Immobilienblase: Definition eines gefährlichen Phänomens
Wenn man von einer Immobilienblase spricht, handelt es sich um ein spekulatives, wirtschaftliches Phänomen. Bei einer Blase wird ein Abschnitt des Immobilienmarkts – nehmen wir zum Beispiel Wohnungen im Stadtraum einer Großstadt – deutlich überbewertet. Im Rahmen der Immobilienblase steigt der Preis dieses Teilmarkt exponentiell, teilweise sogar explosiv.
Platzt die Blase, verliert dieser Teilmarkt dann oft ebenso exponentiell und explosiv an Wert. In kürzester Zeit können Immobilienpreise ins Bodenlose fallen und so die Besitzer ins Straucheln bringen, Kredite zu bezahlen. In den meisten Fällen ist dies aber ein kurzzeitiges Phänomen.
Ursachen für eine Immobilienblase gibt es viele, die typischste unter ihnen ist ein attraktives, weitreichendes Angebot an Immobilienfinanzierungen. Auch politische Maßnahmen, zum Beispiel steuerliche Anreize, die Investoren, Unternehmen und private Käufer in eine Region oder zu einem Standort hinziehen sollen, können dazu führen, dass sich die Blase unnatürlich und rapide aufbläht. Grundsätzlich besteht dann die Gefahr, dass eine Immobilienblase platzt, wenn keine angemessenen (Gegen)Maßnahmen zu rapiden Wachstum ergriffen werden.
Die wohl bekannteste geplatzte Immobilienpreise der letzten 30 Jahre fand 2007 in den USA statt. Durch die systematische Ausweitung von Kreditangeboten und -gewährungen konnten auch viele Bürger, die de facto nicht die notwendige Bonität mit sich brachten, Kredite aufnehmen (auch Subprime-Kredite genannt). Die steigende Nachfrage an Immobilien dank der „billigen“ Kredite führte gleichzeitig zu einem Anstieg der Immobilienpreise. Aufgrund fehlender Marktregulierung, zum Beispiel durch entgegenwirkende Zinsen, wuchs und wuchs die Blase – bis die US-amerikanische Großbank Lehman Brothers unter der Kreditlast zusammenbrach und die Blase platzte.
Immobilienblase in Deutschland
Zum ersten Mal seit 20 Jahren fallen die Immobilienpreise in Deutschland – und das nicht nur auf dem Land. Laut dem Statistischen Bundesamt fielen zwischen Juli und September 2023 die Preise um 10,2% im Vergleich zu 2022. Anfang 2024 verzeichnet der Immobilienpreis ein Minus von 6,8%. Nachdem 2022 ein Höchststand der Immobilienpreise erreicht wurde, fallen die Preise langsam, seit Mitte 2023 rapide. Selbst in Bundesmetropolen wie Hamburg, München und Frankfurt kostet eine Wohnung im Durchschnitt 9,1% weniger als im Vorjahr. Konstantin Kholodilin von der Abteilung Makroökonomie des Deutschen Instituts der Wirtschaftsforschung (DIW) sagt gegenüber der Tagesschau klar und deutlich: „Die Blase ist geplatzt.“
Die laufende Baukrise tut ihr übriges, um die Krise zu verstärken. Lange geplante Projekte verzögern sich, was sich oft auch auf den Preis des Bauvorhabens auswirkt. Aufgrund Personal- und Materialmangel werden sowohl auf privater als auch auf politischer Ebene kontinuierlich Bautermine ins Unendliche verschoben. Das Ziel der Bundesregierung, jährlich 400.000 neue Wohnungen zu bauen, wurde 2023 klar verfehlt. Inflation, steigende Zinsen und explodierende Baukosten tun ihr übriges, um den Immobilienmarkt zu einem kritischen Zeitpunkt lahmzulegen.
Lange Zeit war es attraktiv, eine Immobilie zu kaufen. Zahlreiche Kreditoptionen und niedrige Zinsen haben die Kauflust der Deutschen angefeuert. Jetzt der Absturz.
