Der russische Präsident Wladimir Putin hat den Westen für den Krieg in der Ukraine verantwortlich gemacht. Westliche Staaten versuchten, einen lokalen Konflikt zu einem globalen zu machen, sagte er am Dienstag in einer Rede zur Lage der Nation vor beiden Kammern des Parlaments. "Wir verstehen das so, und wir werden entsprechend reagieren", sagte Putin wenige Tage bevor sich der Beginn der russischen Invasion der Ukraine jährt.
Russland werde "sorgfältig und konsequent die vor uns liegende Aufgabe lösen", sagte Putin vor den Abgeordneten und ranghohen Vertretern des Militärs. Russland habe sich bemüht, das Problem im Donbass friedlich zu lösen. In dem industriell geprägten Gebiet in der Ost-Ukraine tobten bereits Jahre vor Kriegsbeginn Kämpfe zwischen der ukrainischen Armee und pro-russischen Separatisten. Aber der Westen habe ein anderes Szenario vorbereitet. "Sie haben den Krieg begonnen. Wir haben alles getan, um ihn zu stoppen."
Putin warf dem Westen vor, nach "grenzenloser Macht" zu streben. "Die Geldflüsse aus dem Westen in den Krieg nehmen nicht ab." Für den Westen stünden Billionen Dollar auf dem Spiel. Die westlichen Länder hätten schon vor langer Zeit damit begonnen, die Ukraine zu einer Art "Anti-Russland" zu machen. In vielen Regionen der Welt habe der Westen Chaos und Krieg gesät. "Der Westen hat den Geist aus der Flasche gelassen", sagte Putin. "Die Verantwortung für die Eskalation in der Ukraine liegt bei den westlichen Eliten."
Schon vor Beginn des von Putin so bezeichneten militärischen Sondereinsatzes in der Ukraine habe die Regierung in Kiew mit dem Westen über Waffenlieferungen gesprochen. Der Westen habe in zynischer Weise die eigene Bevölkerung betrogen. "Wir haben alles getan, um dieses Problem friedlich zu lösen und einen friedlichen Weg aus diesem schwierigen Konflikt auszuhandeln, aber hinter unserem Rücken wurde ein ganz anderes Szenario vorbereitet", sagte Putin mit Blick auf den Donbass.
Putin zeigte sich überzeugt, dass die Mehrheit der russischen Bevölkerung das Vorgehen der Regierung bei der Verteidigung des Donbass unterstütze. "Ich möchte den russischen Menschen für die Entschlossenheit und den Mut danken." Den Familien gefallener Soldaten und Kriegsveteranen versprach Putin finanzielle Unterstützung und kündigte zu diesem Zweck einen staatlichen Sonderfonds an.
In den neuen Gebieten werde es mehr soziale Hilfsprogramme geben, sagte er mit Blick auf die annektierten vier ukrainischen Regionen. Diese Gebiete hätten die Wahl getroffen, bei Russland zu sein - trotz der Drohungen von Nazis.
Die russische Wirtschaft hat sich Putin zufolge als weitaus stärker erwiesen als vom Westen erwartet. "Der Westen bekämpft uns an der Wirtschaftsfront", sagt er. Er werde aber keinen Erfolg haben. Der Westen habe Preiserhöhungen und Arbeitsplatzverluste provoziert, er habe Sanktionen verhängt, um das russische Volk leiden zu lassen. "Aber ihre Rechnung ist nicht aufgegangen. Die russische Wirtschaft und das Management haben sich als viel stärker erwiesen als sie dachten."
Putin setzt Verhandlungen über Begrenzung strategischer Atomwaffen aus
Russlands Präsident Wladimir Putin legt zudem die Bemühungen um eine Begrenzung strategischer Atomwaffen auf Eis. In seiner Rede zur Lage der Nation kündigte er am Dienstag vor dem Parlament in Moskau an, die Verhandlungen über den Atomwaffen-Kontrollvertrag "New Start" mit den USA auszusetzen. Mit dem Abkommen sollen die strategischen Atomwaffenarsenale beider Staaten begrenzt werden. Dem Westen warf er vor, Schuld an dem Krieg mit der ehemaligen Sowjetrepublik zu sein.
"Wir ziehen uns nicht daraus zurück, aber wir setzen unsere Teilnahme aus", sagte Putin zu den START-Verhandlungen ("Strategic Arms Reduction Treaty", Vertrag zur Verringerung strategischer Waffen). Russland werde keine Atombombentests durchführen, aber wenn die USA dies täten, werde Russland das ebenfalls tun. "Niemand sollte sich gefährlichen Illusionen hingeben, dass die globale strategische Parität zerstört werden kann", sagte der Präsident. Er erklärte weiter, vor einer Woche ein Dekret über den Einsatz neuer bodengestützter strategischer Systeme im Kampfeinsatz unterzeichnet zu haben. Zunächst war unklar, was er damit gemeint haben könnte.
Der "New Start"-Vertrag wurde 2010 in Prag unterzeichnet, trat 2011 in Kraft und wurde 2021 nach Amtsantritt von US-Präsident Joe Biden um weitere fünf Jahre verlängert. Er begrenzt die Zahl der strategischen Atomsprengköpfe, die die USA und Russland stationieren können, sowie die Stationierung von land- und unterseegestützten Raketen und Bombern, um sie zu transportieren. Zusammen besitzen Russland und die USA rund 90 Prozent der weltweiten Atomsprengköpfe. (Reuters)