Die EZB hat den Leitzins inzwischen auf 3,75 Prozent angehoben. Dadurch sind die Kurse von Euro-Staatsanleihen deutlich gefallen, während die Renditen gestiegen sind. Anleihen werden also zunehmend interessant.
Hartmut Walz rät Privatanlegern dennoch von langlaufenden Bundesanleihen ab und empfiehlt Bundesanleihen mit maximal zwei Jahren Restlaufzeit. „Die Frage ist ganz einfach, ob man für das höhere relative Zinsänderungsrisiko (also Risiko von Kursverlusten) für die längere Laufzeit/Duration entsprechend honoriert wird.“ Das sei nicht der Fall, denn die Renditen bei deutschen Staatsanleihen seien für Papiere mit einem Jahr Restlaufzeit aktuell am höchsten. Danach würden die Renditen mit zunehmender Laufzeit fallen (sogenannte inverse Zinsstrukturkurve).
Normalanleger sollten daher maximal Bundesanleihen mit zwei Jahren Restlaufzeit kaufen. „Ich würde die kleinen Renditen von Tagesgeld oder kurzfristigen Anleihen zur Minderung meines Inflationsschadens für den Portfolioteil nutzen, der liquide bleiben muss“, führt Walz aus. Das restliche Vermögen sei in Anlageklassen mit mehr Renditepotenzial besser angelegt, etwa auf den Aktienmärkten. Ohnehin seien Sachanlagen wie insbesondere Aktien, Immobilien und auch Gold angesichts der hohen Inflationsrate stärker zu berücksichtigen.
Nominalrenditen von 2,6 Prozent
Aktuell rentieren Bundesanleihen mit zwei bis vier Jahren Restlaufzeit bei über 2 Prozent. Dabei werfen Anleihen mit zweijähriger Restlaufzeit mit 2,6 Prozent mehr Rendite ab (etwa ISIN: DE000BU22015, DE0001141810) als vierjährige Staatsanleihen mit 2,2 Prozent (DE0001141869, DE0001102523).
Das ist zwar deutlich weniger als die Inflationsrate von 7,4 Prozent im April, aber mehr als der Tagesgeldzins. Laut der Seite tagesgeldvergleich.net bieten die Banken aktuell Tagesgeldzinsen von bis zu 3,3 Prozent pro Jahr. Allerdings garantieren sie den Zins bloß für drei bis sechs Monate. Etwa wirbt ING mit 3 Prozent Zinsen für sechs Monate und verspricht danach den normalen Zinssatz von 0,6 Prozent. Auf das Jahr hochgerechnet entspricht das einer Verzinsung von 1,8 Prozent.
Anleihen haben indes den Nachteil des Zinsänderungsrisikos. Steigen die Marktzinsen, sinkt der Kurs der Anleihe. Zwar können Anleger eine Bundesanleihe über die gesamten zwei Jahre Restlaufzeit halten und sich zum Ende den vollen Nennwert auszahlen lassen, sodass keine Verluste entstehen. Wer aber das Geld vorzeitig benötigt, könnte Verluste einfahren.
Etwa haben Bundesanleihen mit zwei Jahren Restlaufzeit aktuell eine modifizierte Duration von 1,8 bis 2. Der Kurs würde also um 1,8 bis 2 Prozent fallen, wenn der Marktzins um einen Prozentpunkt steigt – etwa aufgrund einer EZB-Zinserhöhung auf 4,75 Prozent. Eine Bundesanleihe, die zuvor bei 100 Euro notierte, ließe sich bloß noch für 98,2 bis 98 Euro verkaufen. Umgekehrt würde der Kurs aber auch um 1,8 bis 2 Prozent steigen, wenn die EZB die Leitzinsen senkt.
Bundesanleihen im Wertpapierdepot zählen indes als Sondervermögen. Geht die Bank pleite, können sie im Gegensatz zu Bankeinlagen nicht in die Insolvenzmasse fließen und für Schulden der Bank haften.
Anleger können neben Staatsanleihen und Tagesgeld auch auf Festgeld setzen. Hier zahlen die zehn besten Anbieter im Schnitt 3,33 Prozent Zinsen pro Jahr bei einer Laufzeit von einem Jahr, wie ein aktueller Vergleich von Stiftung Warentest zeigt. Bei drei Jahren Laufzeit ist mit 3,59 Prozent bloß geringfügig mehr drin.
Fremdwährungsanleihen rentieren höher
Allerdings muss die Bank nach Paragraph 314 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nur in Härtefällen eine Kündigung akzeptieren, wie die Verbraucherseite Check24 berichtet. Als Härtefälle gelten laut diverser Gerichtsurteile eine drohende Insolvenz der Bank, Hartz IV oder der Tod des Kontoinhabers. Ansonsten sind Kunden vom Entgegenkommen der Bank abhängig und müssen Zusatzkosten wie Stornogebühren bezahlen.
Bei den getesteten Festgeldkonten von Stiftung Warentest beträgt die Mindestanlagesumme zudem 5000 Euro. Bundesanleihen lassen sich bereits zu einem Preis von circa 100 Euro erwerben.
Eine weitere Option sind Fremdwährungsanleihen. Diese weisen nicht bloß höhere nominale Renditen auf, sondern sichern auch gegen Katastrophenszenarien wie einen Eurocrash ab. Hartmut Walz schlägt etwa für in der Eurozone lebende Anleger vor, 80 Prozent der liquiden Reserve in Euro zu halten und 20 Prozent in Fremdwährungen. Der Fremdwährungsanteil könne wiederum aus drei bis vier Fremdwährungen bestehen, die 5 bis 8 Prozent Anteil an der gesamten liquiden Reserve hätten.
Aktuell rentieren zahlreiche Staatsanleihen höher als die Anleihen der Euro-Nordländer. Etwa beträgt die nominale Umlaufrendite einer zweijährigen US-Staatsanleihe 4,1 Prozent (ISIN: US9128284R87, US912828XZ81) und einer einjährigen US-Anleihe sogar 4,8 Prozent (US91282CER88). Deutlich höher rentieren auch die zweijährigen Anleihen von Norwegen (3,4 Prozent, ISIN: NO0010732555), Kanada (3,8 Prozent, CA135087Q319) und Neuseeland (4,8 Prozent, NZGOVDT425C5).
Schweizer Staatsanleihen werfen wiederum deutlich weniger ab (0,9 Prozent, CH0184249990). Über die Suchmaschine der Börse Stuttgart lassen sich weitere Anleihen finden.
Fazit: Bundesanleihen dürften ausfallsicherer sein als Festgeld und Tagesgeld, weil sie im Wertpapierdepot als Sondervermögen zählen. Die Renditen von Bundesanleihen mit zwei Jahren Restlaufzeit sind höher als beim Tagesgeld (2,6 zu 1,8 Prozent) und geringer als beim Festgeld (2,6 zu 3,3 Prozent). Gleichzeitig sind Bundesanleihen liquider als Festgeld, aber illiquider als Tagesgeld. Bei einem vorzeitigen Verkauf der Anleihe können nämlich Verluste anfallen, falls der Marktzins weiter steigen sollte, etwa aufgrund von Zinserhöhungen der EZB. Aus einer Festgeldanlage kommen Einleger hingegen bloß in Extremfällen vorzeitig heraus. Die Inflation von 7,4 Prozent gleichen indes alle Zinsanlagen bei Weitem nicht aus.