Wirtschaft

Insolvenzen 2025 in Deutschland: Welche Branchen besonders betroffen sind und wie der Staat gegensteuert

Trotz moderater Prognosen bleibt der Druck hoch! Die Insolvenzen in Deutschland sollen 2025 um 2 Prozent steigen – Dienstleistungs- und Bauwirtschaft sind besonders betroffen. Sind staatliche Hilfen nur ein Tropfen auf den heißen Stein? Salomon Negusse, Geschäftsführer von SMG Negusse Finance, externer CFO, analysiert die Insolvenzentwicklung für das kommende Jahr 2025.
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15.12.2024 11:01
Aktualisiert: 26.11.2030 13:00
Lesezeit: 5 min
Insolvenzen 2025 in Deutschland: Welche Branchen besonders betroffen sind und wie der Staat gegensteuert
Salomon Negusse, Geschäftsführer von SMG Negusse Finance, externer CFO beleuchtet die potenzielle Insolvenzlage im Jahr 2025. (Foto: dpa) Foto: Oliver Berg

Das Jahr 2025 wird eine moderate Zunahme der Insolvenzen in Deutschland auf etwa 22.000 Fälle mit sich bringen, was einem Anstieg von rund 2 Prozent im Vergleich zu den Insolvenzen 2024 entspricht. Diese Zahl könnte auf den ersten Blick als eine Stabilisierung erscheinen, vor allem nach dem dramatischen Anstieg der Insolvenzen 2024.

Doch trotz dieser moderaten Insolvenzentwicklung bleibt der wirtschaftliche Druck auf viele Branchen nach wie vor hoch. Besonders KMU (kleine und mittlere Unternehmen) befinden sich nach wie vor in einer existenziellen Krise. Zudem stellt sich die Frage, ob die staatlichen Maßnahmen und finanziellen Hilfen ausreichen, um die drohende Insolvenzwelle wirklich abzuwenden. Salomon Negusse, Geschäftsführer von SMG Negusse Finance, externer CFO beleuchtet die potenzielle Insolvenzlage im Jahr 2025.

Branchen im Krisenmodus: Eine oberflächliche Stabilisierung der Insolvenzen?

Der Dienstleistungssektor bleibt besonders betroffen, mit einem Anstieg der Insolvenzen um 34,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Diese Steigerung hat die Insolvenzzahlen auf ein Zehn-Jahres-Hoch katapultiert, wodurch Dienstleistungsunternehmen mittlerweile fast zwei Drittel der gesamten Insolvenzen ausmachen. Trotz der moderaten Prognose einer Zunahme der Insolvenzen in Deutschland im Jahr 2025 bleibt die Krise im Dienstleistungssektor ungelöst. Viele Unternehmen kämpfen weiterhin mit den Folgen der Rezession, was die strukturellen Probleme des Sektors nicht löst.

Im Transport- und Logistiksektor, mit der höchsten Insolvenzrate branchenübergreifend, verschärfen sich die strukturellen Herausforderungen. Insolvenzen Speditionen und Insolvenzen Logistik werden durch steigende Kraftstoffpreise und anhaltende logistische Engpässe weiter belastet. Auch hier wird der prognostizierte Rückgang der Insolvenzen im Jahr 2025 lediglich eine kurzfristige Entlastung bieten, ohne die langfristigen strukturellen Probleme zu lösen.

Die Bauwirtschaft ist ebenfalls von Insolvenzen Bauunternehmen betroffen, mit einer Insolvenzrate von 98 Insolvenzen pro 10.000 Unternehmen im ersten Halbjahr 2024. Gestiegene Zinsen und Materialkosten haben bereits viele Bauunternehmen an den Rand der Zahlungsfähigkeit gebracht. Ohne tiefgreifende strukturelle Anpassungen werden die Insolvenzen im Bau auch in den kommenden Jahren weiterhin hoch bleiben.

