: 3 min
28.01.2023 10:32
Raiffeisen Bank International hat im letzten Jahr einen Rekordgewinn erzielt. Wichtigster Ertragsbringer war ihre Tochterbank in Moskau, an der RBI festhält.
Österreichs RBI macht Milliarden-Gewinn in Russland
Die russische Tochter der RBI war zuletzt sehr profitabel. (Foto: RBI)

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Beim österreichischen Geldhaus Raiffeisen Bank International (RBI) sprudeln dank des umstrittenen, aber höchst profitablen Russland-Geschäfts die Gewinne in Milliardenhöhe. Analysten gehen im Schnitt davon aus, dass sich der Konzerngewinn im vierten Quartal auf 657 Millionen Euro mehr als verdoppelt hat, wie aus einer am Donnerstagabend auf der Internetseite der Bank veröffentlichten Konsensusschätzung hervorgeht. Zusammengerechnet ergäbe sich damit für 2022 ein Nettogewinn von 3,46 (Vorjahr: 1,37) Milliarden Euro - was ein neuer Rekordwert wäre. Wichtigster Ertragsbringer war nach Ansicht der Experten erneut die Tochterbank in Moskau, an der die RBI auch fast ein Jahr nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine festhält.

Der Wermutstropfen für die RBI: Auf die Gewinne kann die Konzernmutter in Wien aufgrund einer Verordnung der russischen Notenbank nicht zugreifen. Deshalb hat die Bank im letzten Quartalsbericht auch einen Gewinn ohne die Geschäfte in Russland und Belarus sowie bereinigt um Erlöse aus einem Verkauf ausgewiesen. Aus den Gewinnen in Russland und Belarus darf die Bank auch keine Dividende zahlen.

Die Aktionäre dürften dennoch gute Chancen auf eine Ausschüttung haben, nachdem sie im Vorjahr leer ausgegangen waren. Die Experten der Erste Group erwarten etwa für 2022, basierend auf dem Nettogewinn ohne Russland, eine Ausschüttung von 1,5 Euro je Aktie und eine Dividendenrendite von 9,9 Prozent. Im Vorjahr wollte die RBI, die zu knapp 60 Prozent im Eigentum der österreichischen Raiffeisenlandesbanken steht, eigentlich 1,15 Euro je Aktie zahlen, zog dann aber wegen des Ukraine-Krieges die Reißleine.

"Der größte Teil der Gewinne 2022 wird aus Russland kommen", konstatiert Erste-Group-Analyst Thomas Unger. Bereits in den ersten drei Quartalen steuerte das dortige Geschäft die Hälfte zum Nettogewinn von 2,8 Milliarden Euro bei. Getrieben wurde das Ergebnis von der Aufwertung des russischen Rubel gegenüber dem Euro. Der Rubel hat im vergangenen Jahr 13 Prozent gegenüber dem Euro aufgewertet. Zudem verbuchte die russische Tochter - die zehntgrößte Bank des Landes - einen Anstieg der Zinserträge. Laut Fondsmanager Wolfgang Matejka hat die RBI auch von Energiezahlungen an Russland profitiert. Das österreichische Institut gelte in Europa als "vertrauenswürdiges Bindeglied" zur Bank des russischen Staatskonzerns Gazprom, sagte der Vermögensverwalter. Russland hatte per Dekret eine Zahlung der Gaslieferungen in Rubel verlangt, wobei die Abwicklung über die Gazprombank erfolgt. Vorläufige Jahreszahlen will die RBI am 1. Februar vorlegen.

DRUCK AUS DER UKRAINE

Wie es mit dem Russland-Geschäft weitergeht, ist nach wie vor unklar. Das Management in Wien gibt sich dazu wortkarg. Seit Monaten hält sich die Bank an die Formulierung, man prüfe alle strategischen Optionen bis hin zu einem gesteuerten Ausstieg aus Russland und Belarus. "Mein Eindruck ist, die RBI versucht das auszusitzen. Sie sagen zwar, sie suchen nach Lösungen, aber so wie es aussieht, hoffen sie, dass es irgendwann zu einem Waffenstillstand kommt und zu einer politischen Lösung", sagte ein Branchenexperte, der anonym bleiben wollte.