Was bedeutet das für Immobilienbesitzer?
Auswirkungen für Immobilienbesitzer
Laut Einschätzungen der DZ Bank werden die Immobilienpreise auch 2024 weiter fallen. Es werden weitere Rückgänge von 0,5 bis 2,5% erwartet. Mit Blick auf das kürzlich in Kraft getretene Heizungsgesetz wird es bei Immobilien mit schlechter Energiebilanz sicher noch mehr sein. Fragen rund um (Energie)Sanierungsmaßnahmen und Regelungen im Neubau werfen weitere Schatten der Unsicherheit auf den Immobilienmarkt.
Dazu kommt der eventuelle bedeutendste Grund für die platzende Blase: die stark gestiegenen Zinsen. Durch die höheren Zinsen ist es vielen Menschen nicht möglich, einen Kredit zu bekommen. Jene, die bereits einen Kredit ohne günstige Zinsbindung haben, sehen sich mit neuen explodierenden Kosten konfrontiert.
Trotz besorgniserregenden Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt sind sich Experten aber einig: Es ist nicht alles verloren. Die Inflation sinkt. Ökonomen erwarten, dass die Europäische Zentralbank (EZB) im laufenden 2024 den Leitzins senken wird, um eine Krise im Stile der USA zu vermeiden.
Was bedeutet es, wenn die deutsche Immobilienblase „offiziell“ platzt?
Auf Seiten von Mietern bedeutet eine geplatzte Immobilienblase Erleichterung: Wohnraum wird günstiger, sowohl zum Mieten als auch zum Kaufen. In der aktuellen Lage, in der Wohnraum zu einem schier unerreichbaren Luxus geworden ist, wäre das eine scheinbare Idealsituation.
Auf Seiten von Immobilienbesitzern, spezifisch jene, die noch laufende Kredite haben, kann das Platzen zu einer Katastrophe werden. Die Immobilie verliert in einem unregulierten Markt drastisch an Wert, der Kredit muss aber dennoch unter „alten“ Bedingungen abbezahlt werden. Viele können die Kredite dann nicht weiter tragen. Das bedeutet, dass die Immobilie an die Bank „zurückgeht“ und zu einem deutlich niedrigeren Preis zwangsversteigert werden muss. Kurz gesagt bedeutet eine geplatzte Immobilienblase enorme Kosten beziehungsweise Verluste sowohl auf Seiten des Kreditnehmers als auch der Banken.
Hierbei muss aber ein Wort mehrfach unterstrichen werden: unregulierter Markt. Der deutsche Markt unterliegt der Regulierung mehrerer Instanzen, allem voran Politik auf Bundes- und Europaebene. Tatsächlich ist die starke Regulierung des Immobilienmarkts in Deutschland sogar ein Beschwerdepunkt mancher Experten, so auch Silke Kerstin vom Handelsblatt, die den Markt als „totreguliert“ (2022) bezeichnet. Pandemie, Krieg, Regierungswechsel und die damit verbunden wirtschaftlichen Stolpersteine haben ihre Spuren hinterlassen. Doch es ist notwendig diese als außergewöhnliche Faktoren wahrzunehmen, welche den aktuellen Immobilienmarkt mit beeinflusst haben und sich im Laufe des Zeit voraussichtlich wieder entspannen werden.
Experten zeigen sich hoffnungsvoll
Die Sorge rund um eine platzende Immobilienblase ist durchaus berechtigt. Explodierende Zinsen, steigende Baukosten und die Material- und Personalkrise im Bau bringen viele Immobilienbesitzer aktuell in eine prekäre Lage und halten Interessenten davon ab, in den Markt zu investieren.
Dennoch sind sich Experten einig, dass es sich hierbei um eine temporäre Krise handelt und die Situation in Deutschland nicht mit der Wirtschaftskrise 2008 vergleichbar ist. Es werden bereits regulierende Maßnahmen ergriffen, um den Markt auszugleichen. Deswegen wird empfohlen, aktuell auf Kurzschlussreaktionen zu verzichten und abzuwarten.