Der norwegische Staatsfonds, der größte Einzelinvestor der Welt, hat Unternehmensvorstände gewarnt, dass er gegen ihre Wiederwahl in den Vorstand stimmen wird, wenn sie sich nicht entscheidend um die Einhaltung von Klima-, Menschenrechts- und Diversitätszielen in Führungsetagen bemühen. Der Fonds kontrolliert durchschnittlich 1,3 Prozent von 9.338 Unternehmen in 70 Ländern. Zu den größten Beteiligungen gehören Apple, Nestlé, Microsoft und Samsung.
In einem Interview mit dem Guardian, sagte Carine Smith Ihenacho, Beauftragte für Governance und Compliance bei der Norges Bank Investment Management – die im Namen der norwegischen Staatsbürger mehr als 13 Milliarden norwegische Kronen verwaltet - der Fonds bereite sich darauf vor, gegen die Wiederwahl von mindestens 80 Unternehmensvorständen zu stimmen. Der Grund: Diese Firmen hätten es versäumt, ihre ökologischen oder sozialen Ziele festzulegen oder zu erreichen.
Firmen müssen ihre Rolle im Klima-Kampf wahrnehmen
Smith Ihenacho sagte, Unternehmen, wie alle anderen Bürger der Welt, müssen ihre Rolle spielen, um gegen den Klimawandel zu kämpfen. „Unternehmen haben eine Rolle zu spielen. Wir haben also unsere Erwartungen an die Firmen erhöht, wenn es darum geht, Ziele zu setzen um bis 2050 das Netto-Null-Ziel [Null CO2-Emissionsaustoß, Anm. d. Red.] zu erreichen. Und wir werden die Unternehmen stärker dazu drängen, Ziele zu setzen und zu verstehen, wie sie diese erreichen wollen.“
Der norwegische Staatsfonds, der für jeden Mann, jede Frau und jedes Kind in Norwegen umgerechnet etwa 2,4 Mio. Kronen (240.000 US-Dollar) bereithält, erwarte, dass alle großen Kohlenstoffemittenten jetzt Emissionsziele festlegen, und alle anderen kleineren Unternehmen dies bis spätestens 2040 getan haben, so Smith Ihenacho. „Wir wollen auch, dass die Unternehmen Szenarien veröffentlichen, in denen sie angeben was passiert, wenn die Temperaturen um 1,5°C steigen, damit wir verstehen können, wie sie ihre Ziele erreichen wollen.“
Nur wenige Konzerne haben klare Netto-Null-Ziele
Nur 17 Prozent der mehr als 9.000 Unternehmen, in die der Fonds investiert, haben „klare wissenschaftlich fundierte Netto-Null-Ziele“ festgelegt. Der Fonds drängt die verbleibenden 83 Prozent daher aktiv dazu, schnell zu handeln und ihre Ziele festzulegen. „Wenn die Unternehmen überhaupt nicht reagieren, müssen wir aktiv werden“, sagte Smith Ihenacho. „Für die schlimmsten Unternehmen – diejenigen, die nicht einmal Ziele haben und keine Berichterstattung über das Klimarisiko – haben wir begonnen, gegen den Vorstand zu stimmen, weil wir sagen, dass der Vorstand wirklich dafür verantwortlich ist.“
Dieses führte dazu, dass der Fonds im vergangenen Jahr gegen den gesamten Vorstand von 18 Unternehmen stimmte. In der kommenden Frühjahrs-Hauptversammlungssaison könnte diese Aktion stark zunehmen, fügte Smith Ihenacho hinzu. Der Fonds würde in den nächsten Monaten gegen mindestens 80 Unternehmen stimmen und seine Anteile an den Unternehmen möglicherweise verkaufen, falls es immer noch keine Verbesserungen gäbe.
„Wir wollen Unternehmen beim Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft unterstützen, und sehen den Verkauf von Anteilen nicht als Mittel zur Lösung der Klimakrise“, sagte sie. „Aber am Ende werden wir das vielleicht mit einigen Firmen machen, und wir haben uns bereits von einigen getrennt, von denen wir glauben, dass sie in Bezug auf das Klima ein nicht nachhaltiges Geschäftsmodell haben“.
Staatsfonds stellt mehr Mittel für Ukraine bereit
Laut dem Guardian schloss der Fonds letzten Monat zwei Firmen aus – das chinesische Unternehmen AviChina Industry & Technology und das indische Unternehmen Bharat Electronics – aufgrund des „inakzeptablen Risikos, dass die Unternehmen Waffen verkaufen, die vom Militär in Myanmar eingesetzt werden".
Ende letzten Jahres zog sich der weltgrößte Fondsmanager Vanguard aus einer wichtigen Branchen-Initiative zur Bekämpfung des Klimawandels zurück. Der Finanzdienstleister mit Sitz in den USA sagte, er wolle damit seine Unabhängigkeit demonstrieren und seine Ansichten für Anleger klarer stellen.
Dem Guardian zufolge hat sich der norwegische Ministerpräsident Jonas Gahr Støre dem öffentlichen Druck gebeugt und mehr Geld aus seinen Öleinnahmen zur Unterstützung der Ukraine freigegeben. Norwegen hat im vergangenen Jahr 10 Milliarden Kronen für zivile und militärische Hilfe zur Verfügung gestellt.
„Wir befinden uns in einer Situation, in der wir aufgrund der außerordentlichen Einnahmen aus dem Erdölsektor Handlungsspielraum haben“, sagte Støre vor Kurzem. „Wir stocken diese Hilfe jetzt auf und werden noch mehr zur Reparatur und zum Wiederaufbau der beschädigten Infrastruktur [in der Ukraine] beitragen“.