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Mit Kasachstan-Öl bleibt Deutschland abhängig von Russland

Kasachstan liefert heute erstmals Rohöl durch das russische Druschba-Pipelinesystem nach Deutschland. Diese Regelung kommt Russland durchaus entgegen.
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22.02.2023 17:59
Aktualisiert: 22.02.2023 17:59
Lesezeit: 3 min
Mit Kasachstan-Öl bleibt Deutschland abhängig von Russland
Ab heute soll Rohöl aus Kasachstan nach Schwedt fließen. Doch der Deal ändert wenig an der Abhängigkeit von Russland. (Foto: dpa) Foto: Jörg Carstensen

Der staatliche kasachische Pipelinebetreiber Kaztransoil hat bei seinem russischen Pendant Transneft einen Antrag auf Ölexport nach Deutschland gestellt. Konkret sollen zunächst 20.000 Tonnen über die Druschba-Pipeline geliefert werden, sagte Unternehmenssprecher Shyngys Ilyasov per Telefon zu Bloomberg. Insgesamt plant Kaztransoil, in diesem Jahr 1,2 Millionen Tonnen Rohöl nach Deutschland zu liefern.

Nach Angaben des in Astana ansässigen Energieministeriums plant Kasachstan, die erste Lieferung am heutigen Mittwoch zu verschicken. Der nördliche Zweig des massiven Druschba-Pipelinesystems versorgt zwei Raffinerien in Ostdeutschland und Anlagen in Polen. Kasachstan hat die Kapazität, die jährlichen Lieferungen auf 6 Millionen Tonnen zu erhöhen, sagte der Energieminister des Landes, Bolat Akchulakov, Anfang des Jahres.

Deutschland war in der Vergangenheit der größte europäische Abnehmer von russischem Rohöl, will nun aber im Rahmen des Ukraine-Kriegs seine Abhängigkeit von Russland verringern. Obwohl die Europäische Union die Pipeline-Importe von russischem Rohöl von den Sanktionen ausgenommen hat, hat sich Deutschland selbst verpflichtet, sämtliche Ölimporte aus Russland in diesem Jahr einzustellen - auch Pipeline-Lieferungen. Ersetzt werden soll das russische Rohöl teilweise durch die Umstellung auf Rohölimporte aus Kasachstan.

Anders als Deutschland kauft Polen weiterhin russisches Pipeline-Rohöl. Zudem äußerte sich das Land Anfang Februar besorgt im Hinblick auf den deutschen Plan, Rohöl aus Kasachstan zu importieren. Denn nach Angaben der polnischen Klimaministerin Anna Moskwa gibt es keinerlei Garantien dafür, dass die Lieferungen nach Deutschland tatsächlich aus Kasachstan stammen werden - und nicht wie in der Vergangenheit aus Russland.

Das Bundeswirtschaftsministerium von Robert Habeck hat auch selbst eingeräumt, dass eine gewisse Vermischung von kasachischem und russischem Rohöl unvermeidlich sei. "Entscheidend ist, dass es keine weiteren Lieferungen aus Russland gibt, sodass kein Geld nach Russland fließt", zitiert Bloomberg eine Sprecherin des Ministeriums.

Umstellung auf Rohöl aus Kasachstan ist ein schlechter Witz

Der Öl-Analyst Julian Lee schrieb heute bei Bloomberg, dass das nach Deutschland gelieferte Öl "höchstwahrscheinlich" in Sibirien gefördert wird und nicht in Kasachstan. Zudem führt die aktuelle Regelung mit Russland und Kasachstan seiner Ansicht nach dazu, dass Deutschland auch weiterhin von russischem Öl abhängig bleibt. Denn es nutzt weiterhin russische Standards, russische Pipelines und höchstwahrscheinlich auch russisches Öl.

Das russische Pipelinesystem fungiert als ein riesiger Mischpool für Rohöl aus Russland und seinen Nachbarländern, vor allem Kasachstan. Auf diese Weise entstehen die Export-Standardqualitäten Ural-Öl und Siberian Light. Kasachstan hat die von ihm verkauften Ural-Ladungen in KEBCO umbenannt, um sie von der in russischem Besitz befindlichen Sorte zu unterscheiden.

Abgesehen vom Namen sind KEBCO-Rohöl und Ural-Rohöl das gleiche Produkt, nämlich standardisiertes Rohöl von meist russischem Ursprung. Der entscheidende Unterschied besteht nun aber darin, dass das KEBCO-Rohöl von einem kasachischen Unternehmen verkauft wird, und nicht von einem russischen Unternehmen, wie es beim Ural-Rohöl der Fall ist.

Das bedeutet, dass es auch beim Rohöl, das nun über das Druschba-System über Polen nach Deutschland gepumpt wird, gänzlich unmöglich ist zu bestimmen, ob es sich um Rohöl russischen Ursprungs handelt oder um Rohöl kasachischen Ursprungs. Doch alles, was für die Bundesregierung derzeit zählt, ist die Tatsache, dass Deutschland künftig die Bezahlung für das Öl nach Kasachstan sendet und nicht mehr nach Russland.

Natürlich erhält der russische Pipelinebetreiber Transneft für die Durchleitung des Öls eine Transitgebühr, was nach den geltenden Vorschriften der Europäischen Union auch durchaus zulässig. "Vor allem aber bedeutet die Notwendigkeit, russisches Territorium zu durchqueren, dass der Fluss vom guten Willen Moskaus abhängig bleibt", schreibt Lee. Derzeit mag Transneft den Transit ermöglichen. Doch es gibt keine Garantie, dass dies auch so bleiben wird.

Indem Russland den Transit von kasachischem Rohöl nach Deutschland erlaubt, "verringert es den Druck auf die Berliner Regierung, ihre Energieabhängigkeit von Russland zu beenden", so Lee. Denn wenn Kasachstan tatsächlich 6 Millionen Tonnen pro Jahr oder 120.000 Barrel pro Tag liefert, ist genug, um die Hälfte des Bedarfs der deutschen Raffinerie in Schwedt zu decken.

Lee schließt daraus: "Solange die Anlage [in Schwedt] Rohöl verarbeitet, das über Russland fließt, wird Moskau weiterhin den Hahn zudrehen und die Kraftstoffversorgung Berlins diktieren können."

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