Politik

Finanzierung der Ukraine: Europa überholt die USA

Im Rahmen des großen Stellvertreterkrieges zwischen Washington und Moskau leisten die Europäer massive finanzielle und militärische Hilfe. Die Rüstungsindustrie beider Kontinente macht sehr gute Geschäfte.
07.09.2023 09:52
Aktualisiert: 07.09.2023 09:52
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Finanzierung der Ukraine: Europa überholt die USA
Die Europäer leisten mehr Finanzhilfe für die Ukraine als die USA. (Foto: dpa) Foto: Kay Nietfeld

Europa hat seine Hilfen für die Ukraine erhöht und einer Studie zufolge damit die USA deutlich überholt. In dem erfassten Zeitraum bis zum 31. Juli summiere sich der Wert des zugesagten Gesamtvolumens von europäischen Gebern auf 156 Milliarden Euro verglichen mit knapp 70 Milliarden Euro von den USA, teilte das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) am Donnerstag mit.

"Zum ersten Mal seit Beginn des Krieges hinken die USA nun klar hinterher." Ein Hauptgrund dafür sei die neue sogenannte "Ukraine-Fazilität" der Europäischen Union (EU) über 50 Milliarden Euro. Aber auch andere europäische Länder hätten ihre Unterstützung mit neuen mehrjährigen Paketen aufgestockt.

"Es ist bemerkenswert, wie schnell Europa zu einem dauerhaften, mehrjährigen Unterstützungsprogramm für die Ukraine übergegangen ist", sagte IfW-Fachmann Christoph Trebesch. Im ersten Kriegsjahr hätten noch die USA den Weg vorgegeben.

Im Sommer setzte die EU mit der Ankündigung des neuen mehrjährigen Unterstützungspakets von 50 Milliarden Euro, das zwischen 2023 und 2027 bereitgestellt werden soll, ein klares Signal und verdoppelte damit die gesamten EU-Zusagen.

Zusätzlich gibt es laut IfW wichtige neue mehrjährige Zusagen einzelner europäischer Länder, insbesondere ein vierjähriges militärisches Unterstützungspaket Deutschlands von 10,5 Milliarden Euro (2024 bis 2027) und Norwegens "Nansen-Unterstützungsprogramm" über 6,6 Milliarden Euro über fünf Jahre. Weitere Pakete mit mehrjähriger Laufzeit sagten Dänemark, Großbritannien, die Schweiz, Schweden, Portugal und Litauen zu.

Im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) und unter Berücksichtigung der mehrjährigen Programme ist Norwegen nun der größte Unterstützer der Ukraine und hat Hilfen von 1,7 Prozent seines BIP zugesagt, wie aus der Studie hervorgeht. Die baltischen Staaten Litauen, Estland und Lettland folgen in dieser Rangliste und bleiben auf den vorderen Plätzen, selbst wenn man mehrjährige Verpflichtungen berücksichtigt.

Bombengeschäfte

Mit Blick auf schwere Waffensysteme gab es dem IfW zufolge viele neue Lieferungen. "Der Anteil tatsächlich gelieferter Systeme im Vergleich zu den Zusagen hat sich im jüngsten Update um fünf Prozentpunkte auf 69 Prozent erhöht."

Vor allem bei Panzern, Artillerie-Munition und bei Raketenabwehrsystemen bestehe allerdings noch eine größere Lücke zwischen Zusagen und Lieferungen. "Trotz der vielversprechenden neuen Zusagen bleibt abzuwarten, wie viel tatsächlich geliefert wird und wann", betonte Trebesch. "In der Vergangenheit waren die europäischen Geber oft langsam mit ihren Lieferungen, das wird in Zukunft hoffentlich seltener der Fall sein."

Die USA wollen indes erstmals im Rahmen militärischer Hilfen umstrittene Uran-Munition an die Ukraine liefern. Die mit abgereichertem Uran gefüllten Granaten sind Teil eines am Mittwoch vom Verteidigungsministerium angekündigten neuen Hilfspakets im Volumen von 175 Millionen Dollar. Die Granaten sollen von Abrams-Panzer verschossen werden. Zudem sollen Panzerabwehrsysteme, Flugnavigationssysteme und Munition für mobile Artillerieraketensysteme (HIMARS) dem ukrainischen Militär übergeben werden.

Der Einsatz von Uran-Munition ist sehr umstritten. Gegner kritisieren Gesundheitsrisiken durch den Kontakt mit radioaktiven Uranstaub. Abgereichertes Uran ist ein Nebenprodukt der Urananreicherung. Durch seine extreme Dichte haben die Geschosse eine sehr hohe Durchschlagskraft.

Die 175 Millionen Dollar sind Teil von einer Milliarde Dollar umfassenden Hilfen, die US-Außenminister Antony Blinken bei seinem Besuch in Kiew am Mittwoch angekündigt hat. Davon sollen über 665 Millionen Dollar für militärische und zivile Zwecke ausgegeben werden. Mehrere Millionen Dollar sollen in Luftabwehr investiert werden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Unternehmen
Unternehmen Rüstungsindustrie: Maschinenbauer Trumpf will vom Rüstungsboom profitieren
20.08.2025

Auch der schwäbische Maschinenbauer Trumpf steht vorm Einstieg in das Rüstungsgeschäft: Der Laserspezialist gibt bekannt, seine...

DWN
Politik
Politik Wird der Fed-Chef mit seiner Rede die Märkte begeistern oder enttäuschen?
20.08.2025

Alle Augen richten sich auf Jackson Hole: Fed-Chef Jerome Powell steht zwischen Trumps politischem Druck, schwachen US-Arbeitsmarktdaten...

DWN
Politik
Politik Treffen in Budapest? Ukraine-Gipfel könnte bei Ungarns Regierungschef Orban stattfinden
20.08.2025

Trump könnte sich vorstellen, dass Ungarn Gastgeber für das besprochene Treffen zwischen Selenskyj und dem russischen Präsidenten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Steigende Zusatzbeiträge: Arbeitgeberverbände fordern eine Neuauflage der Praxisgebühr
20.08.2025

Nicht nur wegen des bürokratischen Aufwands stand die frühere Praxisgebühr in der Kritik. Aus Sicht der Arbeitgeber wäre jetzt aber...

DWN
Immobilien
Immobilien Luxusvillen: Linke für Sondersteuer auf teure Immobilien
20.08.2025

Anstatt Maßnahmen gegen die Wohnungsnot vorzuschlagen, setzt die Linke auf Neidpolitik: Einige wohnen üppig, andere finden keine Bleibe...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Stihl lagert aus: Entwicklung und Produktion der Mähroboter geht nach China
20.08.2025

Der Industriestandort Deutschland verliert weiter an Relevanz: Kettensägenhersteller Stihl zieht sich mit dem gesamten Geschäftsbereich...

DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Interview: Zwischen Zöllen und Rezession – wie Unternehmen sich absichern können
20.08.2025

Handelskonflikte, Rezessionsängste und steigende Zölle verunsichern viele Unternehmen. Im Exklusiv-Interview zeigt Allianz-Firmenvorstand...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Generation Z: Kündigen ohne Grund? So funktioniert moderne Arbeit
20.08.2025

Generation Z kündigt ohne Grund – doch genau darin liegt für Unternehmen eine Chance. Wer ihre Spielregeln versteht, bleibt...