Wirtschaft

Verzögerte Zahlungen: Unternehmen profitieren von längeren Fristen

Der Zahlungsverzug von Unternehmen in Deutschland hat sich laut einer Untersuchung von Creditreform verringert. Dies ist jedoch nicht auf eine verbesserte Zahlungsmoral zurückzuführen.
04.08.2024 08:01
Lesezeit: 1 min

Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage gewähren viele Lieferanten und Kreditgeber in Deutschland ihren Kunden mehr Zeit, um Rechnungen zu begleichen. Die durchschnittliche Zahlungsfrist verlängerte sich im ersten Halbjahr 2024 auf 31,37 Tage, wie eine Studie der Wirtschaftsauskunftei Creditreform am Dienstag zeigte. Damit sind die Zahlungsfristen so lang wie zuletzt in der ersten Jahreshälfte 2021. Vor einem Jahr hatten die Unternehmen noch 29,93 Tage Zeit, um ihre Rechnungen zu begleichen.

Der Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung, Patrik-Ludwig Hantzsch, sieht in der Entwicklung einen «Krisen-Indikator». Längere Fristen zielten darauf ab, Unternehmen zu entlasten. «Die Vermeidung von Zahlungsausfällen steht ganz oben auf der Agenda. Entsprechend werden den Kunden derzeit großzügige Zahlungsfristen eingeräumt», sagte Hantzsch. Dies berge jedoch Risiken, da Außenstände möglicherweise gar nicht mehr beglichen werden könnten.

Die längsten Zahlungsfristen gab es der Studie zufolge in der Chemie- und Kunststoffbranche sowie bei Metall- und Elektrounternehmen. Dies sei der Versuch, sich vor Zahlungsausfällen in größerem Umfang zu schützen, so Hantzsch. «Dass das vor allem in den volkswirtschaftlich relevanten Bereichen wie Chemie oder Industrie der Fall ist, muss als Warnzeichen gelten.»

Laut der Studie sei zudem ein deutlicher Unterschied zwischen den verschiedenen Unternehmen zu erkennen. Während Kleinunternehmen mit höchstens 50 Mitarbeitern nur ein Viertel des offenen Forderungsvolumens ausmachen, entfallen auf Großunternehmen ganze 61,3 % des Forderungsvolumens. Dies zeigt, dass man sich auf Großkunden konzentriert, um die Rückzahlungen signifikant zu sichern.

Insgesamt ist die Zahlungsmoral der Unternehmen in Deutschland laut Creditreform weiterhin auf niedrigem Niveau. Zwar verringerte sich der Zahlungsverzug in den ersten sechs Monaten 2024 im Vergleich zum Vorjahr deutlich von 10,77 auf 8,8 Tage. Dies ist jedoch auf die längeren Zahlungsfristen zurückzuführen. Unter dem Strich dauerte es demnach fast genauso lang, bis das Geld auf dem Konto eingegangen war. Die Forderungslaufzeit, die sich aus dem vereinbarten Zahlungsziel und dem Zahlungsverzug zusammensetzt, sank nur geringfügig von 40,7 auf 40,17 Tage.

Lieferanten und Kreditgeber verzeichneten unterdessen jedoch mehr überfällige Rechnungen. Das ausstehende Forderungsvolumen lag bei 23.600 Euro je Schuldner, das waren 1700 Euro mehr als im ersten Halbjahr 2023.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft CO2-Zertifikate: Europas Aufschub, der Autofahrer teuer zu stehen kommt
15.11.2025

Europa verschiebt den Start seines neuen CO2-Handelssystems – doch die Benzinpreise werden trotzdem steigen. Während Brüssel von...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitsmarkt 2030: Diese Fachkräfte werden in fünf Jahren gebraucht
15.11.2025

Automatisierung, KI und Klimawandel verändern den globalen Arbeitsmarkt rasant. Bis 2030 entstehen Millionen neuer Jobs, doch viele...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzielles Notfallpaket: So sichern Sie Ihr Vermögen in Krisenzeiten
15.11.2025

In Zeiten wachsender Unsicherheiten rückt neben Notvorräten und Fluchtplänen auch die finanzielle Absicherung in den Fokus. Marek...

DWN
Politik
Politik Für einen Kampfjet braucht es 400 Kilogramm seltene Erden: Europa im Wettbewerb mit China und den USA
15.11.2025

Seltene Erden sind zu einem entscheidenden Faktor in globalen Machtspielen geworden und beeinflussen Industrie, Verteidigung und Hightech....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Klassengesellschaft 2.0 – Warum Demokratie ohne soziale Gleichheit zerbricht
15.11.2025

In Deutschland redet kaum jemand über Klassen – als wäre soziale Herkunft heute keine Machtfrage mehr. Doch die Soziologin Prof. Nicole...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzblasen 2025: Wo der nächste große Crash drohen könnte
15.11.2025

An den Finanzmärkten steigt die Nervosität. Künstliche Intelligenz treibt Bewertungen auf Rekordhöhen, Staaten verschulden sich wie nie...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienpreise: Boom zu Neuverträgen – eine Prognose
15.11.2025

Laut ifo sind Neuverträge in Großstädten um 48 Prozent teurer als Bestandsverträge. Das, so Experten, ist nicht nur ein Problem für...

DWN
Finanzen
Finanzen So profitiert Trumps Familie im Kryptosektor: CZ-Deals bringen Milliarden
14.11.2025

Der Fall um Čangpeng Žao und die Trump Familie wirft ein Schlaglicht auf die Verknüpfung von Kryptowährungen, Finanzströmen und...