Die sieben großen Industriestaaten (G7) haben sich bei ihrem jüngsten Gipfeltreffen in der nordjapanischen Stadt Sapporo dazu verpflichtet, Tempo zu machen beim schrittweisen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und bei der Umstellung auf erneuerbare Energien.
Doch einen festen Zeitplan für die schrittweise Stilllegung von Kohlekraftwerken und Details, wie genau der Beschluss in die Praxis umgesetzt wird, gibt es noch nicht. Der Financial Times zufolge waren der Vereinbarung wochenlange, schwierige Verhandlungen zwischen Japan und anderen Mitgliedstaaten vorausgegangen wegen Meinungsverschiedenheiten über die Durchführbarkeit eines zentralen Teils der japanischen Klimastrategie. Auch gab es heftige Kritik von verschiedenen Klimagruppen, dass die G7-Staaten nach der Ukraine-Krise von ihren Klimazielen abrücken.
Den G7 gehören neben Deutschland und Japan auch Frankreich, Italien, Kanada, die USA und Großbritannien an. China und Indien, die zu den drei größten Treibhausgasemittenten der Welt gehören, sind nicht Mitglieder der G7. Einem aktuellen Bericht des World Resources Institute (WIR) zufolge tragen die drei größten Treibhausgas-Emittenten der Welt – China, die USA und Indien – zu 42,6 Prozent der Gesamtemissionen in der Welt bei, während die untersten 100 Länder nur 2,9 Prozent beitragen.
Im Hintergrund: Schwierige Verhandlungen mit Japan
Laut der Financial Times stieß Japan bei zentralen Teilen seiner Klimastrategie auf erheblichen Widerstand von anderen G7-Staaten. Tokio hatte sich bemüht, eine zentrale Rolle bei der Finanzierung der Umstellung auf sauberere Energieformen in Asien – welches für etwa die Hälfte der weltweiten Kohlenstoffemissionen verantwortlich ist – zu spielen. Der Klimaplan, unter dem Namen GX, wurde jedoch von Beamten und Umweltgruppen kritisiert, weil dieser auf Ammoniak als kohlenstoffarme Energiequelle neben Gas oder Kohle setzt, um die Emissionen bestehender Kraftwerke zu reduzieren.
Die G7-Mitgliedsstaaten stellten die Realisierbarkeit von Ammoniak im Rahmen von Japans Ambitionen in Frage, Asiens Übergang zu Netto-Null-Emissionen zu erleichtern. Obwohl Ammoniak selbst kein Treibhausgas ist, hängt seine Herstellung stark von fossilen Brennstoffen ab und ist noch nicht wirtschaftlich rentabel.
Gipfel-Verpflichtungen
In ihrem Abschlusskommuniqué verpflichteten sich die G7-Staaten „den Ausstieg aus den unverminderten fossilen Brennstoffen zu beschleunigen, um bis 2050 einen Netto-Nullpunkt in den Energiesystemen zu erreichen“. Die Financial Times berichtet, dass Japan sich in früheren Entwürfen gegen die Aufnahme des Satzes ausgesprochen hatte, doch Großbritannien, Deutschland und Frankreich die Aufnahme doch noch erfolgreich verhandeln konnten. Die Staaten verpflichteten sich außerdem, die Offshore-Windkapazitäten bis 2030 gemeinsam um 150 Gigawatt und die Solarkapazitäten auf mehr als 1 Terawatt zu erhöhen.
Fernsehsender NTV zufolge sprach Frankreichs Energieministerin Agnès Pannier-Runacher von „einem großen Schritt nach vorn“. Pannier-Runacher sagte der wichtigste Fortschritt der G7-Minister sei, dass „wir uns darauf geeinigt haben, von fossilen Brennstoffen ohne Kohlenstoffausgleich wegzukommen“.
Kritik: Keinen genauen Zeitplan
Laut Umweltgruppen war die endgültige Vereinbarung weitaus ehrgeiziger als frühere Entwürfe der G7 bei der Bewältigung der Klimakrise, doch Mitgliedstaaten hätten es wieder verpasst, einen genauen Zeitplan für den Ausstieg aus der Kohleverstromung festzulegen. Es gab anhaltenden Widerstand von Seiten Japans, welches nach dem Reaktorunglück von Fukushima Daiichi im Jahr 2011 seine Abhängigkeit von Kohle, Erdgas und Öl erhöht hat.
In der Financial Times hieß es, dass Tokio sich für den Einsatz von Ammoniak als kohlenstoffarme Energiequelle neben Gas oder Kohle eingesetzt, um die Emissionen aus der bestehenden Infrastruktur für fossile Brennstoffe zu verringern. Japans Ansatz ist jedoch unter Beschuss von Umweltgruppen und Wissenschaftlern geraten. Sie warnen, dass ein rascher Ausstieg aus der Kohle notwendig ist, wenn die Welt die Ziele des Pariser Abkommens erreichen soll, in dem sich die Länder darauf geeinigt haben, den globalen Temperaturanstieg auf weniger als 2 Grad Celsius und idealerweise auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen.
Das 36-seitige Dokument, das nach dem Gipfeltreffen veröffentlicht wurde, bekräftigte die Verpflichtung der G7 „bis 2035 einen vollständig oder überwiegend dekarbonisierten Energiesektor zu erreichen“, doch die Formulierung ließ die Möglichkeit offen, weiterhin fossile Brennstoffe zu nutzen.
„Indem sie sich nicht zur vollständigen Dekarbonisierung des Stromsektors, zur Senkung der Emissionen des Straßensektors und zur völligen Abschaffung der internationalen Finanzierung fossiler Brennstoffe verpflichtet haben, haben die Minister wirklich eine Gelegenheit verpasst, eine Führungsrolle bei der Bewältigung des Klimanotstands zu übernehmen“, betonte Alden Meyer, Leitender Angestellter bei Klimaberatung E3G der Financial Times gegenüber.