Politik

Afrika-Reise: Papst Franziskus feiert riesige Messe im Kongo

Papst Franziskus hat seine Reise in die krisengeschüttelten Länder Kongo und Südsudan begonnen. Auf dem afrikanischen Kontinent wächst seine Kirche, viele Menschen sehen sich nach Hoffnung.
01.02.2023 14:44
Aktualisiert: 01.02.2023 14:44
Lesezeit: 4 min
Afrika-Reise: Papst Franziskus feiert riesige Messe im Kongo
Gläubige begrüßen den Papst bei seiner Ankunft auf dem Flughafen Ndolo zu einem Gottesdienst. (Foto: dpa) Foto: Moses Sawasawa

Schon im Morgengrauen ziehen die Gläubigen zum alten Militärflughafen von Kinshasa, um den Papst zu sehen. Frauen, Männer und Kinder aus der Demokratischen Republik Kongo feiern bereits lange vor Beginn der Messe, singen, tanzen und schwenken Fähnchen. Viele tragen bunte Kleider oder Hemden aus Stoffen mit dem Konterfei von Franziskus. „Bandeko, boboto“, sagt der Pontifex zu Beginn seiner Predigt in Kongos Landessprache Lingala und mehr als eine Million Menschen jubeln dem Gast aus dem Vatikan zu. Franziskus lächelt und wirkt glücklich - so eine Begeisterung hatte er sich gewünscht.

Bei seiner Reise in den Kongo und ab Freitag in den Südsudan will der Papst für Frieden und Nächstenliebe werben, just in zwei Ländern, in denen vielerorts Gewalt und Blutvergießen zugenommen hatten. Beim Gottesdienst auf dem Flughafen N'Dolo predigte der Papst dann auch, „den Kreislauf der Gewalt zu durchbrechen und die Ränke des Hasses zu zerschlagen.“ All jene, die Gewalttaten begehen, möchten diesen Moment zum Anlass nehmen, um zum Frieden zu finden, sagt er.

Mehr als eine Million Menschen waren nach Angaben der Polizei von Kinshasa gekommen. Es war eine der größten Menschenmengen, mit denen Franziskus je gefeiert hatte. Den Rekord hält nach wie vor eine Messe in der philippinischen Hauptstadt Manila, bei der Anfang 2015 den Schätzungen zufolge rund sechs Millionen Menschen dem Regen trotzten.

In der Demokratischen Republik Kongo mit mehr als 100 Millionen Einwohnern - davon laut Vatikan fast die Hälfte Katholiken - hofft der Papst, dass sein Wort Gewicht hat. So viele Menschen sehnen ein Ende der Konflikte und Anschläge herbei, die zuletzt vor allem im Osten an der Grenze zu Ruanda und Uganda zunahmen. Der Besuch des Papstes sei „ein Zeichen der Ermutigung und des Trostes“, sagte der Erzbischof von Kinshasa, Kardinal Fridolin Ambongo Besungu.

Nachdem Franziskus' jüngste Auslandsreisen teils noch eher überschaubare Resonanz vor Ort hervorgerufen hatten, erinnerte der Mittwoch in Kinshasa wieder an große Papst-Events der Vergangenheit etwa mit Johannes Paul II. oder eben Franziskus selbst. Weil der Gottesdienst im sogenannten Zairischen Messritus mit landestypischen Gesängen gefeiert wurde, war er noch mal bunter und emotionaler.

Seit dem frühen Morgen, als die Sonne rot im Osten Kinshasas aufging, sicherten sich Tausende Menschen ihren Platz auf dem Rollfeld. Ein großer Chor samt Band sang sich in ohrenbetäubender Lautstärke für den Gottesdienst ein. Kleine Mädchen in weißen Kleidern übten Tänze. Einige junge Männer, die es nicht nah an den Altar heran geschafft hatten, kletterten auf alte Flugzeuge, um einen Blick zu erhaschen.

Félix wohnt rund 300 Kilometer von Kinshasa entfernt, am frühen Morgen war er mit anderen jungen Leuten angereist. „Franziskus ist ein guter Mann“, sagte er. „Ich habe schon viel von ihm gehört, aber ich wollte hierher kommen, um ihn selbst zu erleben.“ Mit Freunden hat er ein Plakat mitgebracht, auf dem zwei kongolesische Märtyrer zu sehen sind. „Wir möchten, dass der Papst sie heiligspricht“, sagt Félix. „Santi Subito“, steht dementsprechend auf dem Banner.

Eine Heiligsprechung scheint ein Klacks im Vergleich zum Bestreben, dem ganzen afrikanischen Kontinent zum Frieden zu verhelfen. Kongos Präsident Félix Tshisekedi hatte am Dienstagabend daran erinnert, wie seit drei Jahrzehnten „Feinde des Friedens“ und terroristische Gruppen aus dem Ausland seine Mitbürger bedrohten und attackierten. „Weil die internationale Gemeinschaft nicht einschreitet und schweigt, sind bereits zehn Millionen gestorben“, sagte er.

Bei der Messe am Flughafen saß Tshisekedi in der ersten Reihe unter einem Pavillon. Er dankte dem Papst, dass dieser eine Gruppe von Gewaltopfern aus dem Osten des Landes treffen wolle und damit aus erster Hand erfahren werde, wie schlimm die Lage dort sei. Die Begegnung sowie ein Treffen mit Mitarbeitern von Hilfsorganisationen standen am Mittwochabend auf dem Programm.

„Hände weg von Afrika“

Bei seiner Ankunft am Dienstag war der Papst von Hunderttausenden Menschen euphorisch begrüßt worden. Kinder und Erwachsene säumten am Dienstag in Kinshasa die Straße, auf der das Oberhaupt der katholischen Kirche vom Flughafen zum Präsidentenpalast fuhr. Dort appellierte der Pontifex dann energisch für Frieden und ein Ende der blutigen Konflikte in dem Land und in vielen Gegenden Afrikas.

„Die Gewalt und der Hass dürfen bei niemandem mehr Platz im Herzen oder auf den Lippen haben, denn sie sind menschenfeindliche und antichristliche Gefühle, die die Entwicklung lähmen und uns in eine dunkle Vergangenheit zurückführen“, sagte der Argentinier vor Staatschef Félix Tshisekedi und Ehrengästen.

Zudem kritisierte er scharf, wie der Kontinent ausgebeutet werde. „Nach dem politischen Kolonialismus hat sich ein ebenso versklavender ‚wirtschaftlicher Kolonialismus‘ entfesselt“, sagte Franziskus. „Hände weg von der Demokratischen Republik Kongo, Hände weg von Afrika! Die Erstickung Afrikas muss aufhören: Es ist kein Bergwerk, das ausgebeutet, und kein Boden, der zur Plünderung freigegeben ist. Afrika möge selbst der Protagonist seines Schicksals sein!“

Die Reise in den Kongo und anschließend in den Südsudan war dem Papst wichtig - für ihn ist es eine Pilgerfahrt des Friedens. „Auf diese Reise habe ich ein Jahr gewartet“, sagte er im Flugzeug. Eigentlich war der Trip nach jahrelangen Vorbereitungen im Sommer 2022 geplant, wurde dann aber wegen der Knieprobleme des Papstes verschoben.

Auch diesmal wird sich der 86-Jährige in den sechs Tagen in Zentral- und Ostafrika weitgehend im Rollstuhl fortbewegen. Seine Botschaft soll dies nicht schmälern: In den beiden von Armut, Konflikten und Naturkatastrophen geplagten Ländern will Franziskus den Menschen etwas Hoffnung verbreiten und für den Frieden werben.

Wegen der sehr fragilen Sicherheitslage bleibt der Papst im Kongo in der Hauptstadt Kinshasa. „Eigentlich wollte ich auch nach Goma, aber wegen des Krieges kann ich nicht“, sagte er vor Journalisten. Im Ostkongo, wo Goma an der Grenze zu Ruanda liegt, eskalierte zuletzt die Gewalt; Rebellen verübten immer wieder blutige Anschläge.

In Kinshasa wurden die Sicherheitsmaßnahmen während des Besuchs massiv verstärkt: Die Polizei und das Heer tauschte sich im Vorfeld mit vatikanischen Sicherheitskräften und sogar dem amerikanischen FBI aus. Nach Angaben des Vatikans sind knapp die Hälfte der mehr als 100 Millionen Einwohner des Kongos Katholiken - in dem Land am Äquator lebt damit eine der größten katholischen Gruppen Afrikas.

In Afrika will Franziskus auch mit Vertriebenen zusammenkommen. Flüchtlinge sind seit jeher ein großes Anliegen des Argentiniers. Am Morgen vor dem Abflug traf der Papst in Rom noch eine Gruppe von Menschen, die aus dem Kongo und dem Südsudan geflüchtet waren. Als Franziskus am Dienstagvormittag die Sahara überflog, bat er um ein Gebet für jene, die „auf der Suche nach etwas Wohlergehen und Freiheit“ die Wüste durchquerten „und es nicht geschafft haben.“

Viele Menschen hoffen, dass der Papst mit seinem Besuch helfen kann, die Lage in den Ländern konkret zu verbessern. Im Südsudan war ihm dies bereits gelungen: 2019 lud er den Präsidenten und Vizepräsidenten - die Rivalen sind - in den Vatikan ein, bat sie eindringlich um ein Ende der Kämpfe und küsste ihnen sogar die Füße. Danach rauften sich die verfeindeten Politiker zusammen.

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