Auch im Handelssektor zeigt sich der Druck: Besonders der Einzelhandel verzeichnet einen dramatischen Anstieg der Insolvenzen 2024, mit einer Steigerung der Forderungen aus Insolvenzen um 216 Prozent. Diese Zahl verdeutlicht, dass der Handelssektor trotz staatlicher Interventionen und Konjunkturhoffnungen unter enormem Druck steht. Die Zahl der Insolvenzen Einzelhandel könnte durch strukturelle Änderungen wie eine Verbesserung der Lieferketten oder ein Anstieg des Konsums wieder steigen.

Ein weiterer betroffenener Sektor ist die Automobilindustrie, mit einem drastischen Anstieg der Insolvenzen Automobilzulieferer und Insolvenzen Autohäuser von 120 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dies ist auf gestiegene Materialkosten und eine schwache Marktnachfrage zurückzuführen, die die Liquidität vieler Unternehmen belastet. Auch hier zeigt sich, dass die zugrunde liegenden strukturellen Probleme durch temporäre staatliche Hilfen nicht nachhaltig gelöst werden können.

Zusätzlich erleben andere Sektoren wie die Holzindustrie (+105 Prozent), Metallindustrie (+72 Prozent) und Papier- und Verpackungsindustrie (+61 Prozent) einen signifikanten Anstieg der Insolvenzen, was auf die steigenden Energie- und Rohstoffpreise zurückzuführen ist. Diese Unternehmen stehen vor der Herausforderung, dass ihre Produktionskosten durch Preiserhöhungen auf den internationalen Märkten stark steigen, was ihre Rentabilität und Wettbewerbsfähigkeit weiter unter Druck setzt.

Im Immobiliensektor, der eine dramatische Zunahme der Forderungen aus Insolvenzen Immobilien um über 1.099 Prozent verzeichnet hat, zeigt sich die Verwundbarkeit vieler Unternehmen, die mit fallender Nachfrage und steigenden Zinsen konfrontiert sind. Besonders gefährdet sind kleinere Unternehmen wie Insolvenzen Abbruchunternehmen oder Insolvenzen Sicherheitsdienste, bei denen eine hohe Insolvenzwahrscheinlichkeit besteht.

Staatliche Maßnahmen – Ein Tropfen auf den heißen Stein?

Angesichts dieser alarmierenden Entwicklungen hat die Bundesregierung mehrere Maßnahmen eingeleitet, um Unternehmen vor einer drohenden Insolvenzwelle zu bewahren. Dazu gehört das Energiekostendämpfungsprogramm, das speziell energieintensive Unternehmen entlasten soll. Doch diese Maßnahme ist nur eine kurzfristige Lösung und bietet keine langfristige Antwort auf die strukturellen Herausforderungen, die die Insolvenzen in den betroffenen Sektoren weiterhin befeuern.

Zudem werden Steuererleichterungen im Umfang von über 1,7 Milliarden Euro gewährt, um die finanziellen Belastungen der Unternehmen zu verringern. Aber auch diese Erleichterungen sind in Anbetracht der anhaltend schwierigen Marktbedingungen und der hohen Unsicherheit in vielen Sektoren unzureichend. Ohne tiefgreifende Reformen im Bereich der Produktionskosten und eine Stabilisierung der Märkte ist es fraglich, ob diese Maßnahmen die Insolvenzen in Deutschland wirklich eindämmen können.

Die Reform des Insolvenzrechts, die es Unternehmen ermöglicht, Maßnahmen zur Selbstsanierung zu ergreifen, wird als eine positive Entwicklung betrachtet. Doch die Frage bleibt, ob eine bloße Verlängerung der Insolvenzantragsfrist und die Verkürzung der Fortführungsprognose den Unternehmen wirklich weiterhelfen können. Viele Firmen, die mit Insolvenzen aktuell konfrontiert sind, haben nicht die Ressourcen, um eigenständig eine Sanierung durchzuführen.

EU-Initiativen und verbesserte Finanzierungsmöglichkeiten – Eine teure Illusion?

