Frisch nach der Pandemie werden Passagiere bald Kosten in Höhe von mehreren Billionen US-Dollar tragen müssen, damit die globale Luftfahrtindustrie bis zum Jahr 2050 ihre Dekarbonisierungs-Ziele erreichen wird.
Der Sektor hat sich verpflichtet, durch einen Mix aus neuen Technologien - insbesondere alternative Kraftstoffe sowie Kohlenstoffkompensationen und effizienteren Flugzeugen, Triebwerken und Flugverkehrsmanagement - bis 2050 eine Netto-Null-Emission zu erreichen. Fluggesellschaften werden von beiden Seiten unter Druck gesetzt: Regierungen setzen Fristen und Aktivisten kleben sich an Start- und Landebahnen, um auf die globale Erwärmung aufmerksam zu machen.
Massive Kapitalinvestitionen erforderlich
Laut Bloomberg ist die Dekarbonisierung der Airlines-Branche eine Mission von unwahrscheinlichem Ausmaß: Es handelt sich um die Neutralisierung der Kohlenstoffemissionen von etwa 25.000 Flugzeugen in der weltweiten kommerziellen Flotte, die jährlich etwa vier Milliarden Menschen befördern und fast 100 Milliarden Gallonen Kerosin verbrauchen.
Für die Fluggäste bedeutet der Sanierungsschub wenig Aussicht auf Entlastung von erheblichen Preissteigerungen nach der Pandemie. Nach Angaben von McKinsey & Co. könnten rund Fünf Billionen US-Dollar an Kapitalinvestitionen erforderlich sein, damit der Sektor bis 2050 kohlenstoffneutral ist. Fast der gesamte Betrag würde in die nachhaltige Kraftstoffproduktion und die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen fließen, so die Unternehmensberatungsfirma.
Bloomberg zufolge fangen führenden Vertreter der Branche an, ganz klar zu sagen, dass die Dekarbonisierungs-Kosten von Passagieren getragen werden müssen: „Daran führt kein Weg vorbei“, so Willie Walsch, Generaldirektor der International Air Transport Association, die wichtigste globale Lobbygruppe der Branche.
Christian Bennett, Leiter der Abteilung Nachhaltigkeit bei Virgin Australia Airlines in Brisbane, betonte: „Wir müssen den Fluggästen ganz offen sagen, was das alles bedeuten wird“. Die Kosten der Dekarbonisierung seien der "Elefant im Raum".
In der EU werden Vorschriften in Kraft treten, die die Ticketpreise fast sofort in die Höhe treiben werden. Die neue RefuelEU-Regelung verpflichtet die Fluggesellschaften, ihre Flugzeuge bis 2025 mit einer Mischung aus zwei Prozent nachhaltigem Flugbenzin zu betanken. Bis 2030 soll dies auf sechs Prozent und bis 2050 auf 70 Prozent ansteigen.
Klima-Auswirkungen auf die Branche: Nicht mehr eine theoretische Frage
Der globale Flugverkehr ist zwar nur eine der vielen Arten, wie der Mensch den Planeten aufheizt, doch der Anteil der Branche am CO2-Ausstoß wird drastisch steigen wenn andere Sektoren dekarbonisiert werden.
Laut Bloomberg sind sich Regierungen zunehmend bewusst, dass der ungebremste Klimawandel große wirtschaftliche und menschliche Kosten verursachen wird. Nach einem Sommer mit tödlichen Hitzewellen, in dem Touristen in Griechenland und auf Hawaii vor verehrenden Waldbränden evakuiert werden mussten, sind die Auswirkungen auf die Luftfahrtindustrie nicht mehr eine theoretische Frage.
Zukunfts-Blick: Große Herausforderungen
Führungskräfte von Fluglinien müssen sich mit schwierigen Themen auseinandersetzen: Wie können sie ihren CO2-Fußabdruck senken, ohne Gewinne zu zerstören, und Forderungen abwehren, einfach weniger zu fliegen.
Da sie weder die Flugzeuge herstellen noch den Treibstoff liefern, sind die Fluggesellschaften von anderen Akteuren wie Flugzeugbauern, Triebwerksherstellern und Energieunternehmen abhängig.
Nach Angaben von Bloomberg sind die Möglichkeiten begrenzt. Verkehrsflugzeuge, die heute ausgeliefert werden, fliegen vielleicht noch im Jahr 2050. Auch wird es Jahre, wenn nicht Jahrzehnte dauern, bis neue, batterie- oder wasserstoffbetriebene Flugzeuge entwickelt werden. „Momentan ist es am besten, konventionelle Flugzeuge mit weniger umweltschädlichen Nachahmungstreibstoffen zu betanken, für die keine weiteren Ölbohrungen erforderlich sind", so das finanzielle Nachrichtenunternehmen. „Aber auch das wird eine gewaltige Anstrengung erfordern, um ein Produktionssystem für alternative Kraftstoffe aufzubauen, das heute kaum existiert“.
Bloomberg kommt zu dem Schluss, dass auf der Jagd nach der 2050-Kohlenstoffneutralität einige Airlines dem Ziel näherkommen werden als andere. Fluggesellschaften mit dem höchsten Schadstoffausstoß werden in Zukunft möglicherweise Flüge zu Zielen, die strenge Auflagen oder Steuern auf fossile Brennstoffe haben, ganz aufgeben müssen.
In Deutschland hat der Reisekonzern TUI vor Kurzem eine starke Reise-Nachfrage gemeldet sowie den ersten Nettogewinn seit der Corona-Krise verzeichnet. Die Nachfrage nach Urlaubsreisen sei weiter hoch und die hohe Inflation hätte die Reiselust kaum gedämpft, so der Konzern.