In der Welt der Börse zeichnen sich einige Branchen, durch ihre Robustheit und Stabilität aus. Eine dieser Branchen ist die Gesundheitsindustrie. Insbesondere kleinere, börsennotierte Unternehmen aus Deutschland bieten dabei interessante Investitionsmöglichkeiten.
Die Gesundheitsindustrie ist defensiv und profitiert jedoch selbst in konjunkturell schwierigen Zeiten von einer konstanten Nachfrage nach Gesundheitsprodukten. Ergänzend zu dieser Stabilität profitieren die Unternehmen langfristig von positiven Trends. Immerhin wird die Weltbevölkerung laut Prognosen der Vereinten Nationen bis 2050 auf 9,7 Milliarden Menschen wachsen. Dies allein wird folglich zu einer steigenden Nachfrage nach Gesundheitsprodukten und -dienstleistungen führen.
Mit dem wachsenden Zugang zu medizinischer Versorgung in Entwicklungsländern ergeben sich allerdings auch neue Märkte. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat sich die globale Gesundheitsabdeckung zwischen 2000 und 2021 von 45 Prozent auf 68 Prozent erhöht. Die immer älter werdende Bevölkerung benötigt darüber hinaus vermehrt Gesundheitsdienstleistungen. Das Statistische Bundesamt prognostiziert, dass der Anteil der über 67-Jährigen in Deutschland bis 2050 auf 24,3 Prozent steigen wird, im Vergleich zu 14,3 Prozent im Jahr 2000. Die Vereinten Nationen gehen schließlich davon aus, dass im Jahr 2050 2,1 Milliarden Menschen mindestens 60 Jahre alt sein werden.
Spannende Nischen statt Blockbuster an der Börse
Ein Beispiel für die Leistungsfähigkeit deutscher Gesundheitsunternehmen ist Biontech. Das Mainzer Unternehmen hat mit seiner mRNA-Technologie und dem Covid-19-Impfstoff weltweit Aufsehen erregt. Biontech wählte jedoch einen Börsengang an der US-Technologiebörse Nasdaq. Dies zeigt, dass der deutsche Kapitalmarkt international wohl den Anschluss bei den größten Branchenthemen verloren hat. Trotzdem gibt es am deutschen Aktienmarkt interessante Aktien, die von den allgemeinen Trends der Gesundheitsbranche profitieren.
Große Pharmakonzerne sind oft von einzelnen Blockbustern abhängig. Rechtsstreitigkeiten, Patentabläufe und Rückschläge bei klinischen Studien können zu erheblichen Beeinträchtigungen und Kursverlusten führen. Kleinere Unternehmen können hingegen in diesem Spiel oft nicht mithalten und fungieren deshalb häufig als Zulieferer für die Konzerne. Sie konzentrieren sich auf spezifische Themen und finden so innovative Lösungen für spezielle Problemstellungen.
Große Unternehmen haben oft nicht das notwendige Spezialwissen und die eigene Forschung oder Produktion ist bei diesen Randthemen häufig nicht attraktiv genug. Die Fokussierung der kleineren Firmen wird daher häufig mit weniger Wettbewerb in der Nische und einer langfristig stabileren Wertschöpfung belohnt.
Eckert & Ziegler: Für Anleger mit langem Atem
Eckert & Ziegler ist einer der weltweit größten Hersteller von isotopentechnischen Komponenten für Medizin, Wissenschaft und Industrie. Der Markt hat nur wenige Anbieter und es gibt keinen direkten Wettbewerber, der wie Eckert & Ziegler die gesamte Produktpalette abdeckt. Es bestehen hohe Markteintrittsbarrieren aufgrund von genehmigungsrechtlichen Auflagen bei der Arbeit mit den radioaktiven Materialien. Zudem ist der Markt durch schnellen technologischen Fortschritt, erheblichen Forschungsaufwand und ständig neue wissenschaftliche Entdeckungen geprägt.
Der Markt für Nuklearmedizin wird in den nächsten Jahren voraussichtlich stark wachsen, mit jährlichen Wachstumsraten von über 18 Prozent. Das Management rüstet sich gerade für diesen Boom und baut eine globale Infrastruktur auf. Das Investitionsprogramm belastet nicht nur den freien Cashflow, sondern auch die Gewinne durch zusätzliche Personal-, Vorhalte- und Entwicklungskosten. Nichtsdestotrotz erreichte Eckert & Ziegler im Jahr 2023 mit einem Umsatz von 246,1 Millionen Euro eine neue Rekordmarke. Der Umsatz stieg währungsbereinigt um 12 Prozent an und die operative Marge lag trotz der erhöhten Kosten bei über 21 Prozent.
Um die konservative Bilanz zu wahren und die externe Finanzierung in der Hochphase der Wachstumsinvestitionen zu begrenzen, hat sich Eckert & Ziegler dazu entschieden, für das letzte Geschäftsjahr nur die Mindestdividende von 0,05 Euro je Aktie auszuschütten. Die Analysten von Kepler Cheuvreux erwarten in den nächsten beiden Jahren einen erheblichen negativen freien Cashflow aufgrund der Investitionstätigkeit. Das Unternehmen steuert mit der Maßnahme jedoch früh gegen. Die Entscheidung für die gewählte Kapitalallokation ist aufgrund der erwarteten hohen langfristigen Rendite, die diese Investitionen versprechen, trotzdem zu begrüßen. Eckert & Ziegler trägt jedoch das wesentliche Risiko, dass sich die klinischen Studien zu den Radiopharmazeutika erheblich verzögern oder sogar ein Großteil zu keinen ausreichenden Ergebnissen führen.
Carl Zeiss Meditec: Doppelter Megatrend-Profiteur
Die Carl Zeiss Meditec AG ist ein Medizintechnikunternehmen mit Sitz in Jena, das Komplettlösungen für die Diagnose und Behandlung von Augenerkrankungen anbietet. Das Unternehmen verfügt über eine starke Marktposition in den Bereichen Ophthalmologische Diagnostik (ca. 20 Prozent Weltmarktanteil), refraktive Laser (> 30 Prozent) und Mikrochirurgie (> 60 Prozent). Der Anteil der wiederkehrenden Umsätze lag im Geschäftsjahr 2002/03 noch bei neun Prozent. Im Geschäftsjahr 2022/23 lag dieser Anteil bereits bei 43 Prozent und setzt sich beispielsweise aus chirurgischem Verbrauchsmaterial, Software und Dienstleistungen zusammen.
Lange Bildschirmarbeit und viel Zeit unter künstlichem Licht sollen dazu führen, dass bis 2050 etwa die Hälfte der Weltbevölkerung kurzsichtig und jeder Zehnte sogar hochgradig kurzsichtig sein wird. Immer häufiger müssen bei Augenoperationen Hornhautverkrümmungen, Kurz-, Weit- oder Alterssichtigkeit durch höherwertige und teurere Linsen korrigiert werden. Damit ist das Unternehmen in einem absoluten Wachstumsmarkt tätig, von dem es zusätzlich mit dem Angebot eines voll integrierten digitalen Workflows profitieren will.
Im Geschäftsjahr 2022/23 erzielte das Carl Zeiss Meditec ein Umsatzwachstum von 9,8 Prozent. Mit 15 Prozent des Umsatzes gibt die Unternehmensführung viel Geld für Forschung und Entwicklung aus. Dies ist notwendig, damit sich Carl Zeiss Meditec im Wettbewerb mit finanzstarken und großen Konkurrenten wie Johnson & Johnson und Alcon behaupten kann. Dennoch ist das Unternehmen mit einer EBIT-Marge von 16,7 Prozent durchaus profitabel. Die Bilanz sieht mit einer Nettoliquidität von 28,5 Prozent der Bilanzsumme solide aus. Allerdings ist die Aktie von Carl Zeiss Meditec nicht gerade günstig bewertet, so dass Anleger für einen Einstieg auf eine Korrektur wie im Vorjahr hoffen können.
Schott Pharma: Der spannende Newcomer
Schott Pharma ging im September 2023 an die Börse und im Gegensatz zu vielen anderen Börsengängen hat sich die Aktie seither mit einem Kursplus von fast 30 Prozent sehr erfreulich entwickelt. Dabei ist Schott Pharma ist ein Pure-Play-Anbieter von Injektionslösungen und die Nummer eins bei Polymerspritzen, Fläschchen und Ampullen, die Nummer zwei bei Karpulen und die Nummer drei bei Glasspritzen. Das Unternehmen verfügt über die breiteste Produktpalette am Markt und hat mehr als 1.700 Kunden, darunter alle 30 führenden Pharmaunternehmen.
Die Zulassung eines Medikaments kann nur in Kombination mit der Aufbewahrungslösung oder dem Verabreichungssystem erfolgen. Ein Lieferantenwechsel ist deshalb mit hohen Umstellungskosten verbunden. Darüber hinaus arbeitet Schott Pharma partnerschaftlich mit seinen Kunden zusammen, um die richtigen Lösungen für den gesamten Lebenszyklus eines Medikaments zu entwickeln. Beides führt zu einer Wiederkaufsrate von 97 Prozent. Studien zufolge wird der Markt für injizierbare Arzneimittel stärker wachsen als der Pharmamarkt insgesamt. Das Unternehmen konzentriert sich auf den Ausbau der Premiumlösungen, mit denen im Geschäftsjahr 2022/23 bereits 48 Prozent des Umsatzes erzielt wurden. Mittelfristig soll dieser Anteil auf 60 Prozent steigen.
Im Geschäftsjahr 2022/23 steigerte Schott den Umsatz gegenüber dem Vorjahr um neun Prozent und erzielte eine EBIT-Marge von 21 Prozent. Ähnlich wie bei Eckert-Ziegler fließt ein Großteil des operativen Cashflows in Wachstumsinvestitionen. Das macht es nicht einfach, einen fairen Wert für die Aktie zu finden. Hinzu kommt der Nachteil, dass Carl Zeiss Meditec als Kommanditgesellschaft auf Aktien an die Börse gegangen ist und der Mehrheitseigentümer, die Schott AG, nach wie vor maßgeblichen Einfluss ausübt und die Rechte außenstehender Aktionäre deutlich einschränkt.