Auch die EU hat verschiedene Programme zur Verbesserung des Zugangs zu Finanzmitteln für KMU aufgelegt. Die Europäische Investitionsbank (EIB) und der Europäische Investitionsfonds (EIF) haben ihre Programme zur Bereitstellung von Darlehen, Bürgschaften und Risikokapital erheblich ausgeweitet. Doch diese Programme erreichen längst nicht alle betroffenen Unternehmen, vor allem nicht die, die bereits mit einer schlechten Bonität und unsicheren Zukunftsperspektiven kämpfen. Besonders Unternehmen aus traditionellen Sektoren wie Insolvenzen Modeketten oder Insolvenzen Reiseveranstalter profitieren wenig von diesen Finanzierungen.

Das COSME-Programm und die KMU-Initiative bieten weitere Finanzierungsinstrumente, doch viele KMU stehen vor der Herausforderung, diese aufgrund von Unsicherheiten oder mangelnder Vorbereitung nicht in Anspruch nehmen zu können. Auch die vereinfachten staatlichen Beihilfen, die ohne vorherige Anmeldung bei der EU-Kommission bis zu 7,5 Millionen Euro gewähren, können nicht die grundlegenden finanziellen Probleme vieler KMU lösen. Diese benötigen nicht nur liquide Mittel, sondern auch umfassende Unterstützung bei der strukturellen Neuausrichtung und Marktentwicklung.

Zusätzlich versucht die EU, durch eine Änderung der Richtlinie 2014/65/EU den Zugang zu öffentlichen Kapitalmärkten zu erleichtern. Doch ob diese Vereinfachungen tatsächlich zu einer breiten Nutzung dieser Märkte durch KMU führen werden, bleibt fraglich. Ohne die notwendige Marktpräsenz und das Vertrauen der Investoren wird der Zugang zu diesen Kapitalmärkten weiterhin eine Herausforderung für kleinere Unternehmen bleiben.

Fazit: Ein unsicherer Weg in die Zukunft der Insolvenzen

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die prognostizierte moderate Stabilisierung der Insolvenzen im Jahr 2025 nicht als ein echtes Signal der wirtschaftlichen Erholung interpretiert werden sollte. Vielmehr deutet vieles darauf hin, dass die zugrunde liegenden strukturellen Probleme in zahlreichen Branchen weiterhin ungelöst bleiben. Die staatlichen Maßnahmen wie Steuererleichterungen, Finanzhilfen und Reformen des Insolvenzrechts sind zwar eine Reaktion auf die Krise, doch sie bieten keine nachhaltigen Lösungen. Besonders für kleine und mittlere Unternehmen, die auf schnelle und tiefgreifende Unterstützung angewiesen sind, bleiben viele dieser Maßnahmen unzureichend.

Die EU-Initiativen zur Verbesserung des Zugangs zu Finanzmitteln können für einige Unternehmen von Vorteil sein, doch auch hier wird die Umsetzung der Programme häufig durch bürokratische Hürden und fehlende Passgenauigkeit zu den tatsächlichen Bedürfnissen der Unternehmen erschwert. Angesichts der weiterhin angespannten Marktlage und der ungelösten strukturellen Herausforderungen in vielen Sektoren könnte die Prognose einer „moderaten Zunahme“ der Insolvenzen für 2025 nur ein Vorbote einer noch tiefgreifenderen Krise in den kommenden Jahren sein. Ohne umfassende wirtschaftliche und strukturelle Reformen ist eine nachhaltige Stabilisierung der Unternehmenslandschaft in Deutschland und Europa fraglich.

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Iana Roth

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Iana Roth ist Redakteurin bei den DWN und schreibt über Steuern, Recht und HR-Themen. Zuvor war sie als Personalsachbearbeiterin tätig. Davor arbeitete sie mehrere Jahre als Autorin für einen russischen Verlag, der Fachliteratur vor allem für Buchhalter und Juristen produziert.

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