Unternehmen

Angestrebte Schlichtung für Lufthansa-Bodenpersonal macht Hoffnung

Lesezeit: 3 min
15.03.2024 16:16
Weitere Warnstreiks des Luftsicherheitspersonals an Flughäfen führen zu Ausfällen. Im Konflikt des Lufthansa-Bodenpersonals wird dagegen eine Schlichtung angepeilt.
Angestrebte Schlichtung für Lufthansa-Bodenpersonal macht Hoffnung
Anzeigetafel für Abflüge am Flughafen München: Die Kabinengewerkschaft Ufo hatte etwa 19.000 Beschäftigte der Fluggesellschaft aufgerufen, ihre Arbeit niederzulegen. (Foto: dpa)
Foto: Peter Kneffel

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Für von Streik geplagte Fluggäste in Deutschland gibt es einen Hoffnungsschimmer. Im Tarifkonflikt des Lufthansa-Bodenpersonals soll nach fünf Runden ohne Einigung nun eine Schlichtung eine Lösung bringen. Zugleich setzte das Luftsicherheitspersonal seine Warnstreiks an mehreren deutschen Flughäfen am Freitag fort. Nach Schätzungen des Flughafenverbandes ADV fielen durch die zweitägigen Ausstände der Sicherheitskräfte insgesamt 662 Flüge aus, mehr als 100 000 Passagiere waren betroffen.

Im Tarifkonflikt für die rund 25 000 Beschäftigten der Lufthansa am Boden streben die Gewerkschaft Verdi und die Fluggesellschaft möglichst schnell ein Schlichtungsverfahren an. Verdi-Verhandlungsführer Marvin Reschinsky hält eine Einigung in der angepeilten Schlichtung bis spätestens Karsamstag (30. März) für «sehr realistisch. Ich glaube, beide Seiten wollen einen Streik an Ostern vermeiden.» Während der Schlichtung soll eine Friedenspflicht gelten.

Streiks am Ostersonntag bei Scheitern der Gespräche möglich

Sollte es keine Einigung geben, sei ein Streik allerdings bereits am Ostersonntag möglich, bekräftigte der Verdi-Verhandlungsführer. Die Gewerkschaft will in der kommenden Woche mit den Vorbereitungen für eine Urabstimmung beginnen, die bis Karfreitag abgeschlossen sein soll. Parallel zu den Gesprächen über eine Schlichtungsvereinbarung als Voraussetzung für das Verfahren läuft derzeit die Suche nach Schlichtern. Dabei soll nach dem Willen von Verdi jede Seite einen eigenen Vermittler benennen.

Auch Lufthansa-Personalvorstand Michael Niggemann hatte die Bereitschaft zu einer Einigung betont. Man sei einer Lösung näher gekommen, es habe aber noch nicht zum Abschluss gereicht, sagte Niggemann am Donnerstag nach der fünften Verhandlungsrunde. «Gemeinsam wollen wir nun mit Hilfe einer Schlichtung die offenen Punkte klären, um dann eine Einigung zu erzielen.»

Verdi verlangt für das Lufthansa-Bodenpersonal bei einer Laufzeit von zwölf Monaten 12,5 Prozent mehr Geld, während das Unternehmen bei einer Laufzeit von 28 Monaten bislang 10 Prozent angeboten hat. Vergleichsweise unstrittig ist eine Inflationsausgleichsprämie von 3000 Euro. In der vergangenen Woche waren wegen eines von Verdi organisierten Warnstreiks in diesem Bereich Hunderte Lufthansa-Flüge ausgefallen.

Einschränkungen im Flugverkehr durch Warnstreiks

Wegen weiterer Warnstreiks des Luftsicherheitspersonals gab es für Fluggäste in Deutschland auch am Freitag Einschränkungen. An den Flughäfen Hannover, Dortmund, Weeze, Dresden, Leipzig sowie Karlsruhe/Baden-Baden sind die Mitglieder der Gewerkschaft Verdi zu Warnstreiks aufgerufen. Die ersten Beschäftigten traten am späten Donnerstagabend in Hannover in den Ausstand. Mit den Warnstreiks will Verdi vor der nächsten Verhandlungsrunde am 20. März den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen.

Bereits am Donnerstag hatten Warnstreiks des Sicherheitspersonals an fünf deutschen Flughäfen den Betrieb weitgehend zum Erliegen gebracht. Betroffen waren Flughäfen in Berlin, Hamburg, Stuttgart, Karlsruhe/Baden-Baden sowie Köln/Bonn. In der Regel wurden sämtliche Abflüge gestrichen, weil Passagiere und Waren keine Sicherheitskontrollen mehr durchlaufen konnten. Bei den Landungen kam es ebenfalls zu zahlreichen Ausfällen.

Bei den Tarifverhandlungen geht es um die Löhne und Arbeitsbedingungen von rund 25.000 Beschäftigten privater Sicherheitsdienstleister. Sie kontrollieren im Auftrag der Bundespolizei Passagiere, Personal und Gepäck an den Zugängen zum Sicherheitsbereich. In dem Tarifkonflikt gab es bislang fünf Verhandlungsrunden.