Druck, dem Land den Rücken zu kehren, kommt aus der Ukraine, wo die Bank ebenfalls hunderte Filialen betreibt. Vorgeworfen wurde der RBI, russischen Soldaten Kreditstundungen zu gewähren. Die Bank argumentierte, sie sei so wie alle russischen Banken gesetzlich dazu verpflichtet. Die ukrainische Tochter erklärte, die Bank befolge alle EU-rechtlichen Anforderungen, die die territoriale, politische und wirtschaftliche Integrität der Ukraine anerkennen. "Entgegen den Behauptungen, in den sozialen Medien möchten wir versichern, dass die RBI weder direkt noch über ihre Töchter geschäftliche Aktivitäten in den Gebieten der Regionen Donezk und Luhansk sowie der Halbinsel Krim ausübt".

Druck kommt auch von der ukrainischen Notenbank, die die RBI und andere wiederholt aufgefordert hat, ihr Geschäft in Russland einzustellen. Es sei inakzeptabel, dass elf Monate nach Kriegsbeginn keine Fortschritte bei der Entscheidung gemacht wurden, kritisiert die Notenbank auf ihrer Webseite. "Jeden Morgen halten wir einen Moment der Stille ein, um unsere Gefallenen zu ehren. Unterdessen rechnen Unternehmen, die weiterhin in Russland tätig sind, ihre Gewinne zusammen".

Klar ist, das Russland-Geschäft stellt die RBI moralisch vor ein Dilemma. "Natürlich ist das ein moralisches Thema, das ist überhaupt keine Frage", räumte Heinrich Schaller, Chef des RBI-Aktionärs Raiffeisenlandesbank Oberösterreich, ein. Kritik gibt es in Österreich kaum, abgesehen von Demonstrationen mit ein paar Dutzend Teilnehmern vor dem Sitz der Bank.

Die politischen Akteure verhalten sich auffällig ruhig. Die Bankengruppe gilt als Hausbank der konservativen Regierungspartei ÖVP und als wichtiger Wirtschaftsfaktor im Land. "Die Ausübung weiterer Geschäftsaktivität am russischen Markt, soweit sie nationale Rechtsvorschriften erfüllt und nicht EU-Sanktionsmaßnahmen widerspricht, ist alleinige Entscheidung privatwirtschaftlicher Unternehmen", hieß es dazu aus dem Außenministerium auf Anfrage.

RBI RINGT UM EINE ENTSCHEIDUNG

Die RBI ist neben der italienischen UniCredit die am stärksten in Russland engagierte westliche Bank. Sie ist dort seit fast 30 Jahren tätig, beschäftigt gut 9000 Mitarbeiter, führt rund 130 Filialen und betreut mehr als 2,35 Millionen Kunden. Auf ihrer Internetseite verweist sie darauf, dass die Russland-Tochter laut Ratingagenturen eine der zuverlässigsten Banken des Landes ist. Seit Kriegsausbruch wurde das Neugeschäft eingestellt und das Kreditvolumen um ein Viertel reduziert.

Als Hürde für einen Verkauf gilt, dass die internationalen Banken ihr Russland-Geschäft nur mit einer Sondergenehmigung von Präsident Wladimir Putin verkaufen dürfen. Das drückt naturgemäß den Kaufpreis. Interessenten gibt es einige, sagte RBI-Chef Johann Strobl. Namen wollte er keine nennen. Aus Bankkreisen ist zu hören, dass es sich dabei um russische Investoren handelt. Risikochef Hannes Mösenbacher verwies im Herbst darauf, dass es noch zahlreiche internationale Kunden in Russland gebe, die froh wären, dass eine westliche Bank in dem Markt tätig ist. "Vor dieser Verantwortung laufen wir nicht davon". (Reuters)


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