Technologie

KI-Chips trotz Exportbeschränkungen: China sichert sich US-Technologie durch die Hintertür

Trotz der US-Exportbeschränkungen für Hochleistungsprozessoren scheint China einen Weg gefunden zu haben, sich dennoch mit den neuesten Chip-Technologien für künstliche Intelligenz zu versorgen. Die beteiligten westlichen Firmen gehen ein hohes Risiko ein – bewusst oder unbewusst?
25.04.2024 07:36
Aktualisiert: 25.04.2024 08:01
Lesezeit: 2 min
KI-Chips trotz Exportbeschränkungen: China sichert sich US-Technologie durch die Hintertür
Bei den leistungsstarken Prozessoren, die für KI erforderlich sind, ist China noch auf Halbleiter-Technologie aus dem Westen angewiesen. (Foto: dpa)

Mit einem Trick umgeht China das US-Verbot zum Export von Hochleistungsprozessoren in die Volksrepublik, wie Recherchen der Nachrichtenagentur Reuters ergeben. Der Auswertung von Hunderten Lieferunterlagen zufolge kauften zehn chinesische Firmen Server, die mit für Künstliche Intelligenz (KI) optimierten Spezialprozessoren der neuesten Generation des Weltmarktführers Nvidia ausgestattet waren. Die Großrechner stammten demnach von US-Herstellern wie SMC und Dell sowie vom taiwanischen Anbieter Gigabyte.

Bei den Käufern handelt es sich um bislang wenig bekannte Einzelhändler. Diese haben die Produkte den Papieren zufolge an chinesische Universitäten und Forschungseinrichtungen weitergereicht. Es blieb allerdings unklar, ob die Geräte vor der Verschärfung der US-Beschränkungen im vergangenen November erworben wurden. Die USA verbieten Nvidia und den Partnern des wertvollsten Chip-Herstellers der Welt den Verkauf von Hochleistungsprozessoren in die Volksrepublik. Dies gilt auch für Geschäfte über Dritte. In China selbst sind Kauf und Verkauf dieser Produkte dagegen legal.

Die genannten Server-Hersteller betonten, sich an geltende Gesetze zu halten, und kündigten interne Untersuchungen an. Keiner der chinesischen Käufer war für einen Kommentar zu erreichen. Nvidia teilte auf Anfrage mit, dass die in den Lieferunterlagen aufgeführten Produkte vor dem US-Embargo allgemein verfügbar gewesen seien. „Sie deuten nicht darauf hin, dass einer unserer Partner gegen die Ausfuhrkontrollvorschriften verstoßen hat.“ Außerdem handele es sich um verschwindend geringe Stückzahlen.

Die von Reuters geprüften öffentlich zugänglichen Unterlagen umfassen aber nur einen Bruchteil von Käufen staatlicher chinesischer Institutionen. Die identifizierten Lieferungen umfassten jeweils einige Server mit mehreren Dutzend Spezialchips. Branchenkennern zufolge sind sie dennoch für das KI-Training oder die Forschung nützlich. China möchte in einer ganzen Reihe von Schlüsseltechnologien bis 2050 weltweit führend sein – Künstliche Intelligenz und die dafür nötigen Rechenkapazitäten sind eine dieser Schlüsselbranchen. Zudem ist KI-Technik eng mit vielen weiteren Sektoren verknüpft, weil KI überall zum Einsatz kommt, um die Effizienz zu steigern.

Nach Einschätzung von Daniel Gerkin, Partner der Anwaltskanzlei Kirkland & Ellis, könnten die Chips ohne Wissen der Hersteller nach China umgeleitet worden sein. Die Verkaufskanäle für die Produkte ließen sich kaum kontrollieren. Entsprechend schwierig sei es für die US-Regierung, ihr Verbot durchzusetzen. Das US-Handelsministerium wollte sich nicht zu eventuellen aktuellen Ermittlungen äußern. Es verwies aber darauf, dass sie ein Auge darauf habe, ob Chips abgezweigt würden. Bei Verstößen gegen das Embargo drohen Strafen von mehreren Hunderttausend Dollar und bis zu 20 Jahre Gefängnis.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Putins Imperium zerbröckelt: Aserbaidschan demütigt den Kreml – mit Hilfe der Türkei
10.07.2025

Aserbaidschan widersetzt sich offen Moskau, schließt russische Propagandakanäle und greift zur Verhaftung von Russen – ein Tabubruch in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Gasfeld vor Zypern könnte Europas Energiestrategie neu ausrichten
10.07.2025

Ein neues Erdgasfeld vor Zypern könnte zum Wendepunkt in Europas Energiepolitik werden.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Baywa Milliardenverlust: Jahreszahlen zeigen das ganze Ausmaß der Krise beim Mischkonzern
10.07.2025

Jetzt ist der Milliardenverlust bei der Baywa amtlich: Das Minus von 1,6 Milliarden Euro ist vor allem auf Abschreibungen bei der...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Rechnung für die Private-Equity-Branche: 79 Milliarden
10.07.2025

Donald Trumps Zollkurs und globale Kriege setzen der Private-Equity-Branche massiv zu. Was hinter dem dramatischen Kapitalschwund steckt...

DWN
Politik
Politik „Kleiner Lichtblick für die Ukraine“ nach Trumps Kehrtwende
10.07.2025

Der Kurswechsel der USA beim Waffenlieferprogramm für die Ukraine dürfte die Gespräche europäischer Staats- und Regierungschefs in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ostdeutsche Betriebsräte fordern Ende von Habecks Energiewende: Industriestandort gefährdet
10.07.2025

Nach dem Verlust von über 100.000 Industriearbeitsplätzen richten ostdeutsche Betriebsräte einen dramatischen Appell an Kanzler Merz....

DWN
Finanzen
Finanzen US-Schuldenkrise: Droht der Dollar-Kollaps? Was Anleger jetzt wissen müssen
10.07.2025

Die USA spielen mit dem Feuer: Zölle, Dollar-Schwächung und wachsende Schulden bedrohen das globale Finanzsystem. Doch es gibt Strategien...

DWN
Finanzen
Finanzen Hochsteuerland: Staat zockt Menschen ab - Von einem Euro bleiben Arbeitnehmern nur 47 Cent
10.07.2025

Bis zum 13. Juli arbeiten die Menschen in Deutschland in diesem Jahr nach Angaben des Bundes der Steuerzahler für die Staatskasse. Der...