Kritik am Ausmaß der Arbeitskämpfe im Luftverkehr

Die Arbeitgeber kritisierten das Ausmaß der derzeitigen Arbeitskämpfe im Luftverkehr als unangemessen und verwiesen auf einen millionenschweren wirtschaftlichen Schaden. Anders als etwa in der Auto- oder Textilindustrie könnten diese Einnahmeausfälle nicht anschließend in Sonderschichten ausgeglichen werden, teilte der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft am Freitag mit. «Ein gecancelter Flug bleibt ein verlorener Flug.» Die Gewerkschaften schwächten die materielle Basis der Unternehmen und ihrer Beschäftigten, kritisierte Hauptgeschäftsführer Matthias von Randow.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Streiks im Bahn- und Luftverkehr werden Rufe laut nach einer Reform des Streikrechts. «Wir brauchen ein klares Arbeitskampfrecht, ganz besonders für die Bahn und vergleichbare Bereiche», sagte der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände, Steffen Kampeter. «Die Streiks in der kritischen Infrastruktur sind nicht nur ärgerlich, sondern auch Wachstumsbremsen.»

Aus der Opposition kommen ähnliche Forderungen: Der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Günter Krings, fordert ein Streikgesetz mit Pflicht-Vorlaufzeiten für Arbeitskämpfe bei der kritischen Infrastruktur. In ein solches Gesetz «gehören Maßstäbe für die Verhältnismäßigkeit und die nötigen Vorlaufzeiten für einen Streik in der Daseinsvorsorge und der kritischen Infrastruktur», sagte der CDU-Politiker. «Nur so können die Kunden, die auch jetzt bei den Bahnstreiks die größten Opfer sind, rechtzeitig Vorkehrungen treffen.»

«Die Beschäftigten sind selbstbewusster geworden»

Verdi-Chef Frank Werneke wies die Vorstöße zurück. «In dem Moment, in dem Dienstleistungen stärker ins Zentrum von Tarifkonflikten rücken, haben die Arbeitgeber das Interesse, diese Streiks unwirksamer zu machen», sagte er. «Das ist die Position von Wirtschaftsverbänden und ihnen nahestehenden politischen Kräften.» Zugleich sprach er von einem neuen Selbstbewusstsein der Beschäftigten, das die Streikbereitschaft erhöhe. Das hänge auch mit der verbesserten Situation auf dem Arbeitsmarkt zusammen. «Im Ergebnis haben wir mehr Engagement und Mut in Tarifbewegungen.» (dpa)

 


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

DWN
Panorama
Panorama Amokfahrt von Magdeburg: Trauer, Entsetzen und offene Fragen halten Deutschland in Atem
22.12.2024

Fünf Menschen sind tot, 200 verletzt: Nach der folgenschweren Fahrt mit einem Auto über den Weihnachtsmarkt in Magdeburg stellt sich die...

DWN
Politik
Politik Donald Trump hofft: Elon Musk übernimmt (noch) nicht die US-Präsidentschaft
22.12.2024

Kritiker nennen den Tech-Milliardär süffisant «Präsident Musk». Donald Trump stellt klar, wer das Sagen hat - bestreitet aber auch...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Quiet Quitting: Der stille Job-Rückzug mit gefährlichen Folgen
22.12.2024

Ein stiller Rückzug, der Unternehmen erschüttert: Quiet Quitting bedroht die Substanz deutscher Betriebe. Warum immer mehr Beschäftigte...

DWN
Politik
Politik Steuern und Abgaben: Mehrheit der Steuerzahler zahlt 2025 noch mehr – mit oder ohne Ampel!
22.12.2024

Das „Entlastungspaket“ der Ampel ist eine Mogelpackung, denn Steuersenkungen sind nicht vorgesehen. Im Gegenteil: Ab dem 1. Januar 2025...

DWN
Technologie
Technologie DWN-Sonntagskolumne: Künstliche Intelligenz Hype Cycle - Zwischen Revolution und Enttäuschung
22.12.2024

Ist künstliche Intelligenz nur ein Hype oder der Beginn einer Revolution? Zwischen hohen Erwartungen, Milliardeninvestitionen und...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Psychische Gewalt am Arbeitsplatz: Ursachen, Folgen und Lösungen
22.12.2024

So können Unternehmen gegen verbale Übergriffe aktiv werden- Beleidigungen, Drohungen und Beschimpfungen: Rund ein Drittel der...

DWN
Politik
Politik Migrationskrise: Asyl-Rekordhoch in Deutschland und die illegale Migration an den Grenzen geht ungebremst weiter
22.12.2024

In Deutschland leben fast 3,5 Millionen Geflüchtete, von Asylsuchenden über anerkannte Flüchtlinge bis zu Geduldeten. Das ist ein neuer...

DWN
Finanzen
Finanzen Kindergeld beantragen: Tipps und wichtige Infos für 2025
22.12.2024

Wussten Sie, dass Sie Kindergeld bis zu sechs Monate rückwirkend erhalten können? Dies gilt sowohl für Ihr erstes Kind als auch für...