Weltwirtschaft

Die Preise für Batteriemetalle brechen ein – es drohen Versorgungsengpässe

Lesezeit: 3 min
07.02.2024 11:48  Aktualisiert: 07.02.2024 11:48
Der massive Preisverfall einiger der wichtigsten Energiemetalle schadet den Bergbauunternehmen und verhindert wichtige neue Projekte. Die zunehmenden Turbulenzen dürften bereits mittelfristig Auswirkungen auf die Versorgung haben und die Umsetzung der geforderten grünen Transformation gefährden.
Die Preise für Batteriemetalle brechen ein – es drohen Versorgungsengpässe
Der massive Preisverfall einiger der wichtigsten Energiemetalle schadet den Bergbauunternehmen und verhindert wichtige neue Projekte. (Foto: dpa)

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In den vergangenen Jahren erlebte die Bergbaubranche einen Wandel. Während sich die langfristigen Nachfrageaussichten für die altbewährten Eisenerz- und Kohlevorkommen eintrübten, boten die auf politischer Ebene rasant vorangetriebenen Dekarbonisierungsbestrebungen erhebliches Potenzial für die für diesen Wandel dringend benötigten Mineralien. Batteriemetalle, wie Kupfer, Kobalt, Nickel oder Lithium wurden zum Lichtblick der Bergbauindustrie, deren Nachfrage explodierte geradezu und trieb die Preise in teilweise astronomische Höhen. Regierungen und die Unternehmen der Energiewendeindustrie lechzten nach den raren Grundstoffen, die sie für ihre Anti-Klimawandelprojekte benötigten, und die Bergbaubranche bot die Lösung an, indem sie die Materialien lieferte, die die Abhängigkeit der Menschheit von fossilen Brennstoffen beenden sollten.

Boom & Bust

Von den schwindelerregenden Höhen, die Kobalt & Co. im Jahr 2022 erreichten, und damit den involvierten Förderunternehmen einen regelrechten Boom bescherten, sind diese Metalle mittlerweile meilenweit entfernt. Mit knapp über 16.000 US-Dollar pro Tonne notiert Nickel derzeit rund 66% unter seinem Höchststand, Kobalt brach mit einem Minus von 65% ähnlich stark ein und Lithium liegt mehr als 83% unter seinem Rekordwert von Ende 2022 – seinerzeit wechselte eine Tonne des silberweißen Minerals zu mehr als 83.000 US-Dollar den Besitzer. Die Angst vor einer bevorstehenden Verknappung bei diesen Metallen heizte die Förderung an und sorgte in Kombination vor allem mit der nicht so reibungslos und zügig vorangehenden Umstellung der Konsumenten auf Elektrofahrzeuge, in deren Batterien diese Mineralien eingesetzt werden, für einen erheblichen Überschuss an Lagerbeständen. So haben beispielsweise General Motors, Honda, LG Energy Solution und andere Auto- und Batteriehersteller in den letzten Monaten ihre Expansionspläne für Elektrofahrzeuge deutlich zurückgeschraubt, vor allem weil die nun wieder steigenden Zinsen die Nachfrage dämpfen. Nach Prognosen des Beratungsunternehmens Benchmark Mineral Intelligence wird die nun vorliegende Angebotsschwemme noch bis 2028 anhalten und den Markt im Ungleichgewicht belassen. Die fallenden Preise kommen zu einer Zeit, in der aus der Blase der grünen Energie gehörig Luft entweicht, und dies nicht nur im EV-Sektor. So hat beispielsweise der weltweit größte Entwickler von Offshore-Windparks, Orsted A/S, seine Projekte in den USA aufgegeben, auch Solaraktien brechen aufgrund sinkender Nachfrage ein.

Bergbauunternehmen geraten in die Bredouille

Der Überschwang der vergangenen Jahre ist spürbar verflogen, und auch die Industrie vollzieht nun eine Kehrtwende. Mittlerweile ist vom vorangegangenen Ansturm einiger der größten Akteure der Automobilindustrie, die sich über maßgebliche Beteiligungen an Minen die künftige Versorgung sichern wollten, nichts mehr übrig. Jetzt bekommen die Automobilhersteller kalte Füße und brechen die Verhandlungen ab, wie Investmentbanker und Führungskräfte der Branche berichten. Das Ende des laufenden Preisverfalls ist Marktbeobachtern zu Folge noch lange nicht erreicht, und diese Einschätzung erschwert den Unternehmen der Branche auch die Kapitalbeschaffung aus „traditionellen“ Quellen. Das ist ein erhebliches Problem für ein so kapitalintensives Betätigungsfeld, wie den Bergbau. Angesichts deutlich angezogener Zinsen und hoher Inflation stehen viele Unternehmen dieser enorm komplexen und energieintensiven Branche bereits mit dem Rücken zur Wand, wobei kleine Förderer besonders hart getroffen werden. Der anhaltende Einbruch der Rohstoffpreise in diesem Sektor stellt die Produzenten weltweit auf eine harte Probe und lässt die bedauerliche Aussicht auf umfassende Minenschließungen aufkommen. Bereits jetzt finden sich Beispiele für Bergwerksschließungen, Insolvenzen und Produktionskürzungen in allen relevanten Gebieten, von Südamerika über Afrika bis Australien. Selbst Dickschiffe, wie die BHP Group Ltd., als einer der weltgrößten Bergbaukonzerne, lässt bereist Federn und schließt Teile ihrer Verarbeitungsanlagen. Der Schweizer Rohstoffgigant Glencore erklärte im September, dass es die Finanzierung einer seiner wichtigsten Nickelminen nur noch bis nächsten Monat aufrechterhalten könne. Nickelwerke im französischen Territorium Neukaledoniens sind von der Schließung bedroht, wie die französische Regierung mitteilte.

Bust & Boom

Die Turbulenzen innerhalb der Branche dürften sich weiter verstärken, langfristige Auswirkungen auf die Versorgung haben und zudem die Bemühungen der Regierungen, den künftigen Zugang zu wichtigen Mineralien zu sichern, gefährden. Der Bau neuer Minen dauert Jahre, manchmal Jahrzehnte, und ins Stocken geratene Projekte lassen sich oft nur schwer wieder in Gang bringen. Aktuell weisen die meisten wichtigen Batteriemärkte zwar einen Überschuss auf, doch bereits für das Ende des Jahrzehnts werden wieder Engpässe prognostiziert, vor allem, da sich die Ökologisierung der Wirtschaft beschleunigt. Im Fall von Lithium, einem einstmals winzigen Rohstoffmarkt, der erst auf Grund seiner wichtigen Rolle, die er in Elektroauto-Batterien spielt, ins weltweite Rampenlicht katapultiert wurde, zeigt die extreme Berg- und Talfahrt der letzten Jahre, wie schwierig es ist, das künftige Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage sowie die Preisentwicklung zu prognostizieren - sowohl für die Produzenten als auch für ihre Investoren. Der klassische Schweinezyklus, in dem sich Rohstoffmärkte auf Grund ihrer Marktdynamiken üblicherweise zu bewegen pflegen und der durch langwellig oszillierende Preisbewegungen charakterisiert ist, dürfte sich auch im Segment der „Energiewendemetalle“ einstellen.

Sollte der menschliche Erfindergeist nicht bereits kurzfristig Substitute für die in der Energiewendetechnik derzeit unverzichtbaren Mineralien finden, wird das nun stetig rückläufige Angebot zum Ende der Dekade wiederrum zu deutlichen Preisanstiegen führen. Darüber hinaus, und das ist ein weit größeres Problem als höhere Preise, werden dann die benötigten Rohstoffe schlicht fehlen. Im Gegensatz zu Geld lassen sich diese nicht drucken. Es ist nun also Weitsicht gefragt, die Bevorratung mit den jetzt im Überfluss vorhandenen Mineralien empfiehlt sich. Zu befürchten ist jedoch, dass auch Regierungen und Unternehmen „menschlich“ agieren: an den Aktienmärkten verkaufen Anleger gerne zu niedrigen Kursen und kaufen, wenn es teuer ist. Ein psychologischer Effekt, der auf das Missverständnis der Begriffe „Wert“ und „Preis“ zurückgeht und vor dem auch Firmen- und Staatenlenker oftmals nicht gefeit sind.

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Markus Grüne (49) ist langjähriger professioneller Börsenhändler in den Bereichen Aktien, Derivate und Rohstoffe. Seit 2019 arbeitet er als freier Finanzmarkt-Journalist, wobei er unter anderem eigene Börsenbriefe und Marktanalysen mit Fokus auf Rohstoffe publiziert. 


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