Finanzen

Bankenkrise: Investoren fliehen in Geldmarkt-Fonds

Lesezeit: 3 min
27.03.2023 21:11  Aktualisiert: 27.03.2023 21:11
Vor dem Hintergrund der Bankenkrise fürchten Anleger um ihre Einlagen und fliehen massiv in Geldmarkt-Fonds. Diese gelten als sicher und bieten derzeit gute Renditen.
Bankenkrise: Investoren fliehen in Geldmarkt-Fonds
Nach der Schließung der Silicon Valley Bank und der Signature Bank fliehen Anleger in Geldmarkt-Fonds. (Foto: dpa)

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Anleger haben in den letzten zwei Wochen extreme Summen in US-Geldmarktfonds investiert, nachdem der Zusammenbruch zweier US-Banken und die Rettungsaktion für Credit Suisse Bedenken über die Sicherheit von Bankeinlagen aufkommen ließen. Die größten Gewinner dieser massiven Umschichtung sind Goldman Sachs, JPMorgan Chase und Fidelity.

Die US-Geldmarktfonds von Goldman Sachs haben seit dem 9. März, dem Tag vor der Übernahme der Silicon Valley Bank durch die US-Behörden, fast 52 Milliarden Dollar erhalten, was einem Anstieg um 13 Prozent entspricht. Die Fonds von JPMorgan Chase erhielten fast 46 Milliarden Dollar, und Fidelity verzeichnete Zuflüsse von fast 37 Milliarden Dollar (Stand: Freitagmorgen), so die Daten von iMoneyNet.

Nach Angaben des Datenanbieters EPFR sind im März bisher mehr als 273 Milliarden Dollar in Geldmarktfonds geflossen, wie die Financial Times berichtet. Die ist der größte Mittelzufluss in die Anlageform seit dem Corona-Crash vor drei Jahren im März 2020. Geldmarktfonds halten in der Regel sehr risikoarme Vermögenswerte, die leicht zu kaufen und zu verkaufen sind, darunter auch kurzlaufende US-Staatsanleihen.

Geldmarkt-Fonds bieten gute Renditen

Die Renditen dieser von den Geldmarkt-Fonds gehaltenen Instrumente sind derzeit so hoch wie seit Jahren nicht mehr, da sie mit den Zinssätzen steigen, die von der US-Notenbank Federal Reserve gerade auf den höchsten Stand seit 15 Jahren angehoben wurden. Im Januar und Februar hatte es bereits kleinere Nettozuflüsse in die Geldmarkt-Fonds gegeben. Es ist das stärkste Quartal für US-Geldfonds seit dem Ausbruch der Coronavirus-Pandemie vor drei Jahren.

Das Tempo der Mittelzuflüsse in Geldmarkt-Fonds hat sich in den letzten zwei Wochen beschleunigt, insbesondere Großanleger schichten um, da sie vor dem Hintergrund der Bankenkrise nach sicheren Häfen suchen. Während die US-Behörden zugestimmt haben, alle Einlagen bei der SVB und der Signature Bank zu sichern, haben sie die Einlagen über 250.000 Dollar bei anderen Instituten nicht garantiert.

"Wir beobachten Umschichtungen in Geldmarktfonds in allen Anlegersegmenten", zitiert die Financial Times Ashish Shah, Chief Investment Officer für öffentliche Anlagen bei Goldman Sachs Asset Management. Der sprunghafte Anstieg der Mittelzuflüsse in diesem Monat hat dazu beigetragen, dass das Gesamtvermögen der Geldmarkt-Fonds am letzten Mittwoch auf einen Rekordwert von 5,1 Milliarden Dollar anstieg, so eine Studie der Bank of America.

Daten des Investment Company Institute zeigen, dass das Geld insbesondere in jene Fonds fließt, die US-Staatsanleihen halten, die derzeit als die sichersten Anlagen gelten. Sogenannte Prime-Fonds, die Bankschuldtitel und Unternehmenspapiere halten, verzeichneten hingegen geringe Abflüsse. Die größten Mittelzuflüsse gingen an Fonds, die mit erstklassigen Wall-Street-Banken und den größten Investmenthäusern verbunden sind.

Die Angst vor Bankenpleiten

Laut Sara Devereux, globale Leiterin der Vanguard-Gruppe für festverzinsliche Wertpapiere, sind die starken Zuflüsse in Geldmarktfonds, die US-Staatsanleihen halten, "auf die Flucht in Qualität nach der Angst vor Bankenschließungen zurückzuführen, aber auch darauf, dass die Renditen für Geldmärkte derzeit sehr attraktiv sind". Vanguard verzeichnet Zuflüsse von fast 12 Milliarden Dollar und lag damit an sechster Stelle hinter Charles Schwab und Federated Hermes.

Aus den ICI-Daten geht hervor, dass der Großteil der Zuflüsse von institutionellen Anlegern stammt. Aber auch Privatkunden investieren in Geldfonds. Die am Freitag veröffentlichten Daten der Federal Reserve zeigten, dass die Bankeinlagen in der Woche bis zum 15. März von 17,6 Milliarden Dollar auf 17,5 Milliarden Dollar zurückgingen, und die Einlagen bei kleinen Banken sanken demnach von 5,6 Milliarden Dollar auf 5,4 Milliarden Dollar.

Laut Andrzej Skiba, Leiter von BlueBay US Fixed Income bei RBC Global Asset Management, bieten Geldmarktfonds Anlegern derzeit nicht nur eine gute Rendite, sondern auch ein hohes Maß an Sicherheit. Ein großer Teil der Zuflüsse werde in Rekordemissionen der staatlich geförderten Federal Home Loan Banken investiert. Diese reagieren damit auf die starke Nachfrage nach Liquidität durch ihre Mitgliedsbanken, die versuchen, ihre Einleger hinsichtlich ihrer Stabilität zu beruhigen.

Skiba erklärt die starke Nachfrage nach US-Geldmarktfonds zum Teil auch mit der "beträchtlichen Liquidität, welche die Fonds sowohl institutionellen als auch privaten Anlegern zur Verfügung stellen, selbst in (oder gerade inmitten) volatiler Märkte". Bei den internationalen Geldmarktfonds, die kleiner sind als die US-Geldmarktfonds, ist der Trend weniger stark ausgeprägt.


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