Trotz starker Marktturbulenzen und möglicher Energiekrise ist die Inflationsrate in Deutschland im Dezember stärker als erwartet auf 8,6 Prozent gefallen, eine Verbesserung von 1,8 Prozent im Vergleich zum Höhepunkt im Oktober 2022.
Bedeutet dies im Umkehrschluss, dass Anleger in naher Zukunft wieder mehr Vertrauen in die Märkte fassen und IPOs, Aktien oder ETFs kaufen? Welche Bedingungen müssen noch erfüllt werden, damit sich die Frankfurter Börse wieder erholt?
Der Inflationsverlauf in Deutschland: ein Überblick
Die Inflation macht sich vornehmlich im Anstieg der Energie- und Nahrungsmittelpreise bemerkbar. Laut Statistischem Bundesamt beträgt die Inflationsrate Ende Januar 8,6 Prozent, wobei sich die Energiepreise um 24,4 Prozent und die Nahrungsmittelpreise um 20,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr erhöht haben.
Dies ist ein deutlicher Rückgang im Vergleich zum Rekordmonat Oktober, dem Monat mit der höchsten Inflationsrate seit der Wiedervereinigung, dennoch belastet das Preisniveau die Verbraucher und die Industrie gleichermaßen.
Die anhaltende Inflation wird durch den Ukrainekrieg und die gestoppten Gaslieferungen aus Russland weiter angeheizt. Dynamische Faktoren machen es fast unmöglich, einen genauen Zeitpunkt zu bestimmen, indem sich Wirtschaft erholt und die Märkte beruhigen. Dennoch gibt es einige Faktoren, die Grund zur Hoffnung geben, allen voran die Disinflation.
(Abbildung: Statista)
Disinflation als erster Schritt zur Markterholung
Was sind die ersten Anzeichen einer baldigen Erholung der Märkte? Hier spielt die Disinflation eine entscheidende Rolle. Im Gegensatz zur Deflation, in der die Preise fallen, zeichnet sich eine Disinflation durch eine Verlangsamung der Inflationsrate aus. Dies ist im Normalfall der erste Schritt auf dem Weg zu einer Marktnormalisierung.
Shanna Strauss-Frank, stellvertretende Vertriebsleiterin bei Freedom Finance Deutschland, sagt hierzu Folgendes: „Obwohl die kurzfristigen Bedingungen volatil sind, wird der Markt positiv auf alle Anzeichen einer Disinflation reagieren. Diese Anzeichen sind angesichts der jüngsten US-Inflationsdaten zu erkennen, was weitere Straffungen seitens der Fed unwahrscheinlich macht. Zusätzliche Faktoren sind geringere geopolitische Risiken und die Abwendung Chinas von der Null-Covid-Politik. Insgesamt muss die Möglichkeit einer Straffung seitens der Fed abgeschwächt werden, damit sich der Markt nachhaltig erholen kann, idealerweise durch weitere Anzeichen einer Disinflation.“
Während die Fed zum jetzigen Zeitpunkt wenig Anzeichen für weitere Zinsstraffungen zeigt, sieht die Situation in Europa anders aus. Obwohl sich der Preisanstieg stärker abgeschwächt hat als erwartet, wurden von der Europäischen Zentralbank (EZB) weitere Zinserhöhungen für den kommenden Monat in Aussicht gestellt.
Was können Anleger vom Jahr 2023 erwarten?
Die gute Nachricht zuerst: Die meisten Experten sind sich einig, dass der Höhepunkt der Inflation bereits überschritten wurde. Im Jahr 2023 geht die Disinflation weiter. Dennoch besteht wenig Hoffnung auf einen deutlichen Rückgang. Volkswirte schätzen, dass Deutschland im Jahr 2023 eine Teuerungsrate von über 6 Prozent erwartet.
Darüber hinaus erwartet Deutschland eine Rezession. Ökonomen der Bundesbank gehen davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Jahr 2023 um 0,5 Prozent schrumpfen wird. Solange die Disinflation nicht schneller voranschreitet, können Anleger und Unternehmen gleichermaßen nur wenig Vertrauen in die Märkte aufbauen. Dementsprechend wird 2023 höchstwahrscheinlich auch ein flaues Jahr aus IPO-Sicht.
Das bedeutet im Umkehrschluss jedoch nicht, dass das Jahr 2023 komplett ohne lukrative Börsengänge bleibt. Deutsche Anleger können hierbei von ausländischen Märkten profitieren. Hier stehen Unternehmen wie ARM, VinFast, Impossible Foods und Mobileye in den Startlöchern.
Die Markterholung in Deutschland: ein Marathon
Die deutsche Wirtschaft wird noch lange mit der Inflation kämpfen, bis das EZB-Ziel von 2 Prozent erreicht wird. Prognosen der EZB zufolge müssen sich Verbraucher und Unternehmen noch bis zum Jahr 2026 gedulden, bevor die Inflation komplett überstanden ist.
Das bedeutet, dass die Energie- und Lebensmittelpreise noch lange über dem gewohnten Preisniveau bleiben. Darüber hinaus lässt sich auch die Ursache der Inflation, der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, nur schwer abschätzen. Der Ausgang des Konfliktes wird sich entscheidend auf die wirtschaftliche Situation auswirken.
Dementsprechend herrscht noch lange Unsicherheit auf den Märkten. Infolgedessen sollten sich Anleger auf einen Marathon einstellen und ggf. ihre Anlagestrategie anpassen, um auch in Zeiten der Rezession zu profitieren.
So können Anleger von der Rezession profitieren
Laut Institut der deutschen Wirtschaft (IW) wird das Jahr 2023 von einer Rezession geprägt und voraussichtlich um 0,75 Prozent schrumpfen. In Kombination mit steigenden Verbraucher- und Energiepreisen und dem Krieg in der Ukraine ist das Ende der derzeitigen Krise noch nicht absehbar.
Solange die EZB weiter den Zinssatz strafft, erhöhen sich die Kreditkosten, was zu geringeren Investitionen führt. Infolgedessen sinkt die Nachfrage nach Aktien und die Börsenkurse fallen. Das bedeutet, dass sich Anleger noch für einen längeren Zeitraum gedulden müssen, bis sich die Märkte wieder erholt haben. Dennoch ist es möglich, auch während turbulenter Zeiten von Aktien zu profitieren.
Denn in Zeiten der Rezession lässt sich ein besonderes Phänomen beobachten: Aktien hochwertiger Firmen, die Gewinne einfahren und deren Cashflows weiter ansteigen, werden aufgrund der allgemeinen Unsicherheit abgestoßen und sinken dementsprechend in den Kurswerten.
Anleger können sich dies zunutze machen und langfristig investieren. Wenn die Aktien erfolgreicher Unternehmen mit einem geringen Bewertungsniveau jetzt gekauft werden, stehen die Chancen sehr gut, dass sich die Kurse mittelfristig wieder anpassen.