Mit dem umstrittenen Gebäudeenergiegesetz (das sogenannte Heizungsgesetz) wird die energetische Gebäudesanierung in Deutschland in den nächsten zwei Jahrzehnten schnell an Fahrt gewinnen und zu einer massiven Sanierungs-Welle führen: Wohnhäuser werden saniert, umgebaut oder aufgestockt werden.
Doch laut der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) droht wegen den großen Sanierungen eine „Asbest-Welle", die besonders für Bauarbeiter und Handswerksfirmen eine erhebliche Gefahr ist. Auch Eigentümer, Mieter und Hausmeister können durch Renovierungsarbeiten in der Wohnung oder im Gebäude wegen Kontakt mit asbesthaltigen Stoffen gefährdet seien.
Warum Asbest eingesetzt wurde, wann das Material gefährlich ist für Hausbesitzer und Mieter und was bei einer Asbest-Sanierung beachtet werden muss erklären wir Ihnen hier.
Unsichtbare Gefahr
IG Bau warnte vor Kurzem vor einer „unsichtbaren Gefahr“ durch Asbest. Vorstandsmitglied Carsten Burckhardt zufolge beginnt die Gefährdung mit Baustaub und dem Einatmen von Asbestfasern. „Dabei haben Bauarbeiter und Heimwerker kaum eine Chance, diese Gefahr zu erkennen. Bis zu 30 Jahre dauert es, ehe es zur Diagnose kommt: Asbestose mit Lungen-, Bauchfell- oder Kehlkopfkrebs“.
Millionen Tonnen Asbest stecken in Altbauten. Nach Angaben von IG Bau sind 9,4 Millionen Wohnhäuser in Deutschland „Asbest-Fallen,“ denn bei Sanierungsarbeiten kann das Material freigesetzt werden. Asbest ist in vielen Baustoffen zu finden, und steckt unter anderem in Balkonbrüstungen, in Dach- und Fassadenplatten, in Fliesenklebern und Fußbodenbelägen.
Nach Ansicht von Burckhardt liegt ein großes Problem bei Spritz-Asbest: „Hier sind die Asbestfasern schwächer gebunden und können deshalb leichter freigesetzt werden. Vor allem Aufzugsschächte sowie Schächte mit Versorgungs- und Entsorgungsleitungen wurden früher intensiv mit Spritz-Asbest verkleidet“.
Da es Fahrstühle vorwiegend in großen Gebäuden gibt, haben diese aktuell das höchste Risiko einer Asbest-Belastung. Leiter des Pestel-Instituts, Matthias Günther, wies darauf hin, dass es bundesweit drei Millionen Wohnungen gibt, die in den vier Jahrzehnten ab 1950 in Mehrfamilienhäusern mit 13 und mehr Wohnungen neu gebaut wurden. „Bei einer Sanierung im bewohnten Zustand ist es wichtig, hier mit aller größter Sorgfalt professionell vorzugehen“, betonte Günther.
Wann wurde Asbest eingesetzt?
Von 1950 bis 1989 kamen Asbest-Baustoffe in Deutschland intensiv zum Einsatz. Seit Oktober 1993 darf beim Bauen kein Asbest mehr benutzt werden, doch in allen Gebäuden, die vor dem Datum gebaut wurden, muss mit Asbest gerechnet werden.„Es ist davon auszugehen, dass es in jedem Gebäude, das in diesen vier Jahrzehnten gebaut, modernisiert oder umgebaut wurde, Asbest gibt. Mal mehr, mal weniger“, so Burckhardt.
Wann ist Asbest gefährlich?
Für die Menschen, die in Wohngebäuden leben, die mit asbesthaltigen Baustoffen gebaut wurden, gibt es eine Entwarnung: „Eine unmittelbare Gefährdung für die Gesundheit gibt es nicht“, sagten IG BAU, das Pestel-Institut und die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft vor Kurzem auf einer Pressekonferenz in Berlin. Asbest in Altbauten könne erst dann zum Problem werden, wenn saniert oder umgebaut werde.
Eine Asbest-Gefahr besteht, wenn die Asbestfasern bei Sanierungen freigesetzt und dann eingeatmet werden. Diese Fasern können Asbestose - eine Erkrankung der Lunge, die durch Einatmen und Ablagerung von Asbeststaub in den Atemwegen entsteht - auslösen.
Was muss man bei einer Asbest-Sanierung beachten?
Liegt Asbest in der Bausubstanz vor, dürfen - laut dem Umweltbundesamt - Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten nur von Firmen ausgeführt werden, die über die erforderlichen sicherheitstechnischen Voraussetzungen verfügen, sowie eine entsprechende Zulassung der zuständigen Behörde. Doch zum Beispiel beim Bohren eines Loches in asbesthaltigem Putz ist keine erhöhte Gefahr zu erwarten, so das Bundesamt.
Maßnahmenpaket zum Umgang mit der Asbest-Gefahr
Um der „Asbest-Welle“ entgegenzutreten, fordert die IG Bau ein Maßnahmenpaket. „Es geht dabei um bessere Informationen über Asbest-Gefahren bei Gebäuden, um die Förderung von Asbest-Sanierungen und vor allem auch um konsequenten Arbeitsschutz,“ so Burckhardt. Die Gewerkschaft fordert auch einen Schadstoff-Gebäudepass mit unterschiedlichen Gefahrenstufen für die jeweilige Asbest-Belastung eines Gebäudes, sowie einen Asbest-Gipfel von Bund, Ländern und Kommunen.