Bei den als günstig geltenden ETFs können die Kosten sehr unterschiedlich ausfallen. Etwa kostet der teuerste ETF auf den MSCI World fünfmal so viel wie der günstigste (TER von 0,5 versus 0,1 Prozent).
Manche Anbieter senken auch kaum oder gar nicht die Kosten im Zeitablauf. Stattdessen eröffnen sie neue ETFs auf den gleichen Index und lassen alte ETFs mit einer hohen Kostenquote (TER) weiterlaufen.
Etwa führt der Anbieter iShares zwei ETFs auf den MSCI World: Der alte ETF mit über 6 Milliarden Euro Fondsvermögen kostet 0,5 Prozent pro Jahr (Auflage im Jahr 2005, ISIN: IE00B0M62Q58). Ein jüngerer ETF kostet hingegen nur 0,2 Prozent (Auflage im Jahr 2009, 72 Mrd. Euro Fondsvermögen, ISIN: IE00B4L5Y983). Beide ETFs sind keine Swap-ETFs, sondern kaufen die Aktien aus dem Index (physische Replikation).
Experten raten zu einem Kostenfokus
Finanzexperten raten dazu, genau auf die Kosten zu schauen. „Bereits kleine Kostenunterschiede von 0,2 oder 0,3 Prozentpunkten pro Jahr können sich je nach Anlagevolumen über mehrere Jahrzehnte auf vier- oder fünfstellige Verluste summieren“, erklärt Michael Ritzau von der Südbadischen Honorarberatung gegenüber DWN.
Der Grund ist der Zinseszinseffekt. Der ETF-Anbieter entnimmt die Verwaltungsgebühren Jahr für Jahr aus dem Fondsvermögen. Es bleibt also weniger Vermögen im ETF, das weitere Zugewinne abwerfen kann.
Was das für Anleger bedeutet, zeigt eine einfache Rechnung: Anleger A und Anleger B investieren jeweils 300 Euro pro Monat in einen Aktien-ETF und erzielen eine Rendite von 7 Prozent pro Jahr. Allerdings nimmt Anleger A einen günstigen ETF mit einer TER von 0,2 Prozent pro Jahr, während Anleger B einen teuren ETF mit 0,5 Prozent wählt.
Nach 30 Jahren hat Anleger A deutlich mehr Endvermögen nach Steuern. Der Vorsprung liegt bei 16.000 Euro beziehungsweise 5,3 Prozent.
Dass die Kosten bei ETFs auseinander gehen, ist keine Seltenheit. Der Finanzökonom Hartmut Walz erklärt in einem Youtube-Interview, bestimmte Anbieter würden neue ETFs auf den gleichen Index mit einer geringeren TER eröffnen, und gleichzeitig die alten ETFs auf denselben Index mit einer höheren TER weiterlaufen lassen. „Die alten Anleger, die das nicht kapiert haben, zahlen weiterhin die hohen Kosten von dem alten Produkt“, erklärt der Professor der Hochschule Ludwigshafen.
Bei beliebten ETF-Indizes gibt es mehr als ein Dutzend solcher Fälle, wie eine DWN-Analyse zeigt. DWN hat alle ETFs auf neun Indizes untersucht, die die Vergleichsplattform JustETF listet (Indizes: DAX, S&P 500, Nasdaq 100, MSCI World, MSCI Europe, MSCI Emerging Markets, Stoxx Europe 600, MSCI ACWI und MSCI ACWI IMI).
Das Ergebnis: Bei sieben Indizes gab es mindestens einen Anbieter, der mehrere ETFs mit einer unterschiedlich hohen TER anbot (Ausnahmen: MSCI ACWI und MSCI ACWI IMI). Am häufigsten kam das bei dem Anbieter Amundi vor (bei 6 Indizes).
Danach folgten xtrackers (4 Indizes) und iShares (2 Indizes). Keine doppelten Kostenstrukturen gab es bei den Anbietern SPDR, Deka, HSBC und BNP Paribas. Insgesamt entdeckte DWN 14 Fälle, in denen ein Anbieter zwei oder mehr ETFs auf den gleichen Index mit unterschiedlicher TER anbot.
Etwa führt Amundi insgesamt sieben ETFs auf den MSCI Emerging Markets, wobei die Kostenquote 0,14 Prozent, 0,18 Prozent, 0,2 Prozent oder 0,55 Prozent pro Jahr beträgt. Xtrackers führt vier ETFs auf den MSCI World mit Kostenquoten von 0,12 Prozent, 0,19 Prozent und 0,45 Prozent.
Die Performanceunterschiede sind aber häufig gering - trotz der höheren TER. Am größten war der Rückstand bei den iShares-ETFs auf den MSCI World: Der ETF mit einer TER von 0,2 Prozent stieg seit Mitte 2009 um 470 Prozent, während der teure ETF bloß um 451 Prozent zulegte (TER von 0,5 Prozent).
Allerdings war aus den Daten, die DWN vorlagen, nicht ersichtlich, wie lange die ETFs bereits unterschiedliche TER haben. Möglicherweise unter- oder überschätzen die Zahlen also die Auswirkungen der Kostenunterschiede.
Auch die Wertpapierleihe könnte die Ergebnisse in die eine oder andere Richtung verzerren. Die drei Anbieter wollten sich gegenüber DWN nicht öffentlich zu ihrer Preispolitik äußern oder ließen eine Anfrage unbeantwortet.
Was sollten ETF-Anleger beachten?
Michael Ritzau rät Anlegern daher, einen ETF-Wechsel zu erwägen. „Bei einem Kostenunterschied von wenigen Basispunkten lohnt sich ein Wechsel nicht, weil das Depot rasch unübersichtlich wird“, erklärt der Autor des Buches „Die große Fondslüge“. Finde man allerdings einen ETF, der 0,2 oder 0,3 Prozentpunkte pro Jahr günstiger sei, könne es Sinn machen, den alten ETF nicht mehr zu besparen.
Ob sich ein Verkauf der alten Anteile lohne, sei hingegen eine Einzelfallfrage. „Generell lässt sich sagen: Je länger der Anlagehorizont und je weniger Kursgewinne im alten ETF, desto eher lohnt sich ein Verkauf“, erklärt Ritzau.
Außerdem sollten Anleger beachten, dass Kursgewinne auf ETF-Anteile, die Anleger vor dem Jahr 2009 gekauft hätten, bis zu einer Höhe von 100.000 Euro steuerfrei seien. Hier könne es trotz hoher ETF-Gebühren vorteilhaft sein, die Anteile zu behalten.
Anleger können mit dem ETF-Wechselrechner der Verbraucherseite Finanzfluss abschätzen, ob sich ein Verkauf lohnt. Dabei wird ein Wechsel über zwei Rechenwege geprüft.
Einmal wird geschätzt, wie viele Jahre es dauert, bis der Anleger die anfallenden Steuern und Transaktionskosten beim Verkauf wieder durch die Kostenersparnis wettgemacht hat. Beim zweiten Rechenweg wird außerdem berücksichtigt, wie hoch die künftigen Zugewinne sein könnten, die dem Anleger entgehen, weil er durch den Verkauf die Kursgewinne im alten ETF vorzeitig versteuern